#ffhh15 – Yumen: Echos in der Geisterstadt

Dass experimentelles Kino nicht jedermanns Sache ist ließ sich bei der Doppelvorstellung von „Yumen“ und „The Eight Trigrams (Gossip)“ beobachten. Es dauerte gerademal eine knappe halbe Stunde als Bewegung in die Zuschauer kam und die ersten Leute abwanderten. Augen auf auch bei der Sitzplatzwahl, wer vorne sitzt hat auch keine laufenden Leute im Bild. Jetzt aber zum Inhalt von „Yumen“.

„Yumen“ ist das filmische Experiment von gleich drei Filmemachern. Die beiden Chinesen Xu Ruotao, Huang Xiang und der Amerikaner John Paul Sniadecki haben die moderne Geisterstadt „Yumen“ im der nordchinesischen Provinz Gansu erkundet.

Mit dem Ölboom wuchs auch die Stadt, aber das ist Vergangenheit. Heute sind hier vor allem Straßenzüge weit Ruinen zu bestaunen. Vereinzelte Ölförderpumpen sind noch am Werk und von Menschen weit und breit keine Spur. Hier in den städtischen Ruinen inszenieren die drei Filmmacher Spaziergänge, Begegnungen und Performances.

Gefilmt wurde in 16 Millimeter, was auch in China im Jahr 2013  angesichts der Verfügbarkeit digitaler Filmmöglichkeiten eine bewusste künstlerische Entscheidung ist.  So erhalten die Bilder einen fast altmodischen Touch und setzen die Verlassenheit der Gegend umso deutlicher in Szene.

Als grober Bezugsrahmen wird anfangs noch  etwas von Geistern erzählt und von einem Babyleichnam, den hier in Yumen jemand gefunden haben will. Und wie Geister streunen die Protagonisten durch die verlassenen Wohnhäuser, den einstigen Festsaal, die Straßen und die endlose unheimlich karge aber extrem beeindruckende Landschaft in dieser Region.

Unterlegt werden die gut zusammengeschnittenen Bilder mit einem ebenso abstrusen wie stimmigen Soundtrack aus chinesischem Pop und experimentellen Klängen. Dabei ist die Tonspur an sich schon derb übersteuert und die Tritte und Geräusche der Protagonisten werden einem quasi aufs Trommelfell geschleudert. Eine wuchtige Präsenz bei der Abwesenheit von urbanem Leben.

Die Filmmacher selbst bezeichnen ihre Arbeit als Ruinen-Porno und liegen damit gar nicht so ganz falsch, selbst wenn in der Ferne noch die Schlote der belebten Reststadt am Horizont zu erahnen sind. Ein bizarrer Einblick in eine verlorene Welt und eine verlassene Kultur, die den Menschen keine Perspektive mehr zu bieten vermochte.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Yumen
OT: Yu Men
Länge: 65 Minuten, China 2013
Genre: Experimentalfilm, chinesisches OmeU, German
Regie: Xu Ruotao, John Paul Sniadecki, Huang Xiang
Produzent: Xu Shan, Xu Ruotao, John Paul Sniadecki
Produktionsfirma: The Sensory Ethnography Lab; The Film Study Center at Harvard University

Yumen beim Filmfest Hamburg