My Sweet Pepperland: Durch das wilde Kurdistan auf DVD

my-sweet-pepperland-16-vorSeit Wochen kommt die autonome irakische Region Kurdistan aufgrund der Angriffe der Terrororganisation Islamischer Staat aus den Schlagzeilen nicht mehr heraus. Während man sich hierzulande in Solidaritätsadressen verzettelt, ist die seit 2005 unter kurdischer Verwaltung stehende Region im Norden des Irak in schwere Gefechte verwickelt. Da kommt es einem schon beklemmend vor, hier ein Westerndrama vorzustellen, das im autonomen Kurdistan spielt. Aber wie der Großvater des Regisseurs Hiner Saleem immer zu sagen pflegte: „Unsere Vergangenheit ist traurig, unsere Gegenwart tragisch, aber zum Glück haben wir keine Zukunft.“ Kurdische Filme wie „My Sweet Pepperland“ hingegen sehr wohl.

my-sweet-pepperland06Im Zuge des Irakkrieges 2003 wurde dem im Norden des Landes liegenden Kurdistan von der irakischen Regierung eine gewisse Selbstverwaltung zugestanden. Die kurdischen Kämpfer, die Peschmerga, feiern das als Erfolg, streben aber trotzdem noch einen eigenen Staat an. Baran (Korkmaz Arlan) ist so einer, der sich mit Verwaltungsaufgaben nicht so recht anfreunden kann. Also bittet er seinen Vorgesetzten um eine Versetzung und der schickt Baran als Polizisten in ein abgelegenes Bergdorf an der türkischen Grenze. Hier hat der Clan von Aziz Aga (Tarik Akreyi) das Sagen und der neue Ordnungshüter macht sich nicht gerade Freunde.

Auch die Lehrerin Govend ( Golshifteh Farahani) hat sich nicht nur mit ihrer Familie überworfen, sondern ist dem Clanführer ein Dorn im Auge. Während Govends Brüder und ihr Vater um ihre Vermittelbarkeit auf dem Heiratsmarkt besorgt sind, macht sich die Lehrerin wieder auf den Rückweg in das abgelegene Dorf, um die Kinder zu unterrichten. Aber Aziz Aga hat den Bewohnern verboten, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Und jetzt will er die sturköpfige Lehrerin ein für alle Mal vertreiben. Aber der Clan hat nicht mit dem neuen Sheriff gerechnet.


my-sweet-pepperland-07In seinem zehnten Film inszeniert Filmmacher Hiner Saleem, der selbst irakischer Kurde ist, seine Heimatregion als karges Bergland von spröder Schönheit, das die perfekte Kulisse für eine westernhafte Parabel über die Entwicklungsprobleme des Landes ist. Das tut er mit großartigen Hauptdarstellern und einem Hang zum schwarzen Humor. Auch ein anderes Hang, nämlich das Instrument, das Govend zu spielen pflegt, trägt mit dem sphärisch metallenen Klang zur gelungenen Atmosphäre der kurdisch-französisch-deutschen Koproduktion bei.

my-sweet-pepperland-14Bereits die Eröffnungssequenz lässt in ihrem bizarren Humor wenig Interpretationsspielraum in welche Richtung die Aussagen von „My Sweet Pepperland“ sich bewegen. Nach erreichter Unabhängigkeit ist man in der kurdischen Hauptstadt stolz, nun endlich auch Todesurteile verhängen zu können. Doch leider hapert es an der Durchführung und so muss der arme Verurteilte erst mitsamt rostigem Galgen zusammenstürzen, um zu zeigen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit im neuen Kurdistan auseinander liegen.

Dass Hiner Saleem für seine Geschichte auf die Stilmittel des klassischen Westerns zurückgegriffen hat, geschieht nicht nur um die Rückständigkeit der Region herauszustellen, sondern weil in der  Region ein gesetzesfreier Raum entstanden ist, der von Clans regiert wird, die sich wie einst die Outlawbanden im Wilden Westen gebärden. Das funktioniert auf ebenso schlichte wie gelungene Weise und wirkt im heutigen Filmgeschehen erstaunlich frisch und originell.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

My Sweet Pepperland
Genre: Drama
Länge: 100 Minuten, F/ D / Kurdistan 2013,
Regie: Hiner Saleem
 Darsteller: Golshifteh Farahani, Korkmaz Arslan,
FSK: Ab 12 Jahren
Vertrieb: Rapid Eye Movies
Kinostart: 27.03.2014
DVD-VÖ: 31.10.2014