Erbarmen: Der Druck steigt

Erbarmen-04_Carl_MorckCarl Mørck ist kein netter Mensch. Der Kriminalkommissar hat so seine Eigenarten, ist übellaunig und stur. Gerade das macht ihn zu einem guten Polizisten und zu der charismatischen Hauptfigur der erfolgreichen Romanreihe des dänischen Autors Jussi Adler Olsen. Mit „Erbarmen“ erscheint nun die kongeniale Verfilmung des ersten Falles des nöligen Ermittlers fürs Home Entertainment. Thrillerfreunde sollten sich das nicht entgehen lassen, sofern sie nicht schon gebannt im Kinosessel mitgezittert haben.

Geduld ist seine Sache nicht und so entschließt sich Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas), das verdächtige Haus selbst zu untersuchen und nicht auf die Verstärkung zu warten – mit fatalen Folgen: Ein Kollege wird getötet, ein weiterer bleibt gelähmt und Karl wird angeschossen und ist ein schuldzerfressenes Wrack. Monate später hält es der Polizist zu Hause nicht mehr aus und will unbedingt wieder arbeiten. Sein Vorgesetzter Anker (Per Scheel Krüger) macht ihm allerdings klar, dass in der Mordkommission kein Platz mehr für Carl ist. Stattdessen bekommt er eine eigene Abteilung ganz für sich allein: Die Abteilung Q soll  alte Fälle durcharbeiten und zu den Akten legen. Anker stellt sich vor, dass man wohl zwei bis drei Fälle pro Tag bearbeiten kann. Doch er hat die Rechnung ohne Carl Mørck gemacht. Der ist zwar wenig angetan von seinem neuen Assistenten Assad (Fares Fares), der bislang in der Postabteilung hockte, und von dessen ungenießbarem Kaffee,  stürzt sich aber gleich in die Arbeit – und beißt sich an dem vermeintlichen Selbstmord einer Politikerin fest.

Erbarmen02_Merete_Lynggaard+_wo_ist_sieMerete Lynggard (Sonja Richter) ist vor fünf Jahren spurlos von einer Fähre verschwunden. Die Kollegen gingen von einem Selbstmord aus, doch Carl bezweifelt das, vor allem, weil auch Meretes behinderter Bruder mit an Bord der Fähre war. Soviel Verantwortungslosigkeit traut der Ermittler nicht einmal einem Selbstmörder zu. Notgedrungen hilft Assad seinem Vorgesetzten bei den neuen  Ermittlungen, auch wenn das beileibe nicht dem entspricht, was sich die Polizeileitung unter dem Bearbeiten alter Fälle vorstellte.

Rein kriminalistisch betrachtet ist „Erbarmen“ eine typische Ermittlungsschnitzeljagd, die garniert mit skandinavischer Abgründigkeit zu einem ziemlich sadistischen Verbrechen führt, das weniger mit expliziter Gewalt als vielmehr psychologisch aufbereitet wird . Doch wie bei so vielen Kriminalstoffen sind es auch andere Elemente, die zum Gelingen einer guten Story beitragen. Im Antrittsfall von Jussi Adler-Olsens Reihe um Carl Mørck, ist es vor allem der von Nikolaj Lie Kaas inbrünstig missgelaunt gespielte Kommissar selbst, der zu gefallen weiß. Mit seinem Sidekick Assad gibt es genug Reibungspunkte und gleichzeitig genug gemeinsame Arbeitsauffassung, um aus den beiden Ermittlern ein etwas skurilles aber sehr charmantes Buddy-Pärchen zu machen.

Erbarmen-01_Carl_und_Assad_auf_Spur_von_MereteSpannung kommt selbstverständlich auch auf und wie für skandinavische Thriller so typisch, ist es die düstere Atmosphäre, die in der skandinavisch-deutschen Koproduktion zu gefallen weiß. Die Adaption des Romans kann es mit der Vorlage aufnehmen und der Besetzungscoup, Carl Mørck jünger anzulegen als im Buch, funktioniert hervorragend. Regisseur Mikkel Nørgaard, der bislang vor allem TV-Serien drehte (unter anderem auch „Borgen –Gefährliche Seilschaften“) bedient das Instrumentarium des Krimis und die Klaviatur der Spannung sehr souverän und „Erbarmen“ ist keineswegs „nur“ ein aufgemotzter TV-Krimi, sondern weiß die Leinwand auch zu füllen.

Zentropa hat sich die Verwertungsrechte für die gesamte Krimireihe um Carl Mørck gesichert und so wird in den kommenden Jahren jeweils ein neuer Fall in die Kinos kommen. Gerade zeitgleich zur DVD-Veröffentlichung von „Erbarmen“ feierte „Schändung“, Mørck zweiter Fall,  seine Deutschlandpremiere beim Filmfest Hamburg 2014, bevor der Film im Januar in die Kinos kommt.

„Erbarmen“ ist so spannende und düstere Unterhaltung, wie man das sich das für skandinavische Thrillerkost erhofft. Die beiden Ermittler Carl Mørck und Assad haben durchaus Kultpotential.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Erbarmen
OT: Kvinden i buret
Genre: Thriller,
Länge: 97 Minuten, DK/S/D, 2013
Regie: Mikkel Nørgaard
Drehbuch: Nicolai Arcel nach dem Roman von Jussi Adler-Olsen
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Sonja Richter
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: NFP / Warner
Kinostart: 23.01.2014
DVD-& BD-Start: 25.09.2014

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