Blondie, wo hast du gesteckt? – Constantine 1

CONSTANTINE1_Softcover_375-vorWenn lieb gewonnenn Helden auf einmal neu erfunden werden, muss man wohl einfach akzeptieren, dass die Zeiten sich wandeln. Im Fall von Dämonenjäger John Constantine hat sich das angekündigt. Als Mitglied in der DC Justice League Dark betrat der zynische Kettenraucher Superhelden-Territorium und macht sich dort scheinbar ganz gut. Auf Dauer  lief das aber der Vertigo-Serie Hellblazer entgegen, weshalb man sich auf Verlagsseite entschieden hat, Constantine ganz aus dem Unterlabel heraufzuholen ins neue DC-Universum. Nun hat der Dämonenjäger eine eigne Serie „Constantine“ und ist endlich auch mal wieder auf Deutsch zu lesen. Constantine 1: Der Funke und die Flamme.

John Constantine, eigentlich Engländer und extrem erfolgreicher Dämonenjäger, lebt inzwischen in New York. Seine Heimat ist mystisch irgendwie verseucht. Dusselig genug, dass John Papa Midnite ein magisches Artefakt klaut, er bekommt auch noch etwas zu tun, bevor er die Sache mit dem jähzornigen Magier klären kann. Informant Chris kreuzt von Visionen geplagt bei John auf und da scheint sich wirklich etwas zusammenzubrauen. Der einst von Sargon dem Magier ins Leben gerufene Kult der kalten Flamme organisiert sich erneut, um die Welt zu übernehmen. Geht natürlich überhaupt nicht, sofern Constantine etwas zu melden hätte, aber wer versteckt sich aktuell hinter dem Kult? Und Papa Midnite ist auch nicht wirklich amüsiert, von Constantine ignoriert zu werden.

Die Autorenallzweckwaffe Jeff Lemire muss mal wieder ran, um einen neuen DC Titel zu lancieren. Wie schon bei „Superagent Frankenstein“, „Animal Man“ und „Swamp Thing“ hält Lemire seinen guten Namen hin, dieses Mal allerdings zusammen mit Kumpel Ray Fawkes. Und die beiden machen ihre Sache ordentlich. Die erste kleine Story in diesem Bogen liest sich zwar wie ein „Justice League Dark“ –Abenteuer, aber anschließend kommt der alte John Constantine wieder durch. Es wird deftiger und finsterer und die alte Constantine-Arroganz scheint wieder durch.

Auch die Bilder von Renato Guedes und die Farben von Marcelo Maiolo wissen zu gefallen und bringen die magischen und finsteren Elemente gut zum Ausdruck. Bei „Hellblazer“ haben sich ja einige Künstler verewigt, so dass man im Grunde nicht von einer einheitlichen Optik sprechen kann, Trenchcoat und Kippe sind aber ebenso geblieben, wie die blonde Kurzhaarfrisur. Der Auftakt ist gelungen.

Warum also fehlt mir die Euphorie? Deutschsprachig waren die letzten Hellblazer eh nicht mehr zu haben, seit Panini nur noch sporadisch neue Abenteuer veröffentlichte, zuletzt 2011 aus dem Andy Diggle Run, der die Serie bis Ausgabe 250 schrieb. Stattdessen gibt‘s die Sammelband-Neuauflage der bahnbrechenden Constantine-Werke von Garth Ennis, nach dem Motto „Ennis geht immer“ (und er geht auch – fast – immer). Also das komplette Serienfinale bis zur Nummer 300 des Vertigo-Titels ist hier gar nicht veröffentlicht worden. Und „Hellblazer“ zählt seit 1988 in den USA zu den erfolgreichsten und am längsten laufenden Vertigo- Titeln. Vielleicht war es einfach Zeit für etwas Neues.

Es fehlt dem DC-Constantine auch nicht an Einzelgängementalität oder Zynismus, und auch die nicht gerade jugendfreundliche Ausgestaltung ist nach wie vor erkennbar, wenn auch die Suff-und Drogenexzesse aus der antiheldischen Ennis-Phase verpufft sind. Die grundsätzliche Frage, die man sich als „Hellblazer“-Fan und „Constantine“-Leser stellen muss, ist wohl, ob der Charakter wirklich in ein von Strumpfhosen tragenden Superhelden bevölkertes Universum passt, in dem auch die diabolischen Bösen mit markigen Sprüchen aus dem Nichts auftauchen „John Constantine. Du bist das rechtmässige Ziel göttlicher Rache. So spricht der Spectre!“ oder seine Teamkollegen (hier Shazam) um ihre Kräfte behumpst. Ob das für euch funktioniert geneigte Leser, müsst ihr selbst entscheiden.

Fazit: Der Serienauftakt des „neuen“ John Constantine ist nicht ganz so markig ausgefallen, wie man das bei „Hellblazer“ gewohnt war. Die Autoren und Zeichner machen aber unter der Prämisse, dass der Dämonenjäger nun ein fester Bestandteil des neuen DC-Universums ist, mehr als nur einen soliden Job. Da geht noch was.

Comic-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

CONSTANTINE1_Softcover_375Constantine 1: Der Funke und die Flamme
OT: Constantine 1-5, DC-Comics, 2013-2014
Autoren: Jeff Lemire, Ray Fawkres
Zeichner: Renato Guedes, Fabiano Nueves
Farben: Marcelo Maiolo
Übersetzung: Joseph Rother
Verlag: Panini Comics
VÖ: 18.03.2014

Constantine bei Panini

Leseprobe bei mycomics.de