In Marvels Season One Reihe, die die Ursprünge der beliebten Superhelden neu erzählt, kommt nun ein weiterer Klassiker zum Zug: Mit Doktor Stephen Strange hält die Magie Einzug in das Comic-Universum bei Marvel. Ursprünglich entstammt Doctor Stange wie so viele seiner Heldenkollegen der Fantasie von Marvel-Mastermind Stan Lee und wurde anfangs von Zeichenlegende Steve Ditko aufs Papier gebracht. Jetzt haben sich die spanische Zeichnerin Emma Rios und Autor Greg Pak den Magier nochmal vorgenommen.
Da steht ein einsamer Wanderer vor dem abgelegenen Tempel des Uralten im Himalaja und will Heilung durch Magie. Doch der Meister duldet den Fremden eher, als dass er ihm helfen würde. Das muss Stephen Strange schon selbst besorgen. Die magischen Versuche des ehemaligen Chirurgen werden allerdings immer wieder von seinem Egoismus torpediert. Dann erscheint Mordu, ein ehemaliger Schüler des Uralten, auf der Bildfläche und macht Strange ein verlockendes, aber schwarzmagisches Angebot. Der Uralte kann die Gefahr gerade noch abwenden.
Einem anderen Schüler des Meisters scheint es nicht an Herz zu fehlen, aber an Begabung. Wong heißt der Gute und er und Strange können sich von Beginn an nicht ausstehen. Doch als die Forscherin Sofia di Cosmo auftaucht und eine Spur zum Ukas der Ringe hat, müssen die beiden Adepten gemeinsam auf die Suche nach den drei mächtigen magischen Ringen gehen.
Selbstredend bleibt die Grundprämisse des begnadeten Chirurgen Stephen Strange dieselbe: Ein gehöriges Ego, auf das die Vokabel selbstsüchtig noch freundlich angewendet ist, muss seinen Egotismus überwinden, um sein wahres magisches Ich zu finden und sich in den Dienst des Guten stellen. Doch die Story von Gerg Pak hält sich nicht lange beim Autounfall auf, der die Nerven in Stranges Händen zerstört, sondern beginnt mit dessen magischer Ausbildung und seiner ersten Aufgabe. Das ist actiongetrieben und flott erzählt, hat aber hinsichtlich der Geschichte auch so seine Oberflächlichkeiten, und auch die Dialoge wirken mitunter etwas flapsig.
Wenn etwa der erste Ring in den USA, beispielsweise schon auf der magischen Karte blinkt, während die drei Kämpfer noch in Indien sind. Warum nicht erst den in Ägypten abholen? Wie auch immer, die Story ist kurzweilig und unterhaltsam und reicht locker um den Magier und das kosmische Dunkel um Dormammu in Szene zu setzen. Der eigentliche Knaller in diesem Origin-Band sind sowieso die Zeichnungen von Emma Rios. Mit unglaublicher Dynamik und panelsprengender Kreativität rockt die turbulente Story über die Seiten. Die Kolorierung von Alvaro Lopez und Jordie Bellaire ist kongenial und sorgt für das grandiose, leicht psychedelische Flair, das die Doctor Strange Comics schon immer ausgezeichnet hat.
Und während ich noch in den spärlichen Doctor Strange Ausgaben blättere, die in den 1970ern im Williams-Verlag erschienen sind und die bei mir herumfliegen, fällt mir auf, das die begnadete spanische Zeichnerin Emma Rios, die den guten Strange schon in der Miniserie „Strange: The Doctor is Out“ (2010 bei Marvel) aus dem Papier kitzelte, jenem Gene Colan huldigt, der die Serie seinerzeit von Steve Ditko übernahm und dem Magier einen völlig neuen Stil verpasste. Nützte alles nichts, die Veröffentlichungsgeschichte von Doctor Strange ist schwankend und immer wieder steht die Serie vor dem Aus, dabei macht sich der Magier als Side-Kick und Teammitglied doch ganz wunderbar. Vielleicht ist der magische Superheld einfach zu spacig.
Empfehlenswert ist übrigens auch die Animationsverfilmung „Doctor Strange“, die 2010 bei KSM als DVD herausgekommen ist: Hier wird zwar auch des Magiers Werdegang beleuchtet, aber mit mehr Gewicht auf seiner chirurgischen Vorgeschichte.
Fazit: Die Season One Story „Doctor Strange“ jedenfalls ist absolut empfehlenswert, weil der Charakter schon ziemlich kultig ist und die Zeichnungen einfach unbändige Power ausstrahlen. Es ist unglaublich, was dies Frau auf einer Seite zu erzählen weiß und wie dynamisch die Charaktere ins Bild gerückt werden, da wird die Story doch fast nebensächlich.
Comic-Wertung: (7 / 10)
Doctor Strange – Season One
OT: Season One: Doc Strange
Autor: Greg Pak
Zeichnungen: Emma Rios
Übersetzung: Michael Strittmatter
ISBN: 978-3-86201-611-2
Verlag: Panini Comics, Softcover, 116 Seiten.
VÖ: 12.03.2013
Weiterführende Links:
Doc Strange bei Panini
Leseprobe bei Mycomics.de
Doc Strange in der englischen Wikipedia (die deutsche taugt mal wieder nix)
Doc Strange Bio bei Marvel
Homepage von Emma Rios