Wie schon der erste der X-Men Filme beginnt auch „Erste Entscheidung“ mit einer Episode aus dem Konzentrationslager. Der junge Eric Lehnsherr wird vom KZ-Arzt gezwungen, metallene Gegenstände zu bewegen. Doch das Kind ist nicht in der Lage, die Kraft zu kontrollieren. Das hat tragische Konsequenzen.
Der erwachsene Eric (Michael Fassbender), inzwischen Herr über seine Sinne, begibt sich auf einen Rachefeldzug, um den untergetauchten Nazi-Wissenschaftler aufzuspüren. Der nennt sich nun ganz mondän Sebastian Shaw (Kevin Bacon) und hat die Kunst, im Verborgenen die weltweiten Fäden der Macht zu manipulieren, zur Perfektion gebracht.
Während Eric um die Welt reist, um Shaw aufzuspüren, erwirbt der ambitionierte und brillante Forscher Charles Xavier (James MacAvoy) seinen Professorentitel durch seine Forschung zum Thema Mutation in der Natur. Dadurch wird die amerikanische Agentin Moira MacTaggert (Rose Byrne) auf ihn aufmerksam, da sie bei einem Einsatz Zeugin außergewöhnlicher Vorfälle wurde.
Charles Xavier bekommt die Gelegenheit, im Regierungsauftrag auf die Suche nach menschlichen Mutanten zu gehen. Dabei trifft er nicht nur auf Eric, sondern etliche sehr begabte Außenseiter, die sich häufig mit ihrer Gabe schwertun und nicht in der Lage sind, ihre Kräfte zu beherrschen. Charles und Eric beginnen die Talente zu trainieren, während Shaw dabei ist, einen Weltkrieg zu provozieren, indem er die Sowjetunion dazu bringt, Atomwaffen auf Kuba zu stationieren.
Der Reboot der erfolgreichen X-Men Saga weiß zu überzeugen. Nach dem Tod von Professor X im dritten Teil der ersten Mutantentrilogie hat man sich auf die Ursprünge der X-Men besonnen und gewinnt auf voller Linie. Auch wenn man der Comicvolage nicht gerade treu bleibt und munter diverse Mutanten durcheinanderwirbelt, die in den Comics nicht zeitgleich auftauchten, so erfasst „X-Men: Erste Entscheidung“ doch den Geist der Vorlage und trägt dem Rechnung, indem die Mutantengeschichte , trickreich und klug in die frühen 1960er Jahre verlegt wurde. Der erste X-Men Comic erschien 1963.
Das Drehbuch basiert auf einer Story-Vorlage von Sheldon Turner und Brian Singer, der schon bei „X-Men“ und „X-Men 2“ für Regie und Drehbuch verantwortlich war. Die aktuelle Bearbeitung schafft es, geschickt zwischen Actionspektakel und beinahe klassischem Agentenfilm zu wandeln und legt großen Wert auf eine funktionierende, aber spektakuläre Handlung. Den Film vor einem historischen Hintergrund aufzubauen, ist ein Wagnis, das hervorragend gelingt.
Die Charaktere sind ausgefeilt und überzeugen. Vor allem aber machen sie eine Entwicklung durch, genau das, was immer wieder der spannendste Aspekt an Superhelden ist. Bei den X-Men kommt auch immer noch der besondere Aspekt des Außenseitertums dazu. Der ist zwar vielen Marvel-Superhelden eigen, die Stan Lee kreiert hat, niemals aber so offensichtlich wie bei den Mutanten, die sich meist schon äußerlich von ihrer Umgebung abheben und sich nur schwer verstecken können.
Neben der Geschichte der Freundschaft von Charles und Eric, alias Professor X und Magneto, die aufgrund eines grundverschiedenen Verhältnisses zu den normalen Menschen zum Konflikt führt, überrascht vor allen der gemeinsame Feind. Sebastian Shaw, kongenial und wirklich finster von Kevin Bacon gespielt, ist ein würdiger Gegner, der an Skrupellosigkeit kaum zu überbieten ist. Überhaupt ist die Besetzung, wie inzwischen für Comic-Verfilmungen üblich, gespickt mit großartigen Schauspielern, die sichtlich Spaß an ihrer Arbeit haben.
Das ist sicherlich auch Regisseur Matthew Vaughn („Kick-Ass) zu verdanken, der es schafft, ein großartiges Ensemle in ein packendes Drehbuch zu integrieren, ohne dass alles in einem wilden Actionwust untergeht. Im Gegenteil, Handlung und Action sind gelungen abgestimmt und wenn es zur Sache geht, dann rockt es auch. Wer braucht da schon 3D?
Fazit: „X-Men: Erste Entscheidung“ ist der beste Film über die Mutantentruppe und mehr als ein würdiger Nachfolger der erfolgreichen Trilogie. Im inzwischen weiten Kosmos der Comic-Verfilmungen hat sich die erste Klasse von Professor X ziemlich nahe an die Sonne katapultiert.
Film-Wertung: (8,5 / 10)
„X-Men: Erste Entscheidung“
OT: X-Men: First Class
Genre: Action, Sci-Fi; Comicverfilmung
Länge: 124 Min, USA, 2011
Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: James McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon, Jennifer Lawrence, January Jones
FSK: ab 16 Jahren
Verleih: 20th Century Fox
Kinostart: 09.06.2011