Sweet Tooth 1 von Jeff Lemire

Lemire- sweet tooth 1Nachdem nun endlich auch das geniale „Essex County“ in deutscher Ausgabe (erschienen bei Edition 52) komplett ist, legt Panini nicht nur für Jeff Lemire Fans nach. Mit dem Auftakt der neuen Vertigo-Serie „Sweet Tooth“ kommt eine vielversprechende und für Lemire irgendwie typische Zukunftsvision auf uns zu. In „ Aus dem tiefen Wald“ muss sich der Junge Gus aus der geschützten Abgeschiedenheit verabschieden und hinaus in die Welt ziehen. Nicht ganz einfach, wenn man elf ist und ein Geweih trägt…

sweet tooth 3Vor zehn Jahren hat eine verheerende Seuche gewütet und eine dezimierte Menschheit hinterlassen. Es werden nur noch wenige Kinder geboren und das sind Hybriden aus Mensch und Tier. So wie Gus, der mit seinem Vater einsam im Wald lebt. Seine Mutter hat die Seuche nicht überlebt und sein Vater ist krank. Er tut alles, dem Jungen alles beizubringen, was zum Überleben notwendig ist. Doch Gus ist neugierig und wagt sich bis an die Waldgrenze hinaus. Hier findet er zum ersten Mal einen Schokoriegel und das kleine Schleckermaul („Sweet Tooth“)  findet Gefallen daran.

Als sein Vater stirbt, wird Gus von Kopfgeldjägern bedroht, denn auf solche wie ihn ist eine Prämie ausgesetzt. Doch zum Glück ist der knarzige Jeppard in der Nähe und rettet Gus. Er schwärmt von einem sicheren Ort, dem Reservat, und Gus macht sich mit seinem neuen Beschützer auf die Reise, obwohl dieser auch etwas bedrohliches an sich hat. Aber welcher Fremde hätte das nciht für einen einsamen Jungen, der niemanden kennt?

sweet-tooth-2009-1-1_largeDer kanadische Comiczeichner und –autor Jeff Lemire hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil: kantige, klobige Figuren, scheinbar schlichte, aber höchst effektive Settings, Szenerien, die auf das Wesentliche beschränkt sind, und einen Erzählstil, der mindestens genauso eigen ist wie die graphische Umsetzung. In seiner neuen Serie „Sweet Tooth“ ist Lemire wieder für die Story und die Zeichnungen verantwortlich, und beschenkt die Fanschar mit einer grandiosen, postapokalytischen Story, die mit ihrer Kargheit reizt und es ohne viele Schnörkel schafft eine düstere, bedrohliche Atmosphäre aufzubauen und gleichzeitig die kindliche Naivität der Hauptfigur zu bewahren.

„Sweet Tooth – Aus dem tiefen Wald“ fesselt von der ersten Zeichnung an, wenn der Leser in die weit aufgerissenen Augen von Gus blickt und diese starren ängstlich und verwirrt zurück. Das Close-up als Opener. Der Establishing Shot zeigt keine Totale, sondern dringt vor in den Bereich, den es zu ergründen gilt: Die Seele des einsamen Outsiders. Das wovon Gus träumt, dieses unbekannte Gesicht, ist Bedrohung, unentrinnbare Bedrohung. Und schweißgebadet wacht der Junge aus der Flucht auf.

Fazit: Jeff Lemire gelingt es auch mit „Sweet Tooth“ wieder, diesen Suchtfaktor zu erzeugen, den ich zuletzt bei Jeff Smith legendären „Bones“, und bei „Essex County“ verspürt habe. Die Kolorierung in der Vertigo Serie „Sweet Tooth“ besorgt José Villarubia und es gelingt ihm, der Geschichte eine zusätzliche Dimension zu verleihen. Es geht in dieser Welt nach der Seuche existentiell derbe und finster zu. Und obwohl Gus erst elf ist und definitiv schutzbedürftig, weiß man, dass dieser außergewöhnliche Junge noch einige grandiose Abenteuer erleben wird. Mehr, mehr, mehr!

Comic-Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

Jeff Lemire: Sweet Tooth 1 – Aus dem tiefen Wald
OT: Sweet Tooth 1-5, Vertigo, 2009, 2010
Autor und Zeichner: Jeff Lemire
Übersetzung: Gerlinde Althoff
ISBN: 978-3-86201-335-7
Verlag: Panini, Softcover, 128 Seiten.
VÖ: 15.05.2012

Weiterführend Links:
Sweet Tooth bei Panini
Online Leseprobe bei Mycomics
Jeff Lemires Blog
Lemires Sweet Tooth Blog
Jeff Lemire bei Wikipedia

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