Pianomania: Bis der Ton atmet!

pianomania_3Man muss kein Liebhaber klassischer Musik sein, um am verfilmten Alltag des Klavierstimmers Stefan Knüpfer Spaß zu haben. „Pianomania“ schafft es von der ersten Sekunde an zu faszinieren. Das liegt vor allem an Knüpfers heiterer Gelassenheit im Umgang mit den Star-Pianisten, aber auch an der perfekten Mischung aus Genie und Wahnsinn im Alltag. Neu auf DVD und Blu-ray seit dem 8.4.2011.

Der Klavierstimmer Stefan Knüpfer gehört zu den Besten der Welt. In Wien arbeitet der Cheftechniker bei Steinway & Sons und betreut auch Pianisten und deren Instrumente, sofern sie in Wien oder in erreichbarer Umgebung auftreten. Die Dokumentation „Pianomania“ begleitet den gebürtigen Hamburger Stefan Knüpfer in seinem Arbeitsalltag.

Jeder Konzertflügel hat eine eigene Nummer

pianomania_7Knüpfer pendelt zwischen verschiedenen Einsätzen als Klavierstimmer für Auftritte renommierter Pianisten, ist mit der Reparatur und der Pflege der Konzertflügel in der Wiener Staatsoper betraut und damit beschäftigt, ein passendes Ersatzinstrument auszuwählen als ein Flügel ersetzt werden soll, der nach Australien verkauft wird. Quasi als Ausgleich für all die Ernsthaftigkeit arbeitet der Klavierstimmer auch noch mit einem musikalischen Kabarettduo, das sich auf wahnwitzige Musikstunts mit Klavier und Geige verlegt hat.

pianomania_4Das alles sind Arbeits- und Organisationsabläufe, in die ein Normalsterblicher nie einen Einblick bekommt. Und der Blick hinter die Kulissen und in die Instrumente fasziniert von Beginn an. Im Mittelpunkt des Films steht Knüpfers Arbeit mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard, der sich und sein Instrument für Bach-Aufnahmen vorbereitet und dabei auf die Zusammenarbeit mit dem Meisterstimmer setzt. Die Vorbereitungen erstrecken sich über ein Jahr, bevor die Aufnahmen in der Wiener Staatsoper tatsächlich stattfinden, und stellen den Klavierstimmer vor eine enorme Herasuforderung, der er sich passioniert stellt.

Das Cembalo im Flügel

pianomania_6Aimard hat – wie alle Pianisten – sehr spezielle Klangvorstellungen und die Aufgabe Knüpfers ist es, diesem Ideal möglichst nahe zu kommen. Da wird es schon einmal notwendig, sich auch mit alten Tasteninstrumenten und deren Klangspektrum zu beschäftigen. Zu Recherchezwecken lässt sich der Klavierstimmer dann am Spinett etwas vorspielen und wird in eine Diskussion über die Monstrosität von Konzertflügeln verwickelt. Daneben bereitet Knüpfer auch für andere weltberühmte Pianisten die Instrumente für den Auftritt vor. Das beinhaltet auch die Suche nach dem passenden Klavierhocker für Lang Lang.

pianomania_8Den Regisseuren Lilian Franck und Robert Cibis gelingt es, sich ganz auf die Perspektive Stefan Knüpfers einzulassen und den Zuschauer so ungeahnte Einblicke zu verschaffen. Ungewöhnliche und sehr gelungene Kameraeinstellungen rücken das Objekt der Begierde, den Konzertflügel, dabei in immer ins rechte Licht. Die Inneneinsichten aus dem Großraumklavier sind an sich schon spektakulär. Dadurch dass Stefan Knüpfer sich hingebungsvoll mit dem Instrument berschäftigt, wird das Zwiegespräch zwischen Mensch und Musikinstrument zu einem faszinierenden Ausflug in die Welt der Töne und der Musik.

Man muss erstmal mit Musikern reden können

Genau diese Eigenschaft ermöglicht es dem Klavierstimmer und Techniker, sich auch intensiv mit dem Musikern auseinanderzusetzen. Für die Zusammenarbeit ist es enorm wichtig, dass  Musiker und Stimmer wissen, worüber der andere überhaupt redet, wenn es um dem perfekten Ausklang der Töne oder um Weg des Schalls bis ins Hintere des Konzertsaals geht. Bisweilen führt das zu scheinbar absurden, wahnwitzigen und lustigen Unterhaltungen, in denen es um Klangnuancen und einen Grat an Perfektion geht, der jenseits dessen ist, was die meisten Menschen überhaupt wahrnehmen.

pianomania_11Dass Stefan Knüpfer sich auf die Suche nach dem perfekten Klang eingelassen hat, ist die Basis für seine erfolgreiche Arbeit mit den Weltstars am Piano. Ein bisschen Wahnsinn schwingt im Genie immer mit. Die eigentliche Arbeit eines Klavierstimmers beginne erst, wenn der Musiker beginne das Instrument zu spielen und sich mit dessen Klang auseinanderzusetzen, behauptet der Pianist Rudolf Buchbinder. Knüpfer verstehe es meisterlich, eben dort anzusetzen.  Es ist genau diese Eigenschaft, die seinen Erfolg begründet und „Pianomania“ zu einem so wunderbaren Musikfilm macht.

Fazit: „Pianomania“ ist einer der herausragenden Musikfilme des letzten Kino-Jahres und zeigt auf humorvolle und anschauliche Weise faszinierende Einblicke in den Arbeitsalltag eines meisterhaften Klavierstimmers. „Pianomania“ ist ein wunderbarer Film über die große Wirkung des keinen Unterschieds.

Film-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Pianomania
Genre: Dokumentation, Musikfilm
Länge: 93 Minuten
Regie: Lilian Franck, Robert Cibis
Mitwirkende: Stefan Knüpfer, Alfred Brendel, Lang Lang, Pierre-Laurant Aimard
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Farbfilm/ Lighthouse Home Entertainment
Kino-VÖ: 09.09.2010
DVD- & Blu-ray-VÖ: 08.04.2011