Django Unchained: Die schwarze Nemesis

Quentin Tarantino legte 2013 mit dem Western  „Django Unchained“  seinen achten Film vor, wenn man denn die beiden „Kill Bill“-Teile einzeln zählen will.  Der Regisseur hat mal gesagt, er werde nur 10 Filme machen. Aber was heißt das schon. vielleicht daher, der Hang so lange Filme zu drehen. Bliebe nach „The Hateful Eight“ also nur noch einer und momentan schein Tarantino an „Kill Bill Volume 3“ zu schreiben.  „Django Unchained“ feiert am 12. März seine Free-TV-Premiere auf Pro7 und dauert fast drei Stunden. Dabei beschäftigt sich der Western mit der amerikanischen Sklaverei – Tarantino like selbstverständlich.

Eine Gruppe von Sklaven wird einige Jahre vor dem amerikanischen Sezessionskrieg durch die ruppige Landschaft verfrachtet. Versteht sich, dass die angeketteten Schwarzen laufen, während die Sklavenhändler zu Pferd unterwegs sind. Wie aus dem Nichts taucht ein kauziger Deutscher auf, der sich als Doktor King Schulz (Christoph Waltz) vorstellt und auf der Suche nach dem Sklaven Django ist. Doch die Händler wollen nicht verkaufen und so geht Django anderweitig in den Besitz von King Schulz über.

King Schulz ist Kopfgeldjäger (und Zahnarzt) und braucht Django (Jamie Foxx), um einige gesuchte Plantagenvorarbeiter zu identifizieren. Wenn der Job erledigt ist, verspricht er Django die Freiheit. Doch weil die Zusammenarbeit so gut klappt, bietet der Deutsche dem Schwarzen eine Zusammenarbeit an, bis Django seine Frau Boomhilde gefunden und befreit hat. Die zu suchen, entpuppt sich als schwierig.  Doch letztlich soll die Frau auf der Plantage von Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) sein, einem besonders brutalen Sklavenhalter, der aus purer Lust an der Brutalität auf Mandingo Kämpfe steht, wo sich Sklaven mit bloßen Fäusten und ohne Regeln zu Tode prügeln.  Um auf die Plantage zu gelangen, gibt King Schulz vor, einen Sklavenkämpfer kaufen zu wollen, Django wird zu seinem Experten.

Das wandelnde Filmlexikon Tarantino hat wieder einmal zugeschlagen und bastelt in allerschönster Manier aus filmischen Versatzstücken und Inspirationen stilsicher einen Italowestern zusammen, dessen namensgebender Vorgänger „Django“ 1966 Franco Neros Ruhm begründete. Der schleifte als Killer ein Maschinengewehr im Sarg durch Sergio Corbuccis brutalen und stilbildenden Film. Bei Tarantino bekommt der nun schwarze Einzelgänger einen deutschen Sidekick und aus dem Sarg wird dessen fahrbare Zahnarztpraxis, die nur allzu oft als Transportmittel für die Leichen der „tot oder lebendig“-Gesuchten umfunktioniert wird.

Überhaupt strotzt „Django Unchained“ vor wunderbaren Anekdoten und derben, stilisierten Gewaltbaletten. Die eigenwillige Namensgebung von Djangos Frau Broomhilde, die im Film tatsächlich auch deutsch spricht, bemüht nicht ohne Hintersinn die Nibelungen und der Vergleich zu Sigfried ist durchaus gewollt. Die Mandingo Kämpfe der Sklaven mag es tatsächlich gegeben haben, doch der Begriff stammt von dem Roman „Mandingo“ (1957), in dem ein Sklave dazu verdammt ist, andere Sklaven zu Kämpfern auszubilden, und dessen Verfilmung von 1975, mitten in Blaxploitation-zeiten.   Aber es muss ja nicht immer historisch akkurat sein, solange die Botschaft stimmt und die Bilder ihre absurde Faszination entfachen. So gehört die kleine extrem witzige Nebenhandlung, in der ein maskierter weißer Lynchmob – in Zeiten vor der Gründung des Klu-Klux-Klan- über die Qualität der Masken mault wie eine Horde verwöhnter Pennäler zu den Highlights des Films.

Quentin Tarantino ist inzwischen fast so etwas wie eine Marke geworden und neben eigenen Filmen, die immer auch Stoff genug für kontroverse Diskussionen bieten, hat er einen Ruf, der ihm erlaubt, vergessene Filmperlen aus der Randexistenz zu zerren und für seine Filme einfach großartige Darsteller gewinnen zu können. Die Besetzung von „Django Unchained“ ist wirklich großartig: neben Waltz und DiCaprio, die beide für Golden Globe nominiert waren, dem Tarantino-Urgestein, Samuel L. Jackson, der kongenial einen schwarzen Rassisten spielt darf auch „Miami Vice“-Beau Don Johnson noch mal als geldgeiler Sklavenhalter durchs Bild witzeln. Und nicht zu vergessen: Auch der originale Django,  Franco Nero, bekommt seinen Spot, wie es ihm gebührt. Vor allem aber räumte Christoph Waltz in seinem zweiten Tarantino-Film völlig gerechtfertigt seinen zweiten Oscar ab.

Mit 165 Minuten erscheint „Django Unchained“ vielen Kritikern etwas zu lang geraten und nicht alles, was der Meister auffährt, wird auch für gelungen befunden. Immerhin fiel aber auch noch ein Oscar für das beste Originaldrehbuch ab. Dieser Einschätzung kann ich mich nicht anschließen, aber ich hielt ja auch „Inglourious Basterds“ für überbewertet und „Death Proof“ für schlicht schlecht. Insofern kommt mir Tarantinos Blaxploitation-Western „Django Unchained“ so frisch vor wie schon lange nicht mehr und die knapp drei Stunden habe ich gerne und mit wachsendem Genuss im Kinosessel verbracht.

An Tarantinos drei Meisterstücke „Reservoir Dogs“, „Pulp Fiction“ und „Jackie Brown“ reicht „Django Unchained“ sicher nicht heran, aber so gut und gelungen wie „Kill Bill“ ist der Western allemal. Quentin Tarantino in Hochform und Christoph Walz zu Recht mit dem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

Django Unchained
OT: Django Unchained
Genre: Western, Drama,
Länge: 165 Minuten, USA, 2012
Regisseur: Quentin Tarantino
Darsteller: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio, Kerry Washington, Samuel L. Jackson
FSK: ab 16 Jahren
Studio: Sony Pictures
Kinostart: 17.01.2013
DVD- & BD-VÖ: 23. Mai 2013