Musik im Kopf – Aliens auf dem Bildschirm

dasmusikalischegehirn_stingDie Dokumentation „Das musikalische Gehirn – Wie Musik im Kopf entsteht“ beobachtet einen Neuro-Wissenschaftler bei Experimenten mit einem Musiker und gibt einen kleinen Überblick über die Musik als evolutionären Faktor. Das ist zwar kein Musikfilm im strengen Sinne, aber ein lehrreicher Ausflug in die Welt der Wissenschaft. „Das musikalische Gehirn“ erscheint am 28. Januar 2011 auf DVD.

Die kanadische Regisseurin Christina Pockmursky beschäftigt sich dokumentatorisch mit dem weiten Feld der Hirnforschung. Nach der TV-Doku „Fixing my Brain“ (2008), die hierzulande nicht erschienen ist und sich den Selbstheilungskräften des Gehirns widmet, nimmt sich die Filmemacherin nun ein weiteres erstaunliches Phänomen der Hirnforschung vor: Musik.

dasmusikalischegehirn_kidsWas Musik überhaupt ist? Wie entsteht Musik im Gehirn? Ausgehend von diesen Fragen erforscht der Neurologe Daniel Levitin, der selbst lange Jahre Profimusiker war, die Auswirkungen von Musik auf den menschlichen Geist. Umgekehrt interessiert den Wissenschaftler auch, welche Hirnareale für das Kreativ-Musikalische zuständig sind. Zu diesem Zweck untersucht Levitin den Musiker und Rockstar Sting anhand von diversen Tests, bei denen Hirnscans und Messungen gemacht werden. Sting, von Berufs wegen neugierig und auf etlichen Musikfelder erfolgreich, nimmt die Herausforderung an und verfolgt die Experimente mit Interesse.

Levitin hat zwei Bestseller zum Thema geschrieben („The World in Six Songs“,2008, und „This is your Brain on Music“, 2006, das auch auf deutsch erschienen ist: „Der Musikinstinkt“ (Spektrum Akademischer Verlag).

Auch Ungeborene reagieren auf Musik

Aufgelockert und angereichert werden die Versuche durch Interviews mit anderen Musikern und Berichten über weitere Forschungen zum Thema neurologische Bedeutung der Musik. Nebenbei wird auch über den Sinn von Musik philosophiert: streng anthropologisch, versteht sich, und immer mit Bezug zur Evolution. Dass Musiker bei der Fortpflanzung einen Selektionsvorteil haben, hört Sting gerne, quittiert es aber mit einem distanzierten Lächeln.

dasmusikalischegehirn_levitin-stingFür die Kürze der Zeit ist es beachtlich, welche Vielzahl an Informationen die Regisseurin auf unterhaltsame Weise in dem Film unterbringt. Immer wieder wird die Wissenschaft aufgelockert durch Live-Aufnahmen von Sting, in denen dieser seine musikalische Bandbreite zeigen kann. Allerdings bleibt in den knapp 60 Minuten auch einiges an der Oberfläche: Die Kulturgeschichte der Musik hatte gerne ausführlicher sein können. Auch das musikalische Gedächtnis von Alzheimer-Patienten hätte vertieft werden können.

Musikalische Erinnerungen prägen für das ganze Leben

Doktor Levitin jedenfalls ist angetan von seinem Probanden und der Möglichkeit, das Gehirn eines Spitzenmusikers zu untersuchen. Am Ende hat es sich für den Wissenschaftler gelohnt, denn er hat neue Erkenntnisse gewonnen. Der Musiker hingegen wird mit der Zeit skeptischer und ist sich gar nicht mehr so sicher, ob das Wissen um die neuronalen Prozesse seiner Kreativität so förderlich ist. Das hindert die beiden Protagonisten allerdings nicht daran, abschließend noch gemeinsam zu musizieren.

Fazit: Die Dokumentation „Das musikalische Gehirn“ gibt Aufschlüsse darüber, was Musik mit uns anstellt und auch, wie sie dies tut. Als Einführung in das Thema ist die Doku sehr gelungen, und schafft es, Wissenschaft auf ein nachvollziehbares Niveau zu bringen. Antwort auf die Frage, wo sich die Kreativität versteckt, gibt es (glücklicherweise) nicht.

Film-Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

dasmusikalischegehirn_frontDas musikalische Gehirn–
Wie Musik in unserem Kopf entsteht
OT: „The Musical Brain“
Genre: Dokumentation
Länge: 60 Min., Kanada, 2009
Regie: Christina Pockmursky
Mitwirkende: Daniel Levitin, Sting, Leslie Feist, Wycliff Jean, Michel Bublé
FSK: ohne Altersbeschränkung (INFO-Programm)
Vertrieb: Polyband
DVD-VÖ: 28.01.2011