Die Sonne oder der Mond? Die Frage stellt sich nicht, solange mensch auf diesem Felsklumpen festhängt und sich freut, wenn überhaupt Licht ist. Das Quintett „The Sun or the Moon“ aus dem Rhein-Main-Gebiet ist allerdings seit 2019 in Sachen Space und Kraut-Prog unterwegs und musiziert in kosmischen Sphären. Auf Tonzonen Records ist im März 2025 das dritte Album der Band erschienen: „Into the Light“. Also, auf ins Licht.
„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2025. Dies sind die Abenteuer der Musikanten „The Sun or the Moon“, die mit ihrer 5 Leute starken Besatzung seit 6 Jahren unterwegs sind, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Soundjahre von der Erde entfernt, dringen „The Sun or the Moon“ in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gehört hat.“ Nu je, fast.
Die Band um Bassisten und Multinstrumentalisten Frank Incense macht keinen Hehl aus ihren musikalischen Einflüssen. Das ist viel Krautrock, einiges an Prog und eine Portion Pink Floyd, die zum Gesamtsound beitragen. Ergänzt wird das Outfit auf „Into The Light“ von Sängerin Magdalena Wine und Saxofonist Daniel Reck, der ordentlich zu tun bekommt.
Seit 2019 musizieren die Fünf zusammen und 2021 erschien das Debüt „Cosmic“ bei Tonzonen Records. 2023 folgte „Andromeda“. Nun also „Into the Light“. Mag sein, dass die Band an ihrem Sound getüftelt hat und inzwischen etwas experimenteller und auch elektronischer geworden ist. Zumindest kamen mir beim kurzen Reinhören die früheren Alben soundtechnisch deutlich straighter und rockiger vor, aber das mag täuschen.
„I’m gonna get myself connected“
Auf „Into the Light“ werden in 49 Minuten 8 Songs geboten. Wobei die Tracks 1 bis 3 eigentlich zusammengehören und als „Mutant Discotheque“ das Highlight und Herzstück das Albums bilden. Abschließend gibt’s den „Alienation Hop (Teil 2 der Mutantendisko) als Remix und deklarierten Bonus Track, der nach Bandcamp-Angaben nur auf CD (und digital) veröffentlicht wurde.
Ausgerechnet diesen Track als Vorab-Single auszukoppeln hat sicher Methode und mag von einer Hinwendung zum Tanzbaren, zum Rave zeugen. Oder wie die Arctic Monkeys genrefremd einst dichteten „I bet you look good on the dancefloor, dancing to electro-pop from 1984.“ Mir gefällt nicht nur der beatlastige Remix.
Der Mutant Discotheque widmen wir uns nachher. Zunächst ein kurzer Rundklang durch die noch nicht erwähnten 4 Songs. Der Titelsong „Into the Light“ groovt und köchelt konstant vor sich hin. Das hat was Hypnotisches, was von den Vocals, im Stil von Beschwörungsformeln eines Medizinmanns, noch verstärkt wird.
Das „Living Room Desaster“ ist beinahe klassischer Progrock. Es beginnt floating und geht mittig ab und trudelt heavier aus. Über fast 10 Minuten hat das Atmosphäre, aber in meinen Ohren auch einige Längen. Und nein, floating ist nicht dasselbe wie „schwebend“, sondern hat noch einen extra Wellness-Faktor.
“Mental Eclipse“ ist der mit Abstand kürzeste Track, und in den annähernd 4 Minuten gibt es zunächst angespanntes Synthiegeblubber und dann im zweiten Teil ergänzende verträumte Saxofonklänge dazu. rgendwie erschließt sich mir die musikalische Magie nicht, sind doch die beiden Interludien (Zwischenspiele) der Mutantendisko ebenfalls recht lang. „Mental Eclipse“ wirkt als wären noch zwei Parts übriggeblieben, die „The Sun or The Moon“ im Sinne des Bandkonzepts zusammengeschweißt hätten. „Bridal Day“ widmet sich in 8 Minuten Spielzeit einem Gedicht von Edgar Allen Poe und wirkt sehr 70er britproggig inklusive Flötentöne und Songstruktur. Macht schon Laune.
„I ain’t gonna go blind – for the light which is reflected“
„Mutant Discotheque“ ist ein dreiteiliges Soundgemälde, das durch lange Zwischenspiele atmosphärisch zusammengehalten wird und insgesamt 16 Spielminuten andauert. Hier gehen The Sun or the Moon meines Erachtens musikalisch neue Wege. Part 1 ist „Fear Porn“ betitelt und legt mit kristalinen Synthies los, die dem wuchtig wummernden Bass das tanzbare Motto vorlegen. Sehr treibend haut die Band hier ein Pfund tanzbare Klangentwicklung raus. Das sind knackige 4 Minuten, denen 2 Minuten Übergang oder Zwischenspiel folgen. Das hätte für meine Geschmack kürzer ausfallen können.
Teil 2 heißt dann „Alienation Hop“ kommt sehr mit einem Knaller-Basslauf daher. Funky Gitarre obenauf und ein orientalisches Cornett?-Motiv. Dazu ein Refrain der an Stereo MCs „Connected“ erinnert. Das hat Hit-Potential und macht große, tanzbein-zuckende Freude. Bis zum 100 Sekunden langen Übergang.
An dessen Ende das epische „The Circle“ mit ätherischer Stimme und orgelnder Melodei beginnt. Stichwort johlende Backing Vox dazwischen, und dann hebt die Gitarre in bester Gilmore Manier an auf dem Groove zu zirkulieren wie ein Derwisch. Dann trudelts aus und alles ist erschöpfte Freude.
So bleibt letztlich geteilter Gesamteindruck. Sicherlich nehmen The Sun or The Moon mit dem konventionell proggigen Album-Teil ihre angestammte Hörerschaft mit auf den Weg. Das ist auch gelungen und hat was, aber so richtig begeistert mich eher das tanzbar elektronische Tryptichon. Hier ahne und höre ich Aufbruch, Wagnis und verschwitzte Trance. Das ist schon sehr schön.
The Sun or The Moon: Into The Light
Genre: Space-Rock, Proressive Rock,
Länge: 49 Minuten, (8 Songs)
Interpret: The Sun or the Moon
Label: Tonzonen Reocrds
Vertrieb: Cargo
Format: CD, digital, Vinyl (ohne Bonus)
VÖ: 21.03.2025
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