Lincoln: Den Krieg beenden

Aus den Archiv: „Lincoln“ von 2012. Regisseur Steven Spielberg hat sich mit seinem Lincoln-Portrait mal wieder ein historisches und ureigenes amerikanisches Thema gesucht. Kein Wunder, dass das starbesetzte, epische Drama ein sattes Dutzend Oscar-Nominierungen einheimste und zwei mitnahm. 150 Filmminuten erfordern dennoch etwas zuviel Sitzfleisch nicht nur für die Jurymitglieder.

Gegen Ende des amerikanischen Sezessionskrieges, der von 1861 bis 1865 Nordamerika spaltete und etliche Opfer forderte, steht Abraham Lincoln (Daniel Day-Lewis) als Präsident an der Spitze der Nordstaaten. Einerseits will der kluge und nachdenkliche Politiker den Krieg so schnell wie möglich beenden und sucht die Verhandlungen mit den Südstaaten. Andererseits will Lincoln auch die im Süden verbreitete Sklaverei abschaffen. Den notwendigen Gesetzentwurf hat er schon einige Male in den Kongress gebracht, doch bisher ohne Erfolg. Es scheint, dass nur eines der beiden Ziele erreichbar wäre, denn der Süden würde nie dafür stimmen, seine Wirtschaftsgrundlage aufzugeben.

Während eine Verhandlungsabordnung aus dem Süden auf dem Weg nach Washington ist, bilden sich im Washingtoner Kongress ungewöhnliche politische Allianzen. Die Berater des Präsidenten versuchen nötige Stimmen zu kaufen, während der Senator Thaddeus Stevens (Tommy Lee Jones), ein strikter Gegner der Sklaverei, versucht der Initiative des Präsidenten mit seinem Einfluss zu helfen, obwohl er einer anderen Partei angehört.

Ein uneiniges Land im Krieg

In all diesen Wirren die das Land spalten sorgt sich Präsident Lincoln auch um seine Familie: Seine Frau Mary Todd Lincoln (Sally Fields) scheint der Belastung nicht mehr lange gewachsen zu sein und Sohn Robert (Joseph Gordon-Lewitt) will um jeden Preis noch in den Krieg ziehen, obwohl der Vater strickt dagegen ist.

Es beginnt in einem Feldlager der Nordstaatenarmee, wo sich Abraham Lincoln mit Soldaten unterhält und es endet als der einflussreiche Präsident sich auf den Weg zu jener verhängnisvollen Veranstaltung macht, bei derer Opfer eines Attentats wird. Die wenigen Monate, die Steven Spielbergs gelungenes Lincoln-Portrait umspannt sind angefüllt mit familiären Krisen, tiefen Zweifeln und politischer Taktiererei. Der Präsident selbst erweist sich dabei als geschicktester Politiker. Daniel Day-Lewis zeigt Lincoln als nachdenklichen aber konsequenten und mitfühlenden Menschen, der mit seinen Hang Anekdoten zu erzählen, seinen Gegenüber schon mal an den Rand der Geduld bringt.

Oscar-prämierter Daniel Day Lewis in Oscar-prämierter Ausstattung

Das ist trefflich gespielt und auch das Drehbuch von Tony Kushner, der auch schon bei „München“ mit Spielberg arbeitete, bringt die Stimmung und die Konflikte der Zeit gut auf den Punkt. Dennoch ist das Drama deutlich zu lang ausgefallen und die 150 Minuten dienen nicht nur als formale Unterstreichung der präsidialen Weitschweifigkeit Lincolns. Psychologisch kann „Lincoln“ mit sehr detaillierten und authentischen aber sehr ausführlichen Charakterisierungen überzeugen. Während Tommy Lee Jones ist als grantelder Senator einem Freude macht, wirkt Sally Field als erste Dame etwas überzeichnet hysterisch. Oscar-Nominierungen haben beide erhalten.

„Lincoln“ ist ein durch und durch amerikanischer Film und was dem Ami als angemessene Huldigung des großen Präsidenten überzeugt, wirkt von außen betrachte leicht pathetisch. Vor allen die Filmmusik von John Williams zielt, zwar nicht direkt kitschig, aber deutlich auf den nationalen Nerv. Auch die Abgesandten der Südstaaten kommen als Truppe, die von Lincoln an der Nase herumgeführt wird, nicht gerade gut weg und wirken beinahe satirisch überzeichnet. Dem Filmerfolg wird das alles keinen Abbruch tun und es war eine kluge und zeitgemäße Entscheidung, ein Lebenspanorama des Präsidenten zu zeichnen, davon gibt es bereits einige, sondern sich auf diese wenigen ereignisreichen Monate zu konzentrieren.

Die darstellerischen Leistungen in Steven Spielbergs Präsidenten-Portrait „Lincoln“ sind großteils überragend und absolut sehenswert. Der Film selbst allerdings ist in seiner dramatischen Ausprägung um einiges zu lang geworden, was durch stimmige Kulissen und Zeitkolorit etwas abgemildert wird.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Lincoln
OT: Lincoln
Genre: Biografie, Drama, Historisches
Länge: 150 Minuten, USA, 2012Regie: Steven Spielberg
Schauspiel: Daniel Day-Lewis, Sally Fields, David Strathairn
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox/Disney
Kinostart: 24.01.2013
DVD-& BD-VÖ: 24.05.2013

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