Philomena: Die Suche nach dem verlorenen Sohn

Wenn einer Frau das eigene Kind weggenommen wird, ist das ein harter Schlag. Zu sehen in „Philomena“ von 2013. Für viele der „gefallenen“ Mädchen, die unverheiratet schwanger geworden sind, war das im konservativen katholischen Irland harte Realität. Das anrührende und bisweilen auch komische Drama „Philomena“ brachte Hauptdarstellerin Judi Dench, die sich als Siebzigjährige auf die Suche nach ihrem Sohn macht, unter anderem eine Golden Globe Nominierung ein.

Der britische Journalist Martin Sixsmith (Steve Coogan) hat gerade seinen Job in der Blair-Regierung verloren und sieht seiner beruflichen Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen. Möglicherweise ist nun Gelegenheit ein Buch über russische Geschichte schreiben? Auf einem Empfang spricht eine junge Frau den Journalisten auf die Geschichte ihrer Mutter an, die sie gerade erst erfahren hat.

Sixsmith ist zunächst abgeneigt zu recherchieren. er schreibe keine menschelnden Schicksalsgeschichten. Aber wer willigt ein, sich mit Philomena Lee (Judi Dench) zu treffen. Die alte Frau erzählt, sie ist in Irland aufgewachsen und wurde in den 1950er Jahren ungewollt schwanger. In einem Kloster für „gefallene“ Mädchen wurde sie bis zur Geburt untergebracht, das Kind anschließend zur Adoption freigegeben.

Jetzt hat sich Philomena vorgenommen, etwas über ihren Sohn in Erfahrung zu bringen, aber das irische Kloster ist abweisend. Martin wittert nun doch eine Geschichte. Der arrogante Journalist und die gläubige Katholikin machen sich auf die Suche nach dem verlorenen Sohn und sind Überrascht, was sie entdecken.

Der Hintergrund

Das komische Drama „Philomena“ basiert auf dem Sachbuch „The Lost Child of Philomena Lee“ des Journalisten Martin Sixsmith von 2009. Die Geschehnisse sind also filmisch dramatisiert, aber im Kern authentisch. Hauptdarsteller, Produzent und Drehbuchautor Steve Coogan war von der Geschichte fasziniert, auch wegen seiner eigenen katholischen Prägung. Eigentlich wollte der Darsteller, der vor allem im komödiantischen Rollen zu sehen ist („Das Glück der großen Dinge“, „The Lost King“), den Film nur produzieren. Es kam anders.

Für „Philomena“ ist das ein Glücksfall, denn zwischen der alten Dame und dem schnöseligen Karrieristen, entspinnt sich ein feines Wechselspiel, dass sowohl komische wie auch ernsthafte Situationen umfasst. So ist dieses Road Movie mit vielen Nuancen ausstattet. Dench und Coogan passen auf der Leinwand ziemlich gut zueinander. Regisseur Stephen Frears („Victoria und Abdul“ „The Program“, „Gefährliche Liebschaften“) findet eindrückliche, vermeintlich schlichte Bilder und die Inszenierung tut alles, um die Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen.

Charakterköpfe unterwegs

Die Grundproblematik und die religiösen und missbräuchlichen Aspekte von „Philomena“ wurden bereits anderweitig verarbeitet. Auch ein Roadmovie mit ungleichen Teilnehmern gab es schon. Aber „Philomena“ entwickelt auch einen eigenen Charme. Vor allem aber scheint diese Suche nach dem verlorenen Sohn eine Demonstration in Toleranz und Vergebung zu sein. Nicht nur gegenüber der Vergangenheit, sondern ganz konkret und präsent im Verhältnis zwischen Philomena und Martin.

Die starken Charaktere finden nicht immer eine gemeinsame Kommunikationsebene finden und geraten andauernd in kleine alltägliche Konflikte. Das kommt ziemlich überzeugend und nuanciert rüber und macht den eigentlichen Charme dieses Dramas aus.

Das Drama nach wahrem Vorbild ist ganz auf die beiden Hauptcharaktere zugeschnitten und geht insofern über die Sachbuchvorlage hinaus, als dass im Film das Verhältnis zwischen Journalist und betroffener Mutter ebenso im Vordergrund steht wie die Suche nach dem verlorenen Sohn. Dass dabei kein „Happy End“ herauskommt macht den Film umso wahrhafter. Großartig gespielt ist „Philomena“ ohnehin.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Philomena
OT: Philomena
Genre: Drama,
Länge: 98 Minuten, UK, 2013
Regie: stephen Frears
Schauspiel: Judy Dench, Sophie Kennedy Clark, Steve Coogan,
Vorlage: Martin Sixmith: „The Lost Child of Philomena Lee“
FSH: ab 6 Jahren
Vertrieb: Leonine
Kinostart: 27.02.2014
DVD- & BD-VÖ: 12.09.2014