Da kommt einer aus dem Knast und wird in seiner heruntergekommenen Heimatstadt nicht gerade willkommen geheißen. Stattdessen freundet sich der Außerseiter mit einem wilden Hund an. Das chinesische Drama „Black Dog“ erzählt auf recht westliche Weise eine universelle Story von einem Einzelgänger und seinem besten Freund. Hat es Buddha-Natur? Wüff. Ab dem 12. Dezember 2024 in den Kinos.
Der Bus, der über die trockene, windige Wüstenpiste rast, gerät ins Schlingern und fällt um, als eine Horde wilder Hunde von den Bergen herab auf die Straße zuläuft. Irgendwann kommt die Polizei vorbei, richtet den Bus wieder auf, verfrachtet die Passagiere in die nächstgelegene Stadt. Man bemerkt lapidar, dass die Hunde in der Gegend ein Problem sind, seit so viele Leute wegziehen. Sie lassen einfach ihre Hunde da.
Lang Yonghui (Eddie Peng) kommt gerade wieder. Er saß im Gefängnis, weil er für den Tod des Metzgersohns verurteilt wurde. Und der Metzger und seine Leute wollen immer noch mit Lang abrechnen. Derweil hat sein Vater das Haus aufgegeben und wohnt gleich im Zoo, wo er sich um die verbliebenen Tiere kümmert.
Der Zirkus kommt in die Stadt
Lang zieht wieder zuhause ein, hat eine gefährliche Begegnung mit einem vermeintlich tollwütigen schwarzen Hund, der steckbrieflich gesucht wird. Die Belohnung reizt den Ex-Knasti schon. Und sen Hund fängt er auch als Hundefänger nicht sogleich. Währenddessen kommt der Zirkus in die Stadt und macht nahe des Zoos Station. Die Artistin Grape (Tong Liya) freundet sich mit dem Hundeliebhaber Lang an.
Die (fiktive?) Stadt am südlichen Rand der Wüste Gobi verkommt zu einer Geisterstadt. Die wenigen Leute, die hier noch leben, scheinen die Kurve nicht zu kriegen, oder ihre Wurzeln nicht kappen zu wollen. Dabei lockt die Olympiade 2008 in Peking mit Möglichkeiten, Aufbruch und Moderne, die China nach vorne bringen sollen.
Kaum verständlich, dass jemand hierher zurückkommt. Und Protagonist Lang ist kein Mann großer Worte. Schweigend und standhaft begegnet er den Anfeindungen und Herausforderungen der Rückkehr. Eigenwillig hält der einsame Mann an seiner Idee fest, die niemand kennt und verharrt hier in den Ruinen.
Im Filmverlauf werden die Persönlichkeit und die Vergangenheit des Lang ein wenig klarer, konturierter, und dennoch bleiben da viele Fragen und viele Deutungsmöglichkeiten. Möglich, dass es um Vergebung und Sühne geht, denkbar auch, dass in den Ruinen des alten Lebens die Saat für ein neues zu finden sein kann.
Dinge, die wir im Wüstenstaub verloren
Davon erzählt der renommierte chinesische Filmmacher Guang Hu, von dem auch einige Werke außerhalb Chinas Beachtung fanden, in fast schon amerikanischer Art und Weise. Die Wüste an sich ist ja eher ein universelles Bild, aber die Pop-Plakate der Band Pink Floyd an der Zimmerwand sind ebenso Rock’n’Roll wie das Bike, das der Loner wieder fitmacht um durch die Gegend zu streifen wie einst die Cowboys auf ihren Gäulen.
Bisweilen ist das erstaunlich vertraut, bisweilen erheblich verwirrend, doch das Publikum hat es leicht sich in den einsamen Wolf und seinen neuen Freund, den schwarzen Hund, hineinzuversetzen. Anders als der ungarische Film „Underdog“ (OT: Feher isten) scheint es Guang Hu in seinem in Cannes 2024 mit dem Extrapreis „Un certain Regad“ ausgezeichneten Drama weniger um Gesellschaftskritik zu gehen, eher um eine Freundschaft a la „Hachiko“ und die Beschreibung einer Gesellschaft im Übergang. Das ist schon sehr unterhaltsam.
Bildgewaltig und westernhaft mysteriös erzählt das chinesische Drama „Black Dog“ vom Loslassen, vom Aufbrauch und Neuanfang wie das der Dichter Herman Hesse mal beschrieben hat: „Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben.“ Kann mensch gucken.
Film-Wertung: (7 / 10)
Black Dog – Weggefährten
OT: Gouzhen
Genre: Drama
Länge: 116 Minuten, VRC, 2024
Regie: Guang Hu
Schauspiel: Eddie Peng, Zhangke Jia, Jing Liang
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Filmwelt Verleihagentur
Kinostart: 12.12.2024