Es ist die furiose Auftaktszene des Films, die einen gleich packt: Ein radelndes Mädchen wird von einer Rotte Hunde durch eine menschenleere Stadt gehetzt. Doch was beginnt wie ein Horrorfilm, ist ein feines Drama, das in Cannes den „Un Certain Regard“-Preis als bester Nachwuchsfilm einheimste. Vor allem die tollen Hundeszenen sind erstaunlich. Unter dem Titel „Underdog“ kommt der ungarische Film „Feher Isten“ im Frühjahr 2015 in die deutschen Kinos.
Weil ihre Mutter monatelang im Ausland sein wird, muss die junge Lili bei ihrem geschiedenen Vater leben. Der hat allerdings ein Problem mit Lilis Hund Hagen. Und es dauert auch nicht lange, bis eine Nachbarin den Hundebesitz anzeigt. Lili und ihr Vater setzen den Hund daraufhin aus, um ihn nicht ins Tierheim bringen zu müssen. Daraufhin hat der Mischlingshund eine abgründige Odyssee vor sich, während Lili versucht, ihren Alltag im Jugendorchester unter den neuen Bedingungen zu meistern. Doch heimlich macht sie sich auf die Suche nach Hagen.
Hintergrund ist die tatsächliche Einführung der Hundesteuer in Ungarn Anfang 2012. Daraufhin wurden viele Hunde ausgesetzt, und vor allem die Städte haben nun das Problem verwilderter Hunde. Der Schauspieler und Filmmacher Kornél Mundruczó ist ein fester Bestandteil der ungarischen Filmszene, und in „Feher Isten“ verknüpft er eine Coming of Age Story, die im Grunde tatsächlich jugendkompatibel wäre, mit der brutalen Welt wilder Hunde, die quasi wie Straßenkinder in Gangs organisiert sind, gejagt werden und die Straßen Budapests bevölkern. Wenn‘s schlecht läuft, vegetieren die Hunde letztlich nicht im Tierheim vor sich hin, sondern werden für blutige und grausame Hundekämpfe ausgebildet. Da ist dann spätestens Schluss mit niedlich.
Erstaunlich und filmisch sehr geschickt ist auch wie der Film mit den Tannhauser-Motiven spielt, während sich Lili im Orchester darauf vorbereitet. Und die Parallelitäten zwischen Hund Hagen und Mädchen Lili sind dramaturgisch gekonnt aufbaut. Doch was „Feher Isten“ so beeindruckend macht, sind die wahnwitzigen Hundeszenen, die einen unglaublichen logistischen Aufwand gemacht haben müssen. Dabei übernimmt der Film über weite Strecken die Sichtweise von Hagen, so wie das einst der amerikanische Gruselthriller „Wolfen“ (1981) mit den Wölfen gemacht hat, ohne dabei jedoch dem damals innovativen „Alien Vision“-Schnickschnack zu verfallen.
Wer sich auf die anfangs ungewohnte Mischung aus beinahe Jugendfilm und Tierdrama einlässt, wird mit einem außergewöhnlichen cineastischen Leckerbissen belohnt. Für zartbesaitete Vegetarier wird‘s allerdings etwas anstrengender.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
OT: Fehér Isten, Genre: Drama, Länge: 119 Minuten, Hun, 2014, Regie: Kornél Mundruczó, Darsteller: Zsófia Psotta, Sándor Zsótér, Lili Monori, Lili Horváth, László Gálffy, Ervin Nagy, Kornél Mundurczó
White God beim Filmfest Hamburg
Termine beim Filmfest Hamburg: Fr. 03.10.2014, 21:30 Uhr, Passage,
offizieller deutscher Kinostart voraussichtlich Frühjahr 2015