Speak no Evil: Familienbesuch auf dem Land

Mit Urlaubsbekanntschaften sollte mensch bisweilen etwas vorsichtig sein. Das bekommen auch die Daltons zu spüren als sie eine Einladung aufs Land annehmen, von einer Familie, die sie kurz zuvor im Urlaub kennengelernt haben. Es entspinnt sich ein perfides Wochenende. Regisseur James Watkins inszeniert den bedrohlichen Thriller vor allem mit einem furiosen James McAvoy. In den Kinos ab dem 19. September 2024.

Louise (Mackenzie Davis) und Ben (Scoot McNairy) Daltonmachen mit ihrer Tochter Agnes (Alix West Lefler) Urlaub in Italien. dort lernen die Daltons eine andere Familie Kennen. Paddy (James McAvoy) ist ein bisweilen schnodderig extrovertierter, lebenslustiger Kerl, seine Frau Ciara (Aisling Franciosi) wirkt sympathisch und der schweigsame Sohn Ant (Dan Hough) ist etwa im selben Alter wie Agnes. Paddy und Ciara laden die Daltons ein, sie mal auf dem Land zu besuchen.

Zurück in London, wohin die Amerikaner erst vor einigen Monaten gezogen sind, fällt dem bedrückten Ben bald die Decke auf den Kopf. Es scheint eine gute Idee ein Wochenende auf dem Land zu verbringen. Gesagt, getan und auf in die lebendige englische Landschaft an der Küste.

Zu Gast bei Freunden

Paddy und Ciara heißen Louise und Ben herzlich willkommen, doch schnell wird es irritierend. So hat Paddy vergessen, das Louise Vegetarierin ist und nötigt sie dennoch den eigens erjagten Wildeintopf zu kosten. auch Ben kommt Tags darauf in den Genuss der Weisheit des Naturburschen Paddy. Ben müsse wieder in Kontakt mit seiner Männlichkeit treten und mal ordentlich gegen den Wind schreien.

Das wäre noch höflich wegzulächeln, doch dann legen Paddy und Ciara in Sachen Erziehung ein eher derbes und übergriffiges Verhalten an den Tag. Da nützen auch Entschuldigungen und Relativierungen nichts. Louise drängt darauf, wieder abzureisen, doch das gestaltet sich nicht ganz so einfach.

Dass der Typ, der im Urlaub die Pool-Liege lärmend ans andere Ende der Liegewiese schleift, speziell ist, wird schnell klar. Dass Paddy mit seiner übersprudelnden Lebensenergie auch mal über das Ziel hinausschießt, macht er durch macho-charme wieder wett. Während Louise schnell eine eher toxische Persönlichkeit erkennt, findet Ben in dem neuen Bekannten eher Attribute und Selbstvertrauen, von denen er selbst gerne mehr hätte.

An der Tafel von Carnivoren

Und dennoch gelingt es „Speak No Evil“ die Daumenschrauben der Spannung souverän und stetig anzuziehen, nachdem die Daltons erst einmal auf der Abgelegenen Farm angekommen sind. Immer wieder reizt gerade Paddy die Gäste mit übergriffigem Verhalten und autoritärem, Gehabe. Dan verstrickt sich der gute auch noch in Ungereimtheiten was Job und Lebensstil angeht und schon ist die Atmosphäre höchst bedrohlich. Wobei lange nicht ersichtlich ist, worauf es das Paar Ciara und Paddy abgesehen haben.

Regisseur James Watkins „(Eden Lake“, McMafia“, „Bastille Day“) hat das Thriller Handwerk drauf und einen Star, der egomanisch von der Leine gelassen wird. James McAvoy agiert in der Rolle des Paddy nicht minder durchgeknallt als in „Drecksau“ oder „Split“ und ist eindeutig das Zentrum des Thrillers. Nur MacKenzie Davis („Terminator: Dark Fate“) kann dem Psychopaten im direkten Duell Paroli bieten. Da verkommen die Charaktere von Scoot McNairy („Killing Them softly“, „Frank“) und Aisling Franciosi („The Nightingale“, „Die letzte Fahrt der Demeter“) ein wenig zur Staffage.

Die Kuscheltiere sensible Kinder

„Speak no Evil“ ist die amerikanische Variante des dänischen horror-Thrillers „Gaesterne“, der auf dem internationalen Markt ebenfalls unter dem Titel „Speak no Evil“ firmiert. Darin haben die Filme machenden Brüder Christian und Mads Tafdrup eine dänische Kleinfamilie zu Ferienbekannten nach Holland geschickt.

Der Film hat zumindest anfangs eine ähnliche Handlung, stellt seine Charaktere aber anders auf und so entwickelt sich auch eine andere soziale Dynamik. Aber das mag jede:r selbst sehen. Im direkten Vergleich hat James Watkins ein flotteres Budget zur Verfügung, einen Star zu inszenieren und ein Mainstream-Publikum zu unterhalten. Dementsprechend ist sein „Speak no Evil“ ausgefallen.

Die sich in „Speak no Evil“ beständig die bedrohlich verstörende Atmosphäre zuspitzt ist schon beachtlich und treibt den Adrenalinpegel souverän in die Höhe. An der einen oder anderen Stelle darf sich das Publikum genreüblich fragen, warum die Menschen im Film sich so verhalten wie sie es tun und nicht anders. „Speak No Evil“ mit dem hochenergetischen James McAvoy ist das Remake eines dänischen Thrillers, nimmt aber an entscheidenden Stellen andere Wendungen. Das mögen Genre-Fans vergleichen, dem Kinopublikum sei das nur mitgeteilt. Packend, verstörend, aber auch im Rahmen der Genre-Setzungen.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Speak No Evil
OT: Speak no Evil
Genre: Thriller, Horror
Länge: 110 Minuten, USA, 2024
Regie: James Watkins
Darsteller:innen: James McAvoy, Aisling Franciosi, Scoot McNairy, Mackenzie Davis,
Vorlage: Dänischer Thriller „Gaesterne“ (2022) von Christian Tafdrup
FSK: Ab 16 Jahren
Vertrieb: Universal Pictures International
Kinostart: 19.09.2024

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