Chinese zum Mitnehmen: Von Blutwurst und fehlenden Schrauben

Fernreisen im #Partysommer24. Heute mit „Cinese zum Mitnehmen“ von 2011. Wer sprachunkundig in Buenos Aires strandet, wünscht sich keinesfalls Hilfe von einem Stinkstiefel wie Roberto, doch dem Chinesen der aus dem Taxi geschmissen wird bleibt nichts anderes. Zum Glück für die Zuschauer, denn die sind die Gewinner dieses kuriosen und subtil witzigen Aufeinandertreffens. Die argentinische Komödie „Chinese zum Mitnehmen“ lohnt sich.

Ricardo (Ricardo Darín) ist ein eigenwilliger Zeitgenosse. Der alternde Junggeselle lebt mit dem Andenken an seine verstorbene Mutter, ist ungesellig und betreibt einen Eisenwarenladen in Buenos Aires, der gerade mal genug abwirft um zu überleben. Misstrauisch zählt Roberto die Schrauben in den Schachteln und ärgert sich maßlos, wenn mal wieder weniger drin sind als angegeben.

Sein einziges Hobby ist es, in den Zeitungen der Welt nach absurden Unfällen zu suchen. Die malt er sich dann in seiner Fantasie aus und fühlt sich bestätigt in seinem Urteil, dass die Welt willkürlich ist. Auch für die romantischen Avancen von Mari (Muriel Santa Ana) ist Roberto nicht zu gewinnen. Das ist ihm alles zu kompliziert, zu gefühlsduselig und er müsste seine tägliche Routine ändern.

Schräge Unfallmeldungen beflügeln die zynische Fantasie

Die wird allerdings total umgekrempelt, als er zufällig am Flughafen einen jungen Chinesen (Ignacio Huang) trifft. Mittellos und ohne ein Wort Spanisch zu können, ist Jun, so heißt der Chinese, auf dem Weg zu seinem Onkel. Roberto versucht zu helfen, aber das wird ihm schnell zu viel und er schmeißt den Chinesen an einer Bushaltestelle raus.

Später übermannt ihn das schlechte Gewissen und Roberto fährt Jun zu der gesuchten Adresse. Vom Onkel allerdings weit und breit keine Spur. Jetzt beschließt Roberto die Sache zu Ende zu bringen und lässt Jun für die Dauer der Suche bei sich wohnen. Doch so einfach ist das nicht und ziemlich schnell geht der Untermieter Roberto auf den Senkel.

Die argentinische Komödie zieht ihren subtilen und tiefgründigen Witz vor allem aus dem unfreiwilligen Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen und Temperamente. In seiner Heimat begeisterte „Chinese zum Mitnehmen“ die Kritiker und das Publikum und Sebastián Borenszteins dritter Spielfilm hat auch hierzulande gute Chancen ein Publikumserfolg zu werden.

Beim Festival in Rom begeisterte der Film schließlich auch. Die Geschichte ist klug und witzig, die Besetzung wunderbar und die immer wieder für Auflockerung sorgenden ins Bild gesetzten Fantasien von Roberto sind einfach wunderbar humorvoll. Dass das Schicksal seine Hand dann doch noch hebt, um den granteligen Zweifler zu erstaunen rundet den Film auf schöne Weise ab.

Der unfreiwillige Untermieter

Das eigentliche Wunder von Buenos Aires ist allerdings Hauptdarsteller Ricardo Darín („Wild Tales“, „Freunde fürs Leben“). Darin ist einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schauspieler Argentiniens, der international mit seiner Rolle als Benjamín in „In ihren Augen“ bekannt wurde, als der Film 2009 den Auslandsoscar erhielt.

Seine Performance in „Chinese zum Mitnehmen“ ist nicht minder beeindruckend. Mit absolut natürlicher Überzeugung gibt Darín seinem Roberto eine eigenwillige Kauzigkeit, die mit Ecken und Kanten keineswegs von vorne herein für Sympathie beim Zuschauer sorgt. Der muss sich, wie auch Mari erst einmal trauen, hinter die abweisende Fassade Robertos zu blicken, um dessen Qualitäten zu erkennen und unerschütterlich daran zu glauben.

Die argentinische Komödie „Chinese zum Mitnehmen“ schöpft seine Kraft aus den stillen Momenten, die ebenso häufig in absurdem Humor wie in alltäglicher Lebensweisheit münden. Kein Wunder, dass man mit einem stillen Lächeln aus dem Kinodunkel tritt.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Chinese zum Mitnehmen
OT: Un Cuento Chino
Genre: Komödie, Drama
Länge: 93 Minuten, ARG, 2011
Regie: Sebastián Borensztein
Darsteller:innen: Ricardo Darín, Muriel Santa Ana, Ignacio Huang
FSK: ab 12 cJahren
Vertrieb: Ascot Elite
Kinostart: 05.01.2012
DVD-VÖ: 08.05.2012

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