Adam Dalgliesh – Scotland Yard – Staffel 2

Freunde klassischer Retro-Krimis dürfen sich auf neue Verfilmungen von P.D. James Romanen freuen. Der dichtende Inspektor Adam Dalgliesh ist mit drei Kriminalfällen zurück auf der Mattscheibe. Nachdem die Pay-TV-Ausstrahlung bei Sky erfolgte, bringt Edel Motion die zweite Staffel von „Adam Dalgliesh – Scotland Yard“ Anfang Dezember 2023 nun auf DVD für das klassische Home-Entertainment heraus.

Der ermittelnde Poet oder dichtende Kommissar Adam Dalgliesh (Bertie Clavel) ist erfolgreich. Nicht nur beim Publikum, das durch sein Interesse dafür gesorgt hat, dass die TV-Krimiserie fortgesetzt wird, sondern auch in der Serie. Anfangs von Staffel zwei liebäugelt Dalgliesh damit, die Polizeiarbeit an den Nagel zu hängen.

Seine Literaturagentin eröffnet ihm nach einer Lesung aus seinem neuen Gedichtband, dass ein Angebot für eine Lesereise in den USA auf dem Tisch liegen würde. Doch dann ist schon wieder was passiert (wie Wolfgang Haas einleiten würde) und Dalgliesh geht dem Tagesgeschäft bei Scotland Yard nach: Der Aufklärung von Kapitalverbrechen.

Formal hat sich wenig geändert. Die Serie wird in sechs Episoden a 45 Minuten ausgestrahlt, wobei jeweils zwei Folgen eine spielfilmlange Ermittlung ergeben. Diese Ermittlungen sind nach Original-Romanen von P.D. James entstanden, die den dichtenden Kommissar einst erfand. Die Drehbücher zur TV-Serie stammen allesamt – wie auch in der ersten Staffel – von Helen Edmundson. Ebenfalls sei erwähnt, dass alle drei Fälle bereits mindestens eine frühere TV-Verfilmung hinter sich haben. Meines Wissens wurden diese aber hierzulande nicht ausgestrahlt. Mehr Hintergründe finden sich in der Vorstellung von „Adam Dalgliesh –Staffel 1“.

Tod eines Sachverständigen“ (OT: „Death of an Expert Witness“, 1. Dalgliesh-Fall)

Während sich Dalglieshs Assistentin Kate Miskin (Carlyss Peer) darüber freut, dass ihr Chef erstmal doch im Dienst bleibt, fühlt der sich vor allem verpflichtet. Ganz nebenbei erwähnt er, dass ihn die Polizeiarbeit erden würde. Erding geht es auch in einem stillgelegten Steinbruch in Hoggart zu. Dort findet die örtliche Polizei eine Leiche und kurz darauf wird der leitende Forensiker des biologischen Labors ermordet aufgefunden.

Beliebt war Edmund Lorrimer (Dominic Rowan) nicht gerade und das Labor sollte auch umstrukturiert werden. Das macht so ziemlich jeden im Arbeitsumfeld verdächtig. Dabei wirken der wirtschaftliche Leiter Maximilian Horwarth und seine alleinstehende Schwester erstaunlich deplatziert. Schließlich sind sie erst kürzlich aus London zugezogen.

Das Schöne an Scotland Yard ist, dass die Polizeibehörde wie das Bundeskriminalamt landesweit agiert. Das hat zur Folge, dass DCI (Detective Chief Inspector) Dalgliesh und sein Team ganz schön herumkommen. Für die Zuschauer und die Serie hat das den großen Reiz ständig neue Landesteile, Locations und Mentalitäten in Szene setzen zu können. Das gelingt Regisseur Geoffrey Sax (u.a. „Der junge Inspector Morse, „Victoria“) im Auftaktfall ganz hervorragend. (7/10)

Was gut und böse ist (OT: „A certain Justice“, 10. Fall)

Anschließend wird es für DS (Detective Sergeant) Kate Miskin sehr ungemütlich. Als eine verarmte alte Frau ermordet aufgefunden wird, ist der Neffe schwer verdächtig. Gary Ashe (Jassin Arousi) wirkt psychopathisch unnahbar und wird in der Verhandlung freigesprochen. Auch weil seine Anwältin, Venetia Aldridge, die Zeugenaussage von Kate auseinandernimmt.

Kurz darauf wird die Anwältin in der Kanzlei ermordet. Die Anwaltskollegen sind nicht gerade traurig, dass die herrische Juristin umkam; eher irritiert, wie es mit der Kanzlei weitergehen soll. Die Ermittler, inzwischen verstärkt von DS Daniel Tarrant (Daniel Bremmer) sind überrascht vom Wiedersehen mit Gary Ashe. Der ist jetzt der Verlobte der Anwaltstochter. Kate findet das arg verdächtig, aber wieder fehlen Beweise.

Dass schon wieder ein Todesfall im Justizsystem zu untersuchen ist, mag hindeuten auf einen Roten Faden in der Staffel. Vor allem aber kommt Dynamik in die Ermittlertruppe. Nicht nur, weil Kate einen Kollegen bekommt, mit dem sie die Aufmerksamkeit des Chefs teilen muss. Die psychologische Anspannung wieder auf den früheren Hauptverdächtigen zu treffen, belastet auch das Arbeitsverhältnis von Dalgliesh und Kate. Das ist packend umgesetzt. Und „Was gut und böse ist“ ist der spannendste Fall der Staffel. Inszeniert von den Regisseuren Andi und Ryan Tohill. (7/10)

Im Saal der Mörder (OT: The Murder Room, 12.Fall)

Die Briten sind bekannt für ihre eigenwilligen Museen. So etwa das Wachsfiguren-Kabinett. Oder ein Museum, das ganz dem Mord gewidmet ist. Nur sind sich die drei Geschwister Dupayne nicht einig, ob und wie sie das Museum weiterführen wollen. Ausgerechnet Neville, seines Zeichens Arzt und kein Freund des Museums wird ermordet aufgefunden. Die Vorgehensweise stellt einen der Morde nach, die zu den Herzstücken der Ausstellung gehören.

Auf der Suche nach möglichen Motiven, bekommen Dalgliesh und sein Team aus Tarrant und Miskin zu hören, dass Neville den Pachtvertrag nicht verlängern lassen wollte. Sein Bruder Nicholas, der Museumsdirektor, wiegelt ab. Bei weiteren Ermittlungen tauch dann noch eine weitere Leiche und eine verschwiegen liegende Wohnung im Museumsgebäude auf. Deren gelegentliche Nutzung als Sex-Treff vergrößert den Kreis der Verdächtigen ganz erheblich.

Im abschließenden Fall, der von Regisseur Joe Wright gedreht wurde, geht es vor allem kauzig zu. Das mag auch der Tatsache geschuldet sein, dass der Roman seinerzeit 2003 nach einer mehrjährigen Schreibpause entstand. Die Sicht der Autorin auf die 1970er hat sich möglicherweise etwas verändert und P.D. James wollte mehr Zeitgeist einbringen. Immerhin gesteht die Verfilmung dem Inspector einen Emotionsausbruch zu, der unerwartet kommt. Das nimmt dann wieder die beruflichen Zweifel von Staffelanfang auf. Und DS Miskin bekommt aufgrund ihrer kompetenten Arbeit Karrieremöglichkeiten. (7/10)

Wir bleiben gespannt, es bleibt offen, ob und in welcher Besetzung die Serie fortgesetzt wird. Wir hatten uns gerade soweit an die Ermittler gewöhnt, dass wir uns auf ein Wiedersehen freuen würden. Ich kann nicht genau analysieren warum, aber die zweite Staffel hat den Testsehern einen Tacken besser gefallen als der Serienauftakt.

Auch die zweite Staffel der britischen Retro-Krimis aus den 1970ern weiß zu gefallen. Möglicherweise sind die Fälle selbst etwas rätselhafter geraten und die Interaktion der Charaktere geht – wie häufig bei länger laufenden TV-Formaten etwas in die Tiefe. das tut der Serie gut und es bleibt zu hoffen, dass „Adam Dalgliesh – Scotland Yard“ auch noch eine weitere Staffel bekommt. Verfilmbare Original-Romane gäbe es noch.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Adam Dalgliesh – Scotland Yard – Staffel 2
OT: Dalgliesh Season 2
Genre: TV-Serie, Krimi,
Länge: 272 Minuten (6 Episoden a 45 Minuten), GB, 2023
Idee: Emily Russel
Regie: Geofrey Sax, Andy & Ryan Tohill, Joe Wright
Darsteller:innen: Bertie Carvel, Carlyss Peer,
Vorlage: Krimi-Reihe von P.D. James
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
DVD-VÖ: 30.11.2023

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