Robert Sax: 2. Verlorenes Paradies

Bei Scheiber & Leser dem Comic-Verlag mit kriminalistischer Spürnase geht es flott weiter mit dem nächsten Abenteuer des Brüsseler Amateur-Detektivs Robert Sax. Der Serienauftakt war gerade erst im August erscheinen. Nun also „Verlorenes Paradies“, in dem Autor Rodolphe, Zeichner Alloing und Kolorist Drac sich aufmachen in das Brüssel zu Beginn der 1960er Jahre.

Robert Sax hat die Autowerkstatt von seinem Vater geerbt, hat aber mit Karosseriebau und Reparatur wenig am Hut. Eines Januarmorgens bringt ihn eine Zeitungsschlagzeile aus der Fassung. Die Nachtclub-Sängerin Suzy Belair wurde in einer Seitengasse erschossen. Sax stürmt daraufhin aus dem Büro und macht sich auf zur Polizei.

Derweil erzählt Mechaniker und Werkstatt-Faktotum Raul der verwirrten Sekretärin Peggy, warum der Chef so aufgebracht war. Vor Jahren wurde seine Ehefrau, die Liebe seines Lebens auf gleiche Weise an ähnlicher Stelle nachts erschossen. Nun erkennt Robert Sax eine Ähnlichkeit im Vorgehen des Mörders und sucht seinen Schwager Martin auf, der Kommissar ist.

Bei der Gelegenheit stößt Sax auch auf einen wage bekannten Namen. Ein weiteres Mordopfer ist der Besitzer eines Plymouth, der seit Wochen fertig repariert in der Werkstatt steht. Die Polizei will den Wagen demnächst abholen. Zuvor aber untersucht Sax den Wagen selbst, stößt auf Verstecktes und dann wird der Wagen geklaut; also abgeholt von Leuten, die angeben, vom Besitzer geschickt worden zu sein.

Aufgerissene Wunde im Herzen

Alles sehr mysteriös und vertrackt im zweiten Kriminalabenteuer des Amateuer-Detektivs Robert Sax. Es dauert eine Weile, bis sich ein kriminalistischer Zusammenhang herstellen lässt. Vor allem, weil die Opfer scheinbar nichts gemein haben und das Motiv eines Täters sehr willkürlich erscheint.

Die geneigte Leserschaft bekommt derweil wieder stilsichere und nostalgische Einblicke in ein urbanes Brüssel das schöne Stadtansichten, Milieus und Details aus einer vergangenen Epoche zu bieten hat. Das ist in klarer Linie und stilistische vergleichsweise traditionell schon sehr ansprechend bebildert. Der Stil wirde bereits im Serienauftakt „Nucleon 58“ souverän angelegt.

Kein Mordmotiv

Auch gibt es in diesem zweiten Abenteuer mehr Hintergrund-Informationen über die Charaktere und der vermeintliche Chauvi Robert Sax wird zum tragischen Witwer. Freilich immer noch mit einem flotten Spruch zum Outfit der Sekretärin auf den Lippen. Aber das gehört wohl zum Stil der Serie, die auch ein wenig mit den hartgesottenen Vorbildern amerikanischer Prägung spielt.

Soweit, so gut, wäre da nicht erneut ein flapsiges Detail in der Erzählung (oder der Übersetzung) das auch ein bisschen ärgerlich auffällt. Während Raul Peggy die Sache mit dem Mord an Roberts Frau erzählt, wird dieser in den Panels bebildert. Dabei ist im der Erzählung von Ehefrau und Freundin die Rede, in der Bildstrecke ist aber nur eine Frau zu sehen. Wenn es dann heißt „Beide Frauen sind sofort tot.“, frage ich mich schon, ob das ungenau ist oder einfach dramaturgisch ungeschickt zugespitzt. Schließlich hätten sich die beiden Frauen ja am Kino voneinander verabschieden können, statt gemeinsam loszugehen.

[Update zur Schilderung der Morde (Februar 2024). Nach gründlicher, mehrmaliger und eingehender Studie der entsprechenden Sequenz, kommt der Rezensent zu dem Schluss, dass er falsch gelesen hat. Gemeint sind hier nicht die beiden Frauen, die zusammen ins Kino gehen, sondern Roberts Gattin und die aktuell ermordete Sängerin, die in gleichen Modus Operandi. Statt den Absatz ersatzlos aus der Comic Review zu streichen, scheint mir transparenter auf die eigene Unzulänglichkeit hinzuweisen. Weiterhin viel spaß beim Lesen. ]

Das Artwork ist auch in der zweiten „Robert Sax“-Ausgabe überzeugender als das Szenario. Das Verbrechen wirkt für die Zeit etwas atypisch, das Schreiber & Leser Magazin deutet „Stalking“ an. Es geht bisweilen etwas abrupt und eher actionreich als schlüssig ermittelt zur Sache. Aber da der Protagonist ja auch vor allem neugieriger Werkstatt-Besitzer ist, geht das schon in Ordnung. Und letztlich lässt sich das „Verlorene Paradies“ nicht nur auf Roberts tote Liebe beziehen. Aber das mag jede:r selbst ergründen.

Comic-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Robert Sax – Band 2: Verlorenes Paradies
OT: Robert Sax 2: Paradis Perdus, Edition Delcours, 2016
Genre: Thriller, Comic,
Autor: Rodolphe
Zeichungen: Louis Alloing
Kolorierung: Drac mit Sarah Murat
Übersetzung: Harald Sachse
ISBN: 978-3-96582-151-4
Verlag: Schreiber & Leser, Reihe: Alles Gute, Hardcover, 48 Seiten,
VÖ: 01.11.2023

Robert Sax bei Schreiber & Leser