Generation Kunduz – Alltag in Krisenmodus

Aktuell kommen Gaza und die Ukraine nicht zur Ruhe, sind Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Lange Zeit kam Afghanistan nicht aus den Schlagzeilen. Immer wieder gab es, obwohl der Krieg offiziell beendet ist, Gewalt und Skandale in den Nachrichten. Doch wie leben die Afghanen mit diesem Dauerzustand? Wie viel Alltag ist in diesem Land möglich? Martin Gerners Dokumentarfilm von 2012 zeigt jene Menschen, die die Nachrichten nicht zeigen. Ein wichtiger Film.

In 80 Minuten entfaltet „Generation Kunduz – Der Krieg der Anderen“ ein Alltagspanorama aus der nordafghanischen Stadt, die vor der militärischen Intervention der USA 2001 als Hochburg der Taliban galt. Im Stil einer Reportage trifft Filmmacher und Autor Martin Gerner, der seit Jahren in Afghanistan lebt, Menschen, die er in ihrem Leben ein Stück begleitet.

Egal, ob der Junge, der als Schuhputzer sein Leben bestreitet, der Landwirtschaftsstudent, der auch als Wahlbeobachter tätig ist, ob Nachwuchsmoderatorin im Frauenradio oder Polizistin, oder ein junger Schauspieler und Regisseur, alle versuchen trotz der widrigen Lebensumstände ein „normales“ Leben zu führen. „Generation Kunduz“ fängt die Schwierigkeiten im Alltag, die allgegenwärtige Bedrohung durch plötzliche Gewalt aber auch die Wünsche und Hoffnungen der Menschen ein und zeigt so ein Afghanistan-Bild, das sich unterscheidet von den Medienbildern, die von den Schlagzeilen bestimmt werden.

Unabhängig gefilmete Alltagsimpressionen

Formal ist der Dokumentarfilm schlicht gehalten und verzichtet darauf kommentierend einzugreifen, sondern gibt den Menschen Gelegenheit, sich zu äußern. Dabei offenbaren sich auch die Schwierigkeiten bei der Entstehung des Films: Martin Gerner hat „Generation Kunduz“ in einem Krisengebiet ohne militärischen Schutz gedreht. Und dennoch ist es schwierig, Menschen vor die Kamera zu bekommen, da sie Repressionen der Taliban fürchten; umso mutiger diejenigen, die in „Generation Kunduz“ portraitiert werden.

In dem vermittelten Gesamtbild liegen Hoffnung und Frustration eng beieinander: Es gibt in weiten Bevölkerungsteilen Aufbruchsstimmung, doch der Konflikt wirkt sich auch immer wieder zerstörerisch auf das Gemeinwesen in der Stadt Kunduz aus. Es mangelt an Strukturen und an Möglichkeiten und dennoch hoffen einige, etwas bewegen zu können und für ihr Land eine bessere Zukunft aufzubauen.

Das Alltagsleben, das „Generation Kunduz“ einfängt, unterscheidet sich zynisch betrachtet, nicht wesentlich von anderen Krisengebieten, in denen seit langer Zeit Konflikte schwelen und doch ist der Dokumentarfilm der erste seiner Art, der aus Afghanistan berichtet. Für politisch Interessierte bietet der Film einen lebendigen Einblick in eben jene Region, in der auch die Bundeswehr seit Jahren engagiert ist. Das brachte dem Film auf dem letztjährigen Dokumentarfilm-Festival in Leipzig zurecht eine Nominierung als bester Film.

Generation Kunduz – Der Krieg der Anderen
OT: Generation Kunduz – Der Krieg der Anderen
Genre: Doku, Gesellschaft
Länge: 80 Minuten, D, 2011
Regie: Martin Gerner
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Eigenvertrieb Martin Gerner
Kinostart: 15.03.2012

Generation Kunduz Webseite