Krähen – Die Natur beobachtet uns: Kulturfolger in Schwarz

Die meisten Menschen haben ein eher negatives Verhältnis zu Rabenvögeln. So sie denn überhaupt die Krähen und Co wahrnehmen, die häufig nahe beim Menschen leben. Das hat durchaus seine Gründe und für die Vögel auch Vorteile. Von Vorteilen und Vorurteilen, vom Zusammenleben in Natur und Kultur erzählt der launige Dokumentarfilm von Martin Schilt. „Krähen – Die Natur beobachtet uns“ kommt am 16. November 2023 in die Kinos.

Der Mensch sei ein erfolgreicher Jäger. Im der Evolution des Tierreichs einer der erfolgreichsten. Biologen wie Bernd Heinrich, der schon lange Rabenvögel erforscht, argumentieren daher, dass es für Aasfresser wie es die Krähen und Raben typischer Weise sind, klug ist, sich in der Nähe von erfolgreichen Raubtieren aufzuhalten. Dort sei die Chance am größten sich über „Reste“ hermachen zu können.

Das funktioniert in der Wildnis für die Krähenvögel ganz hervorragend in der Nähe des Wolfes. Oder eben, evolutorisch gesehen und in human geprägten Lebensräumen in der Nähe des Menschen. Dabei hätten die Rabenvögel über die Zeit gelernt auch mit den Abfällen der Kultur zu überleben.

Galgenvögel und weise Tiere

Für das Überleben der Rabenvögel, die gemeinhin für sehr intelligente Tiere gehalten werden, sorgt vor allem eine Eigenschaft, die man auch als Neugier beschreiben könnte. Wissenschaftlich bezeichnen Forscher:innen das auch als Neophilie, als „Liebe zum Unbekannten“, als Offenheit gegenüber Andersartigem. Die Krähe versucht sich also auch am Popcorn oder am Rest eines Burgers, die achtlos im schnabelzugänglichen Papierkorb landen.

Dabei gehen die Vögel durchaus vorsichtig vor und erst wenn etwas als ungefährlich erprobt ist, kommt es auf den Speiseplan. Rabenvögel geben ihr Wissen weiter, sogar Generationenübergreifend. So zumindest haben es US-Wissenschaftler herausgefunden, die in verschiedenen Masken mit dem Krähen auf dem Unigelände in Kontakt getreten sind. War ein Maskenträger gefährlich für die Tiere, gab es anschließend Warnrufe, wenn die Maske in die Nähe kam. Das Langzeitprojekt läuft immer noch.

Auch auf der abgelegenen Insel Neukaledonien wo es keine Spechte gibt, haben sich die heimischen Krähen als einfallsreich erwiesen. Sie besetzen die ökologische Nische der Spechte. Dabei benutzen sie Werkzeuge um an die unter Baumrinden verborgenen Insekten zu kommen. Außer dem Menschen hat sonst kein Lebewesen einen Haken erfunden.

Nebelkrähen und Unglücksraben

Diese und weitere Beobachtungen reiht die Doku von Filmmacher Martin Schilt zu einem weitgehend unterhaltsamen Naturfilm aneinander. Darin geht es um die Vogelgattung der Corvidae und im speziellen ihr Verhältnis zum Menschen und dessen Kultur. Meistens kommen Forscher:innen weltweit zu Wort und beleuchten das Leben der Krähenvögel. Dann gibt es Ausflüge in die Kulturgeschichte, etwas einen Besuch beim Tower of London, oder die Erwähnung nordischer Sagen.

Angereichert werden die Naturbeobachtungen mit animierten Sequenzen und zusammengehalten werden die Krähenepisoden durch einen aus dem OFF vorgetragenen Erzähltext. Auf Deutsch hat die Journalistin und Autorin Elke Heidenreich die Erzählerfunktion übernommen und spricht von Krähen als unseren Chronisten. Mit dem Ausdruck habe ich so meine Schwierigkeiten, aber nicht jede Chronik muss ja auch für die Beobachteten verständlich sein und untereinander geben die Krähen ja scheinbar Zeugnis von dem Menschen und seiner Kultur. Auch kommt für mich, der ich ein jahrzehntelanger Krähenfan bin wenig Neues zur Sprache.

Dass die Aasfresser als Kulturfolger einen schlechten Ruf haben ist nicht zu leugnen. Der Film „Krähen – die Natur beobachtet uns“ ist großteils unterhaltsam und wissenswert zusammengestellt. Einiges wirkt unzusammenhängend und nur des umfassenden Bildes wegen eingebracht. Viele der Natur- und Vogelaufnahmen sind ebenso schön wie spektakulär. Andere Wissenschaftssequenzen rechtfertigen die große Leinwand nur bedingt. Aber das ist wahrscheinlich schlicht die falsche Sichtweise.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Krähen – Die Natur beobachtet uns
OT: Krähen – Die Natur beobachtet uns
Genre: Doku, Natur,
Länge: 90 Minuten, CH/A, 2023
Regie: Martin Schilt
Mitwirkende: Bernd Heinrich, Loma Pendergraft, Toshiho Nakamura,
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: DCM
Kinostart: 16.11.2023

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