Speck – Eine gute Reise: Album Review

Das Tonzonen Label ist der geneigten Hörerschaft ja bekannt für hochwertige Instrumentalmusik im Spielfeld zwischen Psychedelic, Krautrock und spacigen Erkundungen. So auch „Speck“, die das Label-Line up seit vergangenem Jahr verstärken. Das Wiener Trio bekennt sich zu ausufernden Jams und treibenden Rhythmen. Mit „eine gute Reise“ erschien im Oktober 2023 das zweite Album von Speck. Die Gemeinde hat was zu feiern.

Der Katzenzeremonienmeister holt auf der Coverwelt von „Eine gute Reise“ ein streunendes Feliden-Trio von der Wiese. Während im Teich noch der froschgebissene Arm eines Burgfräuleins um Hilfe winkt. Irgendwie wirkt die Szene ebenso naiv wie verspielt und fantastisch wie märchenhaft. Üblicher Weise sollte mensch annehmen, eine Reise beginne damit fortzugehen, doch dieser Trip beginnt mit dem Eintritt ins Studio-Lummerland.

Nach eigenem Bekunden hat das Wiener Trio zunächst den Raum akustisch erschlossen und sich dann auf musikalische Motivsuche gemacht. Dabei kamen neugierige Katzen vorbei und umspielten die Musiker:innen. Immerhin scheint sich dort die Inspiration für die Coverwelt zu finden, wobei auch die Musiker in Katzengestalt auftreten können. Nicht umsonst werden in den USA Sessionmusiker auch gerne „Cats“ genannt.

Auf „Eine gute Reise“ sind vier Songs zu hören, die jeweils ausufernd auf einem Rhythmus reiten. Das hat seine hypnotische Wirkung und einen ebenso rockigen Sound wie eine technoide Tanzboden-Tauglichkeit, obwohl hier „nur „ schlagzeug, Bass und Gitarre zusammen agieren. Auf Gesang wird bei Speckmehr oder minder verzichtet, wie ds häufig bei dieser Art von Musik der Fall ist.

Driving Beats from Vienna

Laut Bandinfo traf sich das Trio 2019 bei einem Festival in Wien, bei dem noch ein Auftritts-Slot zu füllen war. Kurzentschlossen sprangen Marcel Cultrera (Gitarre), Lisa Winkelmüller (Bass) und Patrick Säuerl (Drums) ein und sorgten für einen scheinbar recht flotten Auftritt. Speck waren geboren und beschlossen weiterhin gemeinsam auf die Reise zu gehen. nach einem selbstverlegten Debüt „Unkraut“ im Jahr 2020 spielte die Band noch eine „Metz-Session“. Und landete im Jahr 2022 auf dem Krefelder Tonzonen Label, wo sich etliche gleichgesinnte Musiker:innen und Bands finden.

By the Way: „Metz Sessions“ finden sich auch auf youtube und sind angetreten, um die junge alternative österreichische Musikszene bekannter zu machen. Falls der eine oder die andere aus der werten Leserschaft dort mal vorbeihört, sollten sich inzwischen bekanntere Namen wie Sunstain, Triptonus und Tentacula finden, deren aktuelle Alben seinerzeit auch hier vorgestellt wurden.

Aber zurück zur Hauptreiseroute: „Eine gute Reise“ beginnt mit dem schwer und flott cruisenden „Krautobahn, unbegrenzt“ und macht in den rund 14 Minuten spielzeit keine Boxenstops oder Pinkelpausen. Stattdessen geht es mit konstantem Bleifuss über den musikalischen Asphalt und die Gitarre gniedelt sich durch diverse Überholmanöver.

Mit dem Tempomat über die Krautobahn

Anschließend biegt „Kosmischer Regen“ für rund 9 Minuten in entspannte Gefilde ab. Bass und Schlagzeug haben bewiesen wie tight sie sein können und nun lassen sie Raum und schaffen Atmosphäre. Die Gitarre setzt wieder die Akzente und bedient sich entsprechender Raumfüllenden Effekte. Nach etwa 150 Sekunden kommt ein bisschen Abwechslung in die Stimmung. Es wird düsterer, verzerrter, türmt sich auf wie Gewitterwolken, aber der Regenguss zieht vorbei. Beim Vinyl wäre Seite A nun beendet.

Seite B ist ebenso aufgebaut. Zunächst eine längere Groove-nummer, dann ein kürzeres Lied, das eine andere Klangfarbe beschert. Zunächst braucht „Raumgenerator“ eine Viertelstunde um ein fettes Gitarrenriff zu zersägen. Wieder geht es leicht uptempo zur Sache und die Rhythmus-Sektion groovt phet vor sich hin. Nach guten fünf Minuten stolpert das Riff und taumelt einige Zeit über dem verlangsamten Rhythmus. Zum Ende hin gibt es dann wiederein aufbäumen.

Das ist auch notwendig um zu „Das Geisterschloss am Strand“ überzuleiten. Hier nimmt Speck langsam Fahrt auf, baut Spannung auf, die sich in krachig rockiger Manier entlädt. Nach acht Minuten ist der Spuk im Geisterschloss dann vorbei.

Poltergeister im Strandpavillion

In ihrer tanzbaren Rhythmik, die im wesentlichen kopfnickend nach vorne zeigt, erinnern mich Speck an die Freiburger Labelkollegen „Sound of Smoke“ die in ähnlichen Spacerock-Gefilden unterwegs sind. Deren „Phases“ hat mit im direkten Vergleich aus mehreren Gründen eher zugesagt, aber das ist ja immer auch Geschmackssache.
Ich bin an sich ein großer Fan instrumentaler Musik, auch und gerade, wenn sie rockiger daher kommt. Bei Speck allerdings fehlt mir innerhalb der ellenlangen Songs die Abwechslung. Ist mir schon klar, dass es auch dem musikalischen Prinzip des Jammens geschuldet ist. Aber Tracks dieser Länge funktionieren in ihrer straighter ausführung vor allem live im Konzert.

Auf Tonkonserve ist mir das etwas zu monoton. Und gerade, wenn das Trio gemeinsam an Tempowechseln und Dynamik arbeitet, empfinde ich mehr Musikalität als wenn die Rhythmus-Truppe im Wesentlichen den Teppich für Gitarrenauswüchse liefert. Selbst wenn sie musikalische und gelungen sind.

Mit „Eine gute Reise“ liefert das Wiener Space Rock Trio Speck eine feist groovende Hausmarke ab. Wer auf Instrumentalmusik mit psychedelischem und krautrockigen Charakter steht, sollte Speck definitiv ein Ohr gönnen. Oder besser bei einem Gig des Trios auftauchen. Auf Tonkonserve wäre in Sachen Abwechslung noch Luft mach oben. Da geht noch was.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Speck: eine Gute Reise
Genre: Krautrock, Psychedelic, Space Rock
Länge: 44 Minuten, A, 2023
Interpret: Speck
Label: Tonzonen
Vertrieb: Soulfood
Format: CD, Digital, Vinyl
VÖ: 20.10.2023

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