Hongkong hat formal in China immer noch einen Sonderstatus. Unter dem Motto „Ein Staat, zwei Systeme“ wird die Inselmetropole als Sonderverwaltungszone betrachtet. Doch 2014 kam es zu Protesten der Bevölkerung, die gewaltsam unterbunden wurden. Dies geschah 2019 erneut. Der Dokumentarfilm „Be Water – Voices from Hongkong“ sammelt Stimmen der Protestierenden und verknüpft sie mit außenpolitischen Bemühungen im Umgang mit China.
Hier bei brutstatt.de fangen wir gerne von vorne an, damit auch jede:r mitkommen kann, der interessiert und willens ist. Das Gebiet der Metropole Hongkong gehört historisch zu China. Im Opiumkrieg wurde Hongkong 1841 von den Briten besetzt und war anschließend lange Kronkolonie. 1997 gab das Vereinte Königreich Hongkong an China zurück. Unter der Prämisse, dass in der chinesischen Sonderverwaltungszone (englisch Special Administrativ Region, kurz SAR) weiter freie Marktwirtschaft und innere Autonomie herrschen, wurde Hongkong wieder chinesisch. Die SAR soll bis 2047 gelten.
Doch ab den2010er Jahren mehren sich die chinesischen Interventionen gegen die Selbstverwaltung von Hongkong. 2014 fanden die sogenannten „Umbrella Proteste“ statt, bei denen tausende Bürger für ihre demokratischen Rechte und Freiheiten demonstrierten. 2019 wurde erneut protestiert, weil sich die Bedingungen in Hongkong zunehmend verschlechtern. Davon erzählt der Film „Be Water“.
Umbrella-Proteste 2014 & die Folgen
Das Motto „Be Water“ bedeutet für die Aktivisten und Protestanten immer in Bewegung zu bleiben. Mit den Aktionen kreativ und spontan zu sein, damit die Polizei es schwerer hat, die Proteste zu unterbinden. Doch darauf reagiert die Staatsmacht zunehmend mit Gewalt. Zum Teil sollen auch organisierte Schlägertrupps, die von der chinesischen Mafia gestellt werden, die Ordnungskräfte unterstützen. Die Bilder und Kommentare von den Protesten in der Doku sind erschütternd. Und mit dem nervösen Habitus privater Aufnahmen, dieser sogenannten „Found Footage“-Aufnahmen, sorgen die Eindrücke für ein aufrüttelnde Miterleben.
Daneben setzt „Be Water“ darauf, Protestlern und Aktivisten eine Stimme zu verleihen. Die Originalkommentare kommen aus dem Off und werden unterlegt mit Bildern, in denen eine in Berlin gelandete Aktivistin durch die Stadt streift. Das wirkt als Bebilderung ein wenig willkürlich, hat aber immerhin einen urbanen Touch. Bisweilen werden auch animierte Sequenzen zu den Kommentaren gezeigt.
„Hoffnung ist ein kollektives Handeln“
In einer dritten Filmebene begleitet „Be Water“ den „Die Grünen“-Politiker Reinhard Bütighofer, der als Abgeordneter im Europaparlament sitzt, und nicht nur aufgrund seines Sinologie-Studiums als China-Experte der Partei gilt. Einerseits zeigt die Doku den Arbeitsalltag des Politikers, andererseits aber auch dessen Bemühen und jenes der EU, die bilateralen Beziehungen zu China zugleich aufrecht zu halten wie auch kritisch zu begleiten.
Doch immer wieder perlt westliche Kritik an China mit dem Verweis auf „innere Angelegenheiten“ ab. Da wirkt der aufmunternde demokratische Abschlussapell von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen so zynisch wie er von den Filmemacher:innen wohl auch gemeint ist. Besserung ist für die freiheitsliebenden Menschen in Hongkong nicht in Sicht.
„Be Water – Voices form Hongkong“ versammelt auf eindrucksvolle Weise Filmaufnahmen von den Protesten in Hongkong 2019 und Originalstimmen von Protestierenden. Das wird unkommentiert gezeigt. Bisweilen ist das ein wenig verwirrend. Ebenso macht es die Orientierung im Film schwierig, dass zum Schutz der Personen, deren Gesichter nicht gezeigt werden. An der chinesischen Politik wird diese Doku wenig ändern, aber sie ist ein wichtiges Zeitdokument und zeigt auch auf wie der Staat China mit internationalen Absprachen umgeht.
Film-Wertung: (6 / 10)
Be Water –Voices from Hongkong
OT: Be Water –Voices from Hongkong
Genre: Doku, Politik
Länge: 92 Minuten, D, 2023
Regie und Zusammenstellung: Lia Erbal
Produktion: Günter Hanfgarn, Andrea Ufer
Vertrieb: Drop Out cinema
Kinostart: 07.09.2023
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