Spider-Man: Far From Home: Klasse Klassenfahrt

Endlich hat mal jemand die wahre Superkraft von „Spider-Man“ Peter Parker erkannt und in Szene gesetzt. Vergiss doch die ganzen Spezialeffekte, das ganze Action-Gelöte, die kosmische Alienbedrohung, diesen ganze techische Aufrüstung und ja, auch weg mit dem „Blip“! Spider-Man ist ein Teenie, der verknallt ist und er ist auf Klassenfahrt. Forever Young – Ewig jung! Das ist dermaßen unterhaltsam und lustig, dass es einen ganzen Film trägt und auch eine Ära beenden kann.

Und es ist das Privileg der Jugend noch eine Gespür für das ganz große Gefühl zu haben. Nichts Geringeres als Whitney Houstons „Bodyguard“-Hit „I Will always love you“ kann als Schwanengesang auf all jene Superhelden genügen, die uns im Gefecht mit Thanos („Avengers Endgame“) verlassen haben. Geschrieben hat den Hit übrigens die Grand Dame der Country-Music, Dolly Parton. Aber Vorsicht, wahrscheinlich gehört schon die Erwähnung, dass im vorangegangenen „Avengers“-Film Superhelden umgekommen sind, zu dem, was man heutzutage als Spoiler ansieht.

Schließlich hat man uns Profi-Glotzer ja gebeten, nicht zu spoilern. Ich formuliere es mal so: Glaubt irgendjemand im Zielpublikum, dass der von Superstar Jake Gyllenhaal gespielte „Mysterio“ tatsächlich ein neuer Mentor für Spider-Man ist? Einer, der die Lücke füllen kann, die Welt vor außerirdischen Bedrohungen zu retten? Spider-Man als Side-Kick in seinem eigenen Film? No way.

Letztlich ist es aber auch ein wenig gleichgültig, womit sich die Superhelden in „Far From Home“ herumschlagen. Gleichwohl könnte man über den großartig ausgelegten und gespielten Mysterio hier noch ein paar Worte verlieren. Die Figur ist geradezu perfekt für unsere Zeit.

Ned: „Was passiert hier gerade?“
Peter: „Ich glaube, Nick Fury hat unsere Ferien gekapert.“

Peter Parker nun wiederum ist keine Greta Thunberg („Fridays for Future“) und hat nicht vor, sich den Schulausflug nach Europa von Nick Fury versauen zu lassen und die Welt zu retten. Am besten reagiert man einfach nicht auf nervtötende Anrufe. Aber in dieser Filmsituation sind die Zuschauer klüger als die Hauptfigur, wir wissen: Wenn der Held nicht zu der Bedrohung geht, dann kommt die Bedrohung zu ihm.

Dieser Peter Parker, der Tom Holland – Spidey, der Schuljunge, war in seinem ersten Abenteuer „Homecoming“ noch in die blonde Streberin Liz verknallt. Jetzt allerdings hat Peter bemerkt, dass MJ (Zendaya) nicht nur einen coolen, düsteren Humor hat, sondern auch Peters Pumpe in Wallung bringt. Dessen Pläne für die Europareise mit den Stationen Venedig und Paris sind überaus romantisch. Als icing on the cake: Sich einen Kuss stehlen auf dem Eifelturm…Ned hat da ganz andere Pläne, schließlich weiß er, dass Europäerinnen auf Amis stehen und träumt von einer Art „Bachelor“-Extrastaffel in Europa.

Quentin Beck: „Heutzutage glauben die Leute alles“

Doch leider, leider sind wir in einem Marvel-Superhelden-Action-Bockbuster und so stehen vier garstige, personifizierte Elementarkräfte von einer Parallel-Welt, „Elementals“, dem jungen Glück im Wege. Die überbordende Lebensfreude, die der Film vermittelt, findet zwar keine Entsprechung in den CGI-Effekten, die wie im Vorgänger etwas räudig und wischi-waschi aussehen, aber wen juckt‘s.

Fury und der namenlose Held, der bald als Mysterio bekannt wird, brauchen wegen Abwesenheit anderer (erwachsener) Helden die Hilfe von Spider-Man. Der tut sich schwer, die Reise sausen zu lassen, auf die er sich so gefreut hat, und schiebt berechtigterweise vor, seine Geheimidentität könne auffliegen. Doch da hat der Parker die Rechnung ohne den Fury gemacht. Wer einst eine Heldengruppe wie die Avengers zusammenbringen konnte, der kriegt auch einen pubertären Bengel zum Mitmachen.

„Spider-Man: Far From Home“ ist ein toller Teenie-Film, der auch jenen Spaß machen kann, die irgendwo noch jung geblieben sind. Das Tempo stimmt, die Sprüche sind flockig, und am Ende hat der junge Held mal wieder bewiesen, dass mit großer Kraft auch große Verantwortung einhergeht. Das muss man nicht etxra erwähnen, oder?

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Spider-Man: Far from Home
OT: Spider-Man: Far from Home
Genre: Action, Fantasy, Superhelden,
Länge: 129 Minuten, USA, 2019
Regie: Jon Watts
Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Jake Gyllenhaal,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Sony Pictures
Kinostart: 04.07.2019