Altenpfleger Rainer hat nicht mehr lange zu leben. Doch der Sensenmann, der ihn abholen soll, vertrödelt sein Extraktions-Zeitfenster. Weshalb Rainer nun einen Aufschub bekommt und der Tod nicht nur Rainers Ex kennenlernt, sondern auch noch ein bisschen am Leben schnuppern darf. Die Verfilmung von Thees Uhlmanns gleichnamigen Debütroman kommt am 31. August 2023 in die Kinos.
Als der Tod (Marc Hosemann) bei Altenpfleger Rainer (Dimitrij Schaad) in der Wohnung steht, lässt er dem Sterbenden genau drei Minuten, seine Angelegenheiten zu regeln. Rainer vertrödelt mit Ungläubigkeit das meiste der Frist, argumentiert dann bis es an der Tür klingelt und Sophia (Anna Maria Mühe) Rainer abholen will. Der hatte ganz vergessen, dass seine Mutter, die auf dem Land lebt, zum Geburtstag geladen hatte.
Jetzt aber schnell, mahnt die Ex den Rainer, doch da meint der Tod noch ein Wörtchen mitzureden zu haben. Hat er aber nicht mehr. Denn die drei Minuten sind um, wer weiß wann das nächste Sterbe-Zeitfenster aufgeht oder wie der Tod das nun wieder zu regeln gedenkt. Also geht das Trio erstmal auf Bahnfahrt und der Tod darf auch mal ein Bier trinken. Ein Überraschungsgast für Mutti.
Die Frage stellt sich auch beim Weihnachtsmann: Wie kann der überall gleichzeitig sein? Nun denn, beim Tod als Wille und Vorstellung von Thees Uhlmann respektive Charly Hübner ist es eine etablierte Agentur, die über mehrere Sendboten und -innen verfügt, die die Sterbenden in ihren letzten Momenten abholen und hinüber geleiten ins wie auch immer geartete Jenseits.
„Sie sind mir grad‘ von der Schippe gesprungen!“
Die leitende Angestellte heißt Michaela (Lina Beckmann) und der etwas vertrödelte Tod hört auf den Namen Morten de Sarg, was ganz erheblich an Terry Pratchetts „Scheibenwelt“ erinnert. Aber nicht weiter stört. Vielmehr hat es durchaus Charme, den Sendboten des Todes im Diesseits zu halten und ihn alltägliche Erfahrungen machen zu lassen. Ein Fisch auf dem Trockenen.
Ärgerlich ist dann nur die schluffige Gesellschaft. Rainer, der nur Weißwein trinken will, während er vor sich hin kritzelt, vergisst auch schon mal (wieder) den Geburtstag seiner alleinstehenden Mutter. Wie wahrscheinlich wäre es, dass ich da in ähnlicher Situation von meiner Ex zur Anfahrt aufs Land genötigt werde? Aber nun ist das Trio unterwegs und Anna Maria Mühe gibt sich selbige in der gegen den Strich gecasteten Rolle zumindest Ansätze von Bewegungsmomentum in die Chose zu bringen.
Doch es braucht weitere weibliche Unterstützung um Rainer und Morten aus der Verharrungsstarre zu lösen. Johanna Gastdorf regelt alles mit Mutterwitz und pragmatischem Charme, da bin ich mir sicher. Endlich jemand, der da kompetent und wehrhaft gegen das Rumhängen anwütet.
„Ich helf‘ nur bei der Überfahrt“
Nu je, es sollte inzwischen klar sein, dass diese Art von Story und Humor nicht auf meiner Wellenlänge liegen. Mir ist das zuviel Pop-Belletristik. Da hängt die lyrische Nonchalance dann durch, die in Songtexten von Musik getragen für kurzweilige Unterhaltung und emotionale Impression herhalten kann. Hier nun fehlt das tragende Element, eben weil der Rainer so wenig will, dass es zwar Mitleid erregt, vor der Zeit sterben zu müssen, aber die die drängende Frage der Mitlebenskrise auch nicht beantworten kann: Was willst du noch vom Leben? Da hat’s im Organigramm und auf der Dachterrase von Michaela und Gabriel schon mehr metaphysischen Pfeffer.
Ist auch nicht so, dass die beiden Schaffenden, der Uhlmann und der Hübner sich nicht schon zuvor versucht hätten. Richtig, beides als Roman- beziehungsweise Spielfilmdebüt zu bezeichnen. Aber: Buch ist Buch und Film ist Film. Daher der Verweis auf vorangegangene (stimmigere) Werke. „Wir könnten Freunde werden. Die Toccotronic-Tagebücher“ veröffentlichte Uhlmann 2000. „Wildes Herz“, Hübners Doku über Feine Sahne Fischfilet und Neonazis im Ostdeutschland kam 2017 in die Kinos. Interessierte Leser:innen und Zuschauer:innen sollten beide eher dokumentarischen Werke gerne nachholen.
„Sophia, der Tod und ich“ schickt ein recht schräges Trio auf einen ultimativen Roadtrip. Das hat durchaus seine launigen Momente, sofern der Slacker-Humor einem nicht total abgeht. Dieser Schluffi hing schon mit Beuteltieren ab. Da ist dessen jetziger und nächstbeste Kumpel schon tödlich verpeilter. Charly Hübners Spielfilm-Regiedebüt ist arg gemütlich ausgefallen. Anarchische Kante hätte gekonnt, fehlt aber. Ist vermutlich auch in der literarischen Vorlage nicht zu finden. Ist eben Liedermacher-Indie-Pop und kein Punk.
Film-Wertung: (5 / 10)
Sophia, der Tod und ich – Ein ultimatives Roadmovie
OT: Sophia, der Tod und ich
Genre: Komödie, Drama
Länge: 98 Minuten, D, 2023
Regie: Charly Hübner
Vorlage: Gleichnamiger Roman von Thees Uhlmann
Darsteller:innen: Dimitrij Schaad, Johanna Gastdorf, Anna-Maria Mühe, Marc Hosemann
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: DCM
Kinostart: 31.08.2023