Abenteuerland: Mit Paddel am Gipfelkreuz

Reiseberichte sind schon in der Literatur klassischerweise eine ganz eigene Angelegenheit gewesen. Der Abenteurer, Journalist und Familienvater Christo Foerster sucht in der eigenen Umgebung nach persönlichen Abenteuern. Daraus ist die Idee einer Deutschlandreise entstanden. In zwei Monaten aus eigener Kraft vom höchstem zu nördlichsten Punkt Deutschlands zu gelangen. Nun macht eine Doku diesen Trip vor. IMFilm und 24 Bilder bringen „Abenteuerland“ ab dem 22. Juni 2023 in die Kinos. Zuvor geht „Abenteuerland“ aktuell ab dem 12.6. auf Kinotour.

Der studierte Sportwissenschaftler und Journalist Christo Foerster hat vor einiger Zeit die Idee der so genannten „Mikroabenteuer“ entwickelt. Kurz gesagt handelt es sich dabei um einen „Natur“ausflug ohne Auto oder Flugzeug. Übernachtet wird ausschließlich in freier Natur ohne Zelt und ohne Spuren zu hinterlassen. Länger als drei Tage sollten die Mikroabenteuer nicht dauern.

Aus diesen kleinen Ausbrüchen aus dem Alltag entwickelte sich die Idee einmal länger unterwegs zu sein und das eigene Heimatland besser kennenzulernen. In acht Wochen soll es von der Zugspitze in Süddeutschland bis zum Nordzipfel der Insel Sylt gehen. So eine Reise aus eigener Kraft in dieser Zeit zu schaffen, macht Planung notwendig und die Entscheidung für ein Transportmittel, das schneller ist als die eigenen Füße.

Die Saale – wie ein skandinavischer Fjord

Und weil die Ausrüstung auch die ganze Zeit dabei ist, wird das Gewicht zu einem Faktor. Die Entscheidung für Wasserwege als maßgebliche Route ist nicht so weit hergeholt, schließlich haben haben Menschen jahrhundertelang Wasserstraßen zum Transport genutzt und dabei auch die Strömung genutzt. Diese Wege mit Stand-up Paddelboard zu befahren ist dann schon wieder abenteuerlicher. Aber darum geht es schließlich auch.

Und um die andere Perspektive, die sich vom Wasser aus bietet. Beim Start an der Zugspitze ist die Ausrüstung zunächst aber vor allem Ballast, der mitgeschleppt werden muss. Auch gestaltet sich der Weg anfangs nicht so paddel-tauglich wie angenommen und der Abenteurer muss viele Wege laufend bestreiten. Erzählt wird die Reise von Christo Foerster selbst und gefilmt wird von Filmmacher Kai Hattermann, der die Reise immer wieder für einige Tage begleitet. Und dennoch entsteht eine zusammenhängende Reiseerzählung, die auch für das Publikum einen Mehrwert bereithält.

„Das Hier und Jetzt konsequent würdigen.“

Spektakulär indes sind weder die Bilder noch die Reiseimpressionen oder die Beobachtungen des Abenteurers Christo Foerster. Die stete Übernachtung in der Hängematte ist zunächst doch gewöhnungsbedürftig, nicht alles klappt und von der anfänglichen Ausrüstung verabschieden sich schnell notwendig geglaubte Kleinteile. Es gibt Erschöpfungszustände, Unpässlichkeiten und immer wieder Hindernisse zu überwinden – oder zu umgehen.

Wie eingangs erwähnt, der Reisebericht, gerne auch mit Betonung auf der eigenen Empfindsamkeit, beginnt nicht erst mit Goethes „Die italienische Reise“. Bereits der arabische Rechtsgelehrte Ibn Battuta protokollierte seine Reisen und Begegnungen Jahrhunderte zuvor. In vordigitaler Zeit ist aus dem Reisebericht dann der Diavortrag geworden, heute stehen Reisenden filmische Mittel zur Verfügung.

Dabei geht es auch immer darum, andere teilhaben zu lassen, Erfahrungen als Inspiration anzubieten und (mehr oder weniger) auch darum, das eigene Abenteuer finanziell etwas abzufedern. Im Fall von „Abenteuerland“ ging eine Crowdfunding-Kampagne voraus und der Protagonist ist quasi „Abenteuer“-Profi.

„Das ist das Schöne an der Reise, dass sie unzählige Neuanfänge hat.“

Insofern ist „Abenteuerland“ ähnlich gestrickt wie die Reisereportage „Südafrika – Der Kinofilm“ von Silke Schranz und Christian Wüstenberg, die 2016 in die Kinos kam. Oder „Vom Kiez zum Kap“, das Fußballabenteuer zweier FC St. Pauli Fans, die mit dem VW Bus zur WM nach Südafrika fahren. Oder auch die Motorrad-Weltreise des Journalisten Christian Vogel, „Egal was kommt“. Und wie der Erfolg von Ha-Pe Kerkelings Pilgertour „Ich bin dann mal weg“ zeigt: solche Erfahrungsberichte treffen durchaus den Zeitgeist. „Abenteuerland“ hat inhaltlich auch etwas eigenes zu bieten: Mikroabenteuer.

Das mag sich nun wie eine Modeerscheinung anhören, aber die Idee, sich kurze, naturnahe Auszeiten zu gönnen, hat ihre ganz praktikablen, ökologisch bewussten und wirtschaftlich niederschwelligen Reize. Das kann jede:r probieren, der oder die sich traut. Einfach mal raus aus der eigenen Komfortzone und andere Eindrücke und Perspektiven finden. Durchaus vorstellbar, dass daraus auch eine andere Zufriedenheit, Verbundenheit und Gesundheit für Körper und Geist erwachsen kann.

Das Publikum muss sich einlassen auf diese Art Selbsterfahrungsbericht und je nachdem wie abentuerlustig die Zuschauer:innen sind, lässt sich aus dem vorgestellten Freizeitwert und Nutzen ziehen. Das nun republikweit Menschen auf Mikroabenteuer anspringen ist nicht zu erwarten, wahrscheinlicher treffen Abenteuerwillige auf ihren Reisen eher vereinzelt auf Gleichgesinnte.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Abenteuerland – Christo Foersters Reise von der Zugspitze bis nach Sylt
Genre: Doku, Reisebericht
Länge: 87 M;inuten, D, 2023
Regie: Kai Hattermann,
Mitwirkende: Christo Foerster
FSK: Ohne Altersbeschränkung, ab 0 Jahren
Vertrieb: ImFilm, 24 Bilder
Kinostart: 22.06.2023

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