Mavka – Die Hüterin des Waldes: Verständigung mit Musik

Der ukrainische Animationsfilm „Mavka – Hüterin des Waldes“ ist bereits vor seinem offiziellen Kinostart hierzulande ein Filmerfolg. „Mavka“ wurde unter schwierigsten Bedingungen produziert und in der Originalfassung bereits im April in unseren Kinos gezeigt – Mit großem Erfolg. Nun bringt Splendid Films das Animationsmärchen ab dem 8. Juni 2023 auch in synchronisierter Fassung in die Kinos.

Frühlingserwachen in den Urwäldern der Ukraine. Die junge Seele des Waldes, Mavka, erwacht und weckt alle Tiere und Pflanzen des Waldes. Schon bald bestellt der Hüter des Waldes alle Bewohner ein, denn von den Urgeistern wird ein neuer Hüter des Waldes berufen. Die Wahl fällt auf Mavka.

Gleichzeitig ist aus dem nahegelegenen Dorf der junge Musiker Lukas aufgebrochen um einen ganz bestimmten Baum zu suchen. Just vor Mavkas Ernennung hatten sich die beiden getroffen, und es gelang Lukas Mavka mit seinem Flötenspiel anzurühren.

Doch das Verhältnis der Waldbewohner und der Menschen ist zerrüttet, seit vor Jahrzehnten der Besitzer der Sägemühle nach Hilfe für seine schwer kranke Tochter fragte. Der Hüter des Waldes hat ihm einen Leben spendenden Trunk gegeben, woraufhin der Sägemüller mit Waffen und Feuer zurückkam, um mehr von dem Elixir zu bekommen. Die Menschen wurden zurückgeschlagen, doch seitdem sind sie im Wald nicht gerne gesehen.

Nun scheinen sich die Geschehnisse zu wiederholen, denn die Tochter des Sägemühlenbesitzers ist ins Dorf zurückgekehrt und versucht Waldarbeiter anzuwerben. Einzig Lukas meldet sich, weil sein Großvater krank ist und er das Geld braucht, um in der Stadt Medizin zu kaufen. Denn die Möglichkeiten der Kräuterheilerin sind begrenzt und können nichts mehr ausrichten.

Flötentöne

Mavka – Hüterin des Waldes“ ist vor allem aufwändig produziert und besticht durch seine spektakuläre Optik. Eigentlich in 3D produziert, wird der Film wohl kaum stereoskopisch vorgeführt werden, da diese Welle des Erlebniskinos (zumindest hierzulande) wieder verebbt ist. Dennoch sehen die Charaktere, die fantastisch zum Leben erweckten Zauber- und Fabelwesen des Waldes faszinierend und schillernd aus. Mavka und ihre Kolleginnen haben einen elfenhalften Touch und eine feingeistige Schönheit.

Dahingegen wirkt die Welt der Menschen schon etwas grobschlächtiger, cartoonhafter und plumper. Aber auch die Menschen haben etwas zu bieten: Es gibt Musik. Und Lukas träumt davon die Musik seiner Gruppe auch in der großen Stadt vorzustellen. Städte, erklärt er Mavka an einer Stelle des Films, seien Wälder aus Stein und Beton. So richtig nachvollziehen kann sie nicht, was er dort will, aber ihr gefallen die Töne und Melodien, die ihr unbekannt sind und in ihre Gefühle auslösen.

Doch diese romantische Annäherung wird nachhaltig gestört von der Bösen, die nur ihren eigenen Vorteil im Sinn hat. Daraus ergibt sich quasi absehbar ein großer Konflikt zwischen Natur und Mensch bei dem die Hüterin des Waldes ein großes Wagnis eingehen muss, um den Wald zu schützen.

Naturmystik

Dier Erzählung in „Mavka“ geht zurück auf das poetische Theaterstück „Das Waldlied“ der Dichterin Lessja Ukrajina, das 1911 entstand. Darin sind bereits Sagen und Mythen in naturimpressionistischer Weise verarbeitet. Im Film kommen noch folkloristische Elemente wie Trachten und Musik dazu. Wobei die Musik, die sich durch dominanten mehrstimmigen weiblichen Gesang auszeichnet, nicht unbedingt ukrainisch ist, sondern südosteuropäisch und in der Gegend um das Schwarze Meer herum verbreitet. Es finden sich wesensähnliche Gesänge in Bulgarien, Rumänien und Nachbarstaaten.

Im Film werden die Melodien mit modernen Beats unterlegt, wie das für populäre Tanzmusik schon häufiger geschehen ist und auch beim Eurovision Song Contest zu hören ist, oder auch auf poppigeren Events der Elektropop-Szene. Das hat durchaus Groove und Charme und ist so etwas wie Folklore 2.0. Aber es gibt auch ein eher schwülstiges Duett zu hören, das genauso gut in einer Disney Verfilmung Platz finden könnte.

Vertrauen schaffen

Letztlich ist die Geschichte in „Mavka – Hüterin des Waldes“ etwas schlicht ausgefallen, oder auch familienfreundlich. Es gibt genügend populäre Filmsequenzen, die einen internationalen Nerv treffen können. Die Themen Umweltschutz, Naturschutz und Zerstörung sind in der Ukraine zwar gerade sehr aktuell, aber als Motive durchaus zeitlos. Das Publikum täte dem Animationsfilm sicher keinen Gefallen, würde zuviel Aktualität in die Handlung hineininterpretiert.

Immerhin liegen in dem Karpatenausläufer, der auf Ukrainischem Territorium liegt, einige der letzten Urwälder der warm gemäßigten Klimazone und mit dem Reaktorunfall von Tschernobyl war hier schon in den 1980er Jahren eine Umweltkatastrophe geschehen.

„Mavka – Hüterin des Waldes“ ist ein modernes und unterhaltsames Filmmärchen, das vor allem durch seine tolle Optik zu wirken versteht. Ist das Publikum erst einmal visuell gebannt, ist auch die absehbare Geschichte verzeihlich und fügt sich in eine familienfreudliches Kinoerlbebnis ein.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Mavka – Die Hüterin des Waldes
OT: „Mavka. Lisova pisnya.“ Aka „Mavka. The Forest Song“
Genre: Animation, Sagen
Länge: 97 Minuten, UKR, 2023
Regie: Oleg Malamuzh, Oleksandra Ruban
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Splendid Films
Kinostart: 08.06.2023