Die wahren Bastarde: Treck ins Ungewisse

Mit dem zweiten Band seiner Fantasy-Trilogie „Die geteilten Lande“ verlagert Autor Jonathan French den Fokus auf eine weitere Hauptfigur: die Halbork-Kriegerin Augenweide. Doch das Schicksal meint es nach wie vor nicht sonderlich gut mit den Keilerreitern der „Grauen Bastarde“. Autor French keilt gehörig aus und schickt die eingeschworene Gemeinschaft von Haudegen, die schon im ersten Teil unterwegs waren, durch wendungsreiche Abenteuer. Veröffentlicht bei Panini Books seit 25. April 2023.

Zwei notwendige Vorbemerkung bei sich fortsetzender Handlung. „Die wahren Bastarde“ lässt sich auch ohne Kenntnis von Band 1 lesen. Die Infos über bisherige Entwicklungen werden im Lauf der Geschichte wieder präsent gemacht, wie sich das für geschicktes Geschichtenerzählen gehört. Aber: es macht nur halb soviel Spaß. Ebenso gilt nicht als Spoiler, was schon in Teil eins veröffentlicht wurde. Da die Handlung von „Die wahren Bastarde“ nach etwa einem Jahr einsetzt, ist es kaum möglich wesentliche Handlungselemente nicht zu verraten. Aber der Text bemüht sich nicht allzu viele Details preiszugeben. Der Lesespaß sollte also erhalten bleiben.

Die Grauen Bastarde waren eine der Halbork-Rotten, die die geteilten Lande beschützten. Die Welt von Jonathan Frenches Fantasy ist besiedelt wie fast Alles im Genre nach Tolkiens „Mittelerde“ von Menschen, Elfen, Halblingen und Orks. Dazu gibt es ein wenig Magie und vor allem viel archaisches Kämpfen. Die geteilten Lande sind jenes Gebiet, das das Orkreich von jenem der Menschen trennt. Die Landschaft ist karg, öde und gebirgig und hier leben die Halbork-Rotten.

Die Grauen Bastarde

Stämme von Kriegern, die auf gezähmten Keilern reiten und abstammen von ehemaligen Sklaven. Erst deren erfolgreicher Kampf in den Orkkriegen hat den Rotten ein eigenes Reich eingebracht. Die Rotte der „Grauen Bastarde“ wurde im vorangegangenen Teil von erheblichen Erschütterungen getroffen. Ein Krieger namens Schakal versuchte den siechenden Rottenmeister abzulösen und scheiterte. Daraufhin wurde er als Nomade verstoßen.

Doch der Halbork-Zauberer, der dem Rottenmeister hinterhältig beraten hat, hat auch ausgelöst, dass die Orks die geteilten Lande wieder erobern wollten. Zudem wurde von einem wahnsinnigen Menschenmagier Chaos verursacht und eine schwangere Elfe weckte Begehrlichkeiten bei vielen Mächtigen. In dem Kämpfen wurde die Brennerei, die Heimstätte der Grauen Bastarde, zerstört und der Rottenmeister getötet.

Nun führt Augenweide die Bastarde an. Die nennen sich nicht mehr grau, sondern die wahren Bastarde. Mühselig und unter Entbehrungen versuchen die wenigen eingeschworenen Krieger ihre Festung wieder aufzubauen. Auch um den Menschen, die im Schutz Bastarde leben, Sicherheit zu gewähren.

Nomadenrisiko

Doch eine neue Gefahr durchstreift die geteilten Lande. Ein Rudel wilder Hunde oder Hyänen reift nicht nur Tiere an, sondern auch die Nachschublieferungen für die Bastarde. Außerdem wird Augenweide als Frau von den Führern der anderen Halbork-Rotten nicht anerkannt und leidet zudem unter einer verfluchten Krankheit. Abhilfe kann vielleicht jener Halblling schaffen, der bereits Schakal das Leben rettete. Doch bevor sich Augenweide dorthin aufmacht, wird sie von den Cavalleros aus Hisparta gefangen genommen, weil sich die Bastarde für hingerichtete Halbork-Nomaden gerächt haben.

Mit dem zweiten Teil seiner Fantasy-Trilogie bleibt sich Autor Jonathan French treu und schildert das Milieu der Halborks irgendwo zwischen Biker-Gang und Outlaw-Leben mit kräftiger, teils derber Sprache. Allerdings rückt mit der neuen Anführerin auch die Perspektive in ein anderes Licht. Und auch die Qualität der Abenteuer ändert sich. Augenweide ist in beinahe jedem Kapitel beteiligt und die Erzählung folgt ihrem Schicksal auf dem Fuß. Insofern ist es leicht, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren und den Faden nicht zu verlieren.

Überraschend aber bleibt, wie es Jonathan French gelingt, nicht direkt den Führungsstil zu ändern, wohl aber die Herausforderungen an die Rotte und ihre Chefin anzupassen. Hier geht es bei aller Keilerei und Actionlastigkeit vor allem darum, die Bande zusammenzuhalten. Es geht darum, Verantwortung für Schutzbefohlene zu haben und strategische Entscheidungen zu treffen, die das tägliche und das langfristige Überleben sichern. Dabei ist diese Geschichte wie jede gute Erzählung auch eine Reise zur Selbsterkenntnis.

Die Grube der Huldigungen

Das ist ziemlich packend in handfeste Fantasy gepackt und entwickelt sich nach einer anfänglichen Orientierungsphase zu einem page turner, der die Leserschaft an die Seiten fesselt. Erstaunlich ist dabei so manche Wendung, die Autor French aus dem Ärmel zaubert, ohne dabei auf Altbewährtes zurückzugreifen. So kommen neben der neuen Bedrohung, die noch einiges zu bieten hat, weitere „neue“ Bewohner dieser Fantasywelt in die Erzählung hinein und die Bastarde selbst sind ebenfalls nicht vor personellen Veränderungen gefeit.

War bereits der erste Teil eine ganz eigene Fantasy-Welt, die nur auf gängige Kreaturen und Typen aus dem Genre zugreift, diese aber mit Versatzstücken aus der Motoradclub-Saga „Sons of Anarchy“ mischt und mit dem staubigen Umfeld eines Ödlandes würzt, so kommt im zweiten Teil etliches an neuen Elementen und Landschaften hinzu. Da steigt die Spannung für den abschließenden Teil ganz von selbst.

Selten war der Mittelteil einer Trilogie so packend und so handlungsgetrieben. Statt die Erzählung in die Breite zu entwickeln, haut „Die wahren Bastarde“ immer noch neue Handlungselemente raus und hält das Überraschungsmoment konstant hoch. Ein starkes, actiongeladenes Fantasy-Epos.

Roman-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Die Wahren Bastarde – Die geteilten Lande, Band 2
OT: „The True Bastards“ – „The Lot Lands“ Book 2, USA, 2019
Genre: Fantasy, Roman,
Autor: Jonathan French
Übersetzung: Helga Parmiter
ISBN: 978-3-8332-4333-2
Verlag: Panini Books, Broschur, 652 Seiten
VÖ: 25.04.2022

die Wahren Bastarde bei Panini Books