Providence 1: Das große Schwimmen nach Misery

PROVIDENCE1_vorschauMan kann die Erwartungen an eine Comic-Legende natürlich auch noch in die Höhe schrauben und die neue Serie von Alan Moore und Jacen Burrows als das „Watchmen“ des Horror-Comics stilisieren, bevor die Serie überhaupt aus den Startlöchern kommt. So hat Avatar das in den USA getan und Panini das hierzulande übernommen. Oder man kann sich nach dem schon recht abgedrehten „Necronomicon“ des selben Kreativteams einfach fragen, wohin die Reise geht, wenn sich Alan Moore des Gruseluniversums von H. P. Lovecraft annimmt? Die Antwort ist in geografischer Hinsicht recht einfach und für die Serie titelgebend: Nach „Providence“.

Im New York des Jahres 1919 macht der junge und ambitionierte Reporter Robert Black an die Untersuchung einer vermeintlichen Selbstmordserie, die mit einem mysteriösen Buch in Verbindung stehen soll. Der Journalist macht einen kälteliebende Doktor ausfindig, der ihn weiter in die dunklen Winkel der Bronx schickt. Doch die Spur des mysteriösen Buches führt nach Neuengland. In Providence trifft der neugierige Reporter dann auf seltsame Leute und einen kauzigen geheimen Zirkel.

Providence-3-a

Providence03women_MrsBoggsMarsh_color-cxZu Lebzeiten wurde dem phantastischen Autor H. Pl. Lovecraft noch unterstellt, er könne eigentlich nicht schreiben, später wurden seine Stories auch mal unter Rassismusverdacht gestellt und es dauerte eine ganze Weile, bis man Lovecrafts Werk, dass häufig um dem Chutullu-Mythos und um eine geheimes, verbotenes Buch der schwarzen Künste – “Necronomicon“- kreist, auch endlich literarisch zu würdigen wusste. Wer in dieser Richtung mehr Lesestoff braucht, dem sei an dieser Stelle der 2014 bei Golokonda erschienene Essay Lovecrafts: „Das übernatürliche Grauen in der Literatur“ empfohlen.

Aber zurück zu „Providence“: Moore und auch Burrows arbeiten sehr geschickt mit Versatzstücken und Anspielungen aus Lovecrafts Werk und Leben. Man muss das nicht kennen, um die eigenständige Story, die keineswegs nur eine Adaption ist, zu genießen, aber es steigert den Lesespaß ungemein. Und gerade diese Metaebene hat „Providence“, zumindest in den vier US-Ausgaben des ersten deutschen Sammelbandes, mit „Watchmen“ gemein. Moore denkt ein Genre auch gerne auf einer Metaebene mit und baut hier geschickt einige Twists und Irritationen ein. Mehr zu verraten, wäre an dieser Stelle fahrlässiges Spoilern.

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Die Anreicherung der US-Ausgaben mit ellenlangen Tagebucheinträgen und anderen literarischem Beiwerk, sorgt zwar für Vielschichtigkeit, ist aber beizeiten auch ein wenig redundant und langatmig. Einige der Tagebucheinträge haben lediglich Blacks Gefühle und einige wenig relevante Gedanken als literarischen Mehrwert zu bieten. Als aufmerksamer Comicleser kann man diese allerdings auch an den großartigen Zeichnungen von Jacen Burrows ablesen. Aber Alan Moore, der das Thema und auch die Biographie Lovecrafts selbstredend durchdrungen hat, neigt ja gerne dazu, seine Stories mit Anhängen aufzupeppen (siehe „Das Schwarze Dossier“ der „Liga der ungewöhnlichen Gentlemen“). Gelegentlich beschleicht einen auch schlicht der Verdacht, die vielschreibende Comic-Ikone brauche einfach Geld. Nicht so in „Providence“.

Alan Moore und Zeichner Jacen Burrows machen mit „Providence“ nicht da weiter, wo sie mit dem „Necronomicon“ aufgehört haben, sondern Moore wählt einen neuen, breiter gefassten Ansatz, um sich auf diversen Ebenen dem Lovecrafts Kosmos des „Unnennbaren“ zu nähern. Der erste Schritt der über zwölf US-Ausgaben konzipierten Serie ist gemacht und schürt die Lust auf  mehr. Fans klassischen, mystischen Horrors sind hier richtig. Der beste Moore seit Langem.

Comic-Wertung:8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

PROVIDENCE1_Softcover_361Moore / Borrows: Providence 1
OT: Providence 1-4, Avatar Press 2015
Genre: Horror,
Autor: Alan Moore
Zeichner: Jacen Burrows
Farben: Juan Rdoriguez
Übersetzung: Gerlinde Althoff
FSK: Empfohlen ab 18 Jahren
Verlag: Panini Comics, Softcover, 176 Seiten,
VÖ: 09.12.2015

Providence 1 bei Panini Comics

Alan Moore in der englischen Wikipedia

Jacen Burrows in der englischen wikipedia

H.P. Lovecraft in der englischen Wiklipedia