Apewards – Akrasia: Album Review

Ich fang einfach mal mit einen AC/DC Zitat an: „It’s a long way to the top, if you wanna rock’n’roll“. Das gilt auch für das Heavy Rock Trio Apewards, die mit „Akrasia“ ein feines neues Album vorlegen. Die Band besteht seit 2012 und bringt nach diversen anderen Tonträgern nun am 5. Mai 2023 im Selbstvertrieb das Konzeptalbum „Akrasia“ heraus. Aber keine Bange, der Titel ist keineswegs musikalisches Programm. Im Gegenteil: Weniger ist manchmal mehr.

Gerade mal eine halbe Stunde Spielzeit gönnen uns Apewards auf ihrem neuen Album. Die allerdings hat es in sich und mit neun sehr abwechslungsreichen Songs Einiges zu bieten. Soweit die Infos nahelegen, ist „Akrasia“ ein Konzeptalbum und die beiden Seiten des Vinyls stehen jeweils unter einem eigenen Thema. Zunächst „Together“ dann „Decay“.

Die jeweils letzten Songs der beiden Kapitel fallen auch aus dem musikalischen Rahmen. „Together Silent“ beschließt dem „Together“-Teil als klassisch inspiriertes Akustikgitarren-Solo. „Half an Angel“ beendet den „Decay“-Teil und auch das Album als Keyboard-getragenes, instrumentales, atmosphärisches Schlussstück. So wie auch der Schlussstein eines Kathedralenbogens die gesamte Konstruktion erst stabilisiert. Wobei sich konzeptmäßig schon fragen ließe, wohin die Reise geht?

Kathedralenbögen

Das war nun wieder zu schnell zu viel Detailinformation. Aber: Im Design wie in der Kunst gibt es zwei Grundprinzipien. Die Form folgt der Funktion, oder aber (bei einem Konzeptalbum), die Funktion folgt der Form. Insofern ist das Soundgemälde „Akrasia“ nun annähernd gerahmt.

Bliebe noch der kryptische Titel, der ein philosophisches Prinzip bezeichnet, nachdem der Mensch – grob gesagt – wider besseres Wissen eine Entscheidung trifft. Bereits Sokrates hatte dazu die Überlegung, dass so etwas dem Menschen gar nicht möglich sei, stattdessen scheint die scheinbar unvernünftigere Entscheidung andere „Vorteile“ zu bieten. Ich schweife ab und bewege mich auf wirres „Bill & Ted“ Territorium. Volle Kanne, Hoshi.

Jetzt aber zur rockenden Kernkompetenz auf „Akrasia“. „Last Dance“ eröffnet den druckvollen Reigen aus gitarrenlastigen Sounds und gelungenen Songs. Das Gitarrenriff startet schwer und groovend, stoppt dann kurz, um die Bühne für den Gesang freizumachen, bevor es gemeinsam auf einem knackigen Rhythmusteppich in die Engtanzphase geht. Starker Opener und völlig stimmig als erste Video-Single ausgekoppelt.

Von letzten Tänzen und Verweigerungen

Bereits mit „Anima“ kommt dann die erste Überraschung daher. Überraschung, sofern die Hörerschaft der stilistischen Einordnung klassischer, bluesiger Hard Rock folgt. Hier geht es lockerer zu. Der Gesang redet fast, die Gitarre liefert dazu Harmonien und das Ganze hat eine latino-mäßige Leichtigkeit, die an die Hits von Cake in den Neunzigern erinnert. Das macht schon Freude. Der fuzzige Bass und das Herunterfahren des Tempos sind überraschend und funktionieren, nehmen dem Song aber auch den Hitcharakter.

„Stories“ ist ein straighter Rocker, erzählt laut Presseinfo interessante Dinge und zeichnet sich vor allem durch den fast Heavy Metal-artigen Songaufbau aus. Hier zeigt sich erneut die gesangliche Bandbreite, die im Opener schon selige Zeppeline beschwor. Eingängiger Refrain und viel Schub, sichere Sache. Und wieder ein Tempobreak drin.

„Take the Lead“ beginnt gitarrengetragen und balladesk, erzählt von Aufbrüchen und unbekannten Wegen. Inzwischen hat das Tempo auch angezogen und der Refrain glänzt wieder mit eingängiger Hookline. „Together Silent“ beendet dann Album-Abschnitt „Together“.

Das Fuzzpedal aus dem Dingsfuttteral

Irgendwie wird es in „Decay“ dreckiger, schwerer. Der Fuzz-Auftakt von „Death Cult of Denial“ mündet in klassische Stoner-Sounds und der vergleichsweise klare Gesang macht den Song zu einer ganz eigenen Sache. Wohl einer meiner Lieblingssongs und definitiv ein Anspieltipp. Auch hier wird mittenteils das Tempo gedrosselt und Spannung aufgebaut. Das Gitarrensolo erinnert mich direkt an die hinreißende letzte Rotor-Scheibe.

Mit dem folgenden „What holds us Together is Decay“ scheint es so, als wären lange Songtitel auch ein Symptom des Verfalls. Nach einem schwer rockenden Songauftakt schließt sich ein sphärischer Teil an, der fast etwas Proggiges hat, doch der Refrain haut dann wieder die Rock-Attitüde raus. Gutes Lied.

Der Titelsong „Akarsia“ hat vielleicht die erkennbarsten Slow Blues Einflüsse. Die Melodie fließt entspannt, kommt an Stromschnellen vorbei und nimmt nach Verwirbelungen die vorherige Geschwindigkeit wieder auf. Getragene, ruhige Stimmung, die irgendwie das Gegenteil zu den Vocals vermittelt.

Easy like Sunday Morning

Hört sich nicht nach „I’m trapped in my own mess“ an. Insofern assoziiere ich die Faith No More’sche Ironie in der „Easy“ Cover-Version. Bis es dann wieder ernst wird und 200 Sekunden wird diese Falle mit einem Ausbruch gesprengt. Sehr schön das Ganze. Quasi als Postludium oder Nachspiel dann das bereits gelobte „Half an Angel“.

Abschließende Bemerkungen: glücklicherweise haben Apewards, was übersetzt „nach oben“ bedeutet, wie eingangs angedeutet, irgendwie aber auch „Ape“ und „ward“, also Menschenaffe und Station (wahlweise geschlossene), im Wort mitträgt, ihr Album mit dem griechischen Ausdruck betitelt und nicht den lateinischen (incontinentia) genommen.

Das Album wurde komplett analog und mit wenigen Overdubs aufgenommen. Der Sound, den Produzent Matt Knorr im Studio Red Roof Loftsound hingezaubert hat, macht einfach Laune und ist wunderbar direkt und organisch ausgefallen. Dieser Art von Musik kommt das sehr zugute.

Three of a Perfect Pair

Abschließend sein noch auf das bisherige Output von Apewards hingewiesen. Die Band, die sich in Marburg gefunden hat, spielte seit 2012 im Eigenvertrieb diverse EPs und nun drei Alben ein. 2019 verließ der eigentliche Gitarrist die Band allerdings, und der Rest beschloss als Trio weiterzumachen. Die Gitarrenparts übernimmt der Sänger und wie gut das auch live funktioniert, lässt sich in dem auf youtube zu genießenden Mitschnitt „Apewards live im KFZ Marburg“ erfahren, der 2020 als Pandemie-Gig eingespielt wurde.

Um ehrlich zu sein, war ich mit der Band bislang nicht vertraut, habe mir aber das letzte Album in Vierer-Besetzung, „We the Living“, angehört, das ebenfalls gefallen hat. Allerdings ist weniger mehr. Als Trio gefallen Apewards mir besser. Der Sound und auch die Gitarrenparts sind offener, der Rhythmus kommt knackiger zum Tragen und auch und vor allem, sind die Songs einfach stärker.

„Akrasia“ ist ein Album für Freunde gitarrenlastiger Rockmusik, die auch gerne etwas Abwechslung auf dem Plattenteller hätten. Sicherlich Siebziger beeinflusst und mit Inspirationen aus Stoner und Alternative Rock finden Apewards ihre kraftvolle Nische und legen ein starkes Album vor. Einziger Kritikpunkt wäre die kurze Spielzeit, aber heute hört ja eh keiner mehr ganze Alben. Hut ab, dass die Apewards in Eigenregie seit mehr als einer Dekade durchhalten und hörbar immer noch Spaß an der Musik haben.

Album-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Apewards: Akrasia
Genre: Blues Rock, Heavy Rock
Länge: 35 Minuten, D, 2023
Interpret: Apewards
Label: Selbstvertrieb
Format: Digital, CD, Vinyl
Album-VÖ: 5.5.2023

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