Red Riding Hood: Im roten Umhang durch die Blutnacht

Aus dem Archiv in den #äFantasyFebruar: „Red Riding Hood“ von 2011. Der Mystery-Thriller Red Riding Hood erzählt die altbekannte Geschichte des Rotkäppchena und mischt den Märchenstoff auf geschickte Weise mit den Gruselaspekten des Werwolfmythos. Die „Twilight“-Regisseurin Catherine Hardwicke liegt dabei genau im Erfolgstrend ebenjener Saga und richtet sich vornehmlich an ein junges Publikum. Filmisch ist „Red Riding Hood“ unterhaltsam, mehr aber auch nicht.

Rotkäppchen gehört zu den bekanntesten europäischen Märchengestalten und die Zahl der Adaptionen und Variationen des Themas in Literatur, Theater und Film sind unzählig. Dabei musste das junge Mädchen schon für etliche Interpretationen als Blaupause herhalten. Auch die Angst vor Werwölfen gehört zum Entstehungsmythos des Märchens. Auf dem Weg zu ihrer kranken Großmutter durchquert Rotkäppchen einen finsteren Wald und wird von einem Wolf aufgehalten und abgelenkt, der daraufhin die Großmutter und später auch das Rotkäppchen frisst. Soweit der Kern der Fabel.

In „Red Riding Hood“ wird das mittelalterliche Dorf Daggerhorn seit Generationen von einem Wolf bedroht. Die Einwohner besänftigen die Bestie, die in vollmondigen „Wolfsnächten“ ihr Unwesen treibt, durch Tieropfer. Normalerweise ist der Spuk damit auch gebannt, doch nun hat der Wolf wieder einen Menschen getötet und die Dorfbewohner sind in heilloser Aufregung. Während einige Männer sich aufmachen, die Bestie zu erlegen, ruft der Dorfpfarrer den Kirchenexperten Pater Solomon (Gary Oldman) herbei.

Das Opfer des Wolfs ist die ältere Schwester der schönen Valerie (Amanda Seyfried). Valerie ringt gerade damit, dass ihre Eltern sie Henry (Max Irons), dem Sohn des Dorfschmieds, versprochen haben, obwohl sie seit Kindheitstagen den Holzfäller Peter (Shilo Fernandez) liebt. Valerie und Peter beschließen gemeinsam aus dem Dorf zu fliehen, als die Bestie zuschlägt. Aus den romantischen Plänen wird nun erstmal nichts.

Der Jäger kommt

Mit der Ankunft von Vater Solomon ändert sich einiges im Dorf, denn Solomon ist überzeugt, dass es sich bei der Bestie um einen Werwolf handelt, der unerkannt mitten in der Dorfgemeinschaft lebt. Das gegenseitige Misstrauen wächst und die Maßnahmen der kirchlichen Eingreiftruppe werden zunehmend inquisitorischer. Doch der Wolf ist mächtig. Er liefert sich nicht nur ein ungleiches Kräftemessen mit Pater Solomon, sondern bedroht auch Valerie.

„Red Riding Hood“ integriert etliche Motive in das Thema des Märchens und bleibt dem Kern der Erzählung doch treu, in dem es um das erotische und sexuelle Erwachen junger Mädchen geht. Das Ende der kindlichen Unschuld droht Valerie auch ganz konkret durch die bevorstehende Heirat, die ihrer Kindheitsliebe entgegensteht. Die Möglichkeit, dass ihr Liebster oder ihr Verlobter sich in Vollmondnächten in eine blutdürstige Bestie verwandeln, irritiert Valerie so, dass sie beginnt, an ihrer Liebe zu zweifeln. Auch weil sie als einzige im Dorf in der Lage ist, mit dem Wolf zu reden.

Als jugendliche Romanze funktioniert „Red Riding Hood“ aufgrund der Rivalität von Valeries beiden Verehrern ähnlich wie auch „Twilight“. Das eher harmlos Monströse des Werwolfs erinnert ebenfalls stark an die erfolgreiche Filmreihe. Doch es gibt etliche weitere Parallelen, vor allem in der Art des Filmaufbaus und der Dramaturgie. Das verwundert nicht weiter, da Regisseurin Catherine Hardwicke auch für den ersten Teil der Erfolgsfilme zuständig war. Nachvollziehbar also, dass die Produzenten eben jene Publikumsgruppe ins Auge gefasst haben, die auch für die romantische Vampirsaga ins Kino strömten.

Rivalen um die Schöne

Der Grusel- und Mysteryfaktor des Films ist hingegen weniger gelungen: Nicht nur, dass der Werwolf nicht sehr furchteinflößend ausfällt, auch dramaturgisch wandelt sich die Spannung in Filmverlauf immer mehr in das klassische Krimirätsel „Who dunnit?“(Wer war’s). Die Inszenierung wirkt nicht immer überzeugend und die Kulisse des im tiefsten Wald gelegenen Dorfes ähnelt erinnert gelegentlich an tschechische Märchenfilme. Das wird allerdings von gelungenen Kameraflügen wieder wettgemacht.

Die schauspielerische Leistung des Ensembles ist in einigen Szenen verwirrend mäßig. Abgesehen von den beiden Hauptdarstellern Seyfried und Oldman wirkt der Rest der Figuren trotz namhafter Schauspieler wie Virginia Madsen, („Sideways“) Julie Christie (Doktor Schiwago“)und Billy Burke („Twilight“) nicht immer überzeugend, fast so wie hinter einem märchenhaften Schleier. Über die Statisten breite ich an dieser Stelle einen Schleier des Verschweigens.

So bleibt von „Red Riding Hood“ ein zwiespältiger Eindruck und das Eingeständnis, dass ich nicht zur Zielgruppe gehöre und den währen Unterhaltungswert des Films nicht einmal ansatzweise erfasse. Es bleibt aber auch die sichere Gewissheit, dass in diesem Rotkäppchen ein besserer Film schlummert.

Die Werwolf-Variante des Rotkäppchenmotivs hat gute Ansätze bleibt aber gerade durch die Ausrichtung auf ein junges Zielpublikum zu sehr in deren vermeintlicher Erwartungshaltung gefangen, um wirklich auf ganzer Linie zu überzeugen. Seine Zuschauer wird „Red Riding Hood“ trotzdem finden.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Red Riding hood
OT: Red Ridnig Hood
Genre: Fantasy,Horror
Länge: 113 Minuten, USA, 2011
Regie: Catherine Hardwicke
Darsteller:innen: Amanda Seyfried, Lucas Haas, GaryOldman
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Warner
Kinostart: 21.04.2011
DVD-VÖ: 02.09.2011