Leonard Cohen, der 2016 verstarb, hat einmal gesagt, letztlich wisse niemand, wie ein Song entsteht. Er sei ein Geschenk, das einem nicht gehöre. Tatsächlich haben wenige Lieder der jüngeren Vergangenheit ein solches Eigenleben entwickelt wie Leonard Cohens Pop-Hymne „Hallelujah“. Die Doku, die hierzulande am 17. November 2022 in die Kinos kommt, verquickt auf sehenswerte Weise die Karriere und das Leben Cohens mit der Erfolgsgeschichte dieses Lied, von dem viele lange Zeit nicht wussten, dass es von Leonard Cohen komponiert wurde.
Es beginnt quasi mit einem Kniefall. Die Doku „Halleluja“ fängt damit an, dass der gealterte Poet und Sänger Leonard Cohen das Lied 2013 kurz vor Weihnachten auf der Bühne aufführt. Während des Singens fällt er auf die Knie, ganz so als wollte er eine höhere Macht lobpreisen.
Dieser Auftritt soll Cohens letzter sein. 2016 verstirbt der „Songpoet“, dessen Karriere beinahe überhaupt nicht stattgefunden hätte, weil die Manager der Plattenfirma nichts mit dem kanadischen Schriftsteller aus gutem Hause anfangen konnten. Das war mehr als nur die Ratlosigkeit, wie dieser einfühlsame Liedermacher zu vermarkten sei.
Maybe there’s a God above
Unter Künstlern und Kollegen erwirbt sich Leonard Cohen schnell einen Ruf. Und mit Beharrlichkeit und einem Gespür für getragene Lieder wird der Liedermacher Ende der 1960er Jahre bekannt. Als Autor und Dichter gelangen Leonard Cohen zuvor einige Achtungserfolge. Cohen feiert Erfolge, aber Ende der 1970er Jahre nimmt er sich eine Schaffenspause.
As for me all I ever seemed to learn from love
1984 nimmt er das Album „Various Positions“ auf, auf dem auch „Hallelujah“ enthalten ist. Die Plattenfirma weigert sich das fertig produzierte Album herauszubringen. Doch Cohen findet einen Weg die Lieder an die Öffentlichkeit zu bringen. Ausgerechnet „Hallelujah“ entwickelt sich zum Erfolg. Allerdings nicht in der Version von Leonard Cohen, sondern durch unzählige Cover-Versionen. Die bekannteste mag zu jener Zeit die von Jeff Buckley gewesen sein, dessen Song angelehnt ist an jene Variante, die der ehemalige Velvet Underground Musiker John Cale sich angeeignet hat.
Is how to shoot at someone who outdrew you
Der viel zu früh tragisch verstorbene Jeff Buckley macht „Hallelujah“ zur Hymne einer Generation. In der Folge entstehen annähernd 500 Versionen des Liedes. Und auch Leonard Cohen bekommt den Ruhm, der ihm als Liedermacher und Dichter gebührt. Cohen hatte jahrelang an dem Lied gearbeitet, bevor er es aufnahm. Es sind etliche dutzend Strophen entstanden, die mal heiliger, mal weltlicher ausfallen.
Yeah but it’s not a complaint that you hear tonight
In den 1990ern verschwindet Leonard Cohen für etliche Jahre von der Bildfläche. Der Liedermacher zieht sich in ein Zen-Kloster zurück und lebt als Mönch. Nur um anschließend festzustellen, dass ihn sein Management um sein Geld gebracht hat. Mit über 60 Jahren muss der berühmte Musiker wieder von Neuem beginnen. Und sein Alterswerk, die Phase nach dem Kloster, gehört zu den erfolgreichsten Jahren in Leonard Cohens Karriere. Vor allem die weltweite, konstante Bühnenpräsenz verhilft Leonard Cohen zu Legendenstatus.
It’s not the laughter of someone who claims to have seen the light
Die beiden Dokumentarfilmer:innen Daniel Geller und Dayna Goldfine haben zusammen bereits einige Doku gedreht („Die Galapagos-Affäre“). Nachdem im Jahr 2019 eine Doku mit Archivmaterial über die Beziehung von Leonard Cohen und der Norwegerin Marianne Ihlen, die eine Zeit lang seine Muse war, erscheinen ist, war fraglich, was eine weiter Cohen Doku noch für Erkenntnisse bringen kann. Vor alle, da es einige höchst sehenswerte gibt wie etwa die Tour-Doku „L.C.: Bird on a Wire“ (1974) oder der Konzertfilm „L.C.: I’m your Man“ (2005).
No it’s cold and it’s ever a lonely Hallalujah
Es gelingt „Hallelujah“ irgendwie ein Biopic um die Geschichte eines Liedes herum zu konstruieren. Das ist auch deshalb so faszinierend, weil auch Musiker zu Wort kommen, die das Lied selbst interpretiert haben. Außerdem kommt mit dem Musikjournalisten Larry „Ratso“ Sloan ein profunder Cohen-Spezialist und Freund zu Wort, der die Karriere quasi von Beginn an direkt verfolgt hat.
Hinzu kommt ein gutes Gespür der Filmmacher für Montage und Schnitt, so dass beispielsweise direkt nach dem ergreifenden anfänglichen Konzert-Ausschnitt das originale Musik-Video von ‚84 eingeblendet wird und das Publikum wieder auf den Boden der Pop-Realität holt.
Selbst wenn Leonard Cohens „Hallelujah“ zu den beliebtesten und vielleicht auch überpräsentesten Liedern der Musikgeschichte gehört, gelingt es der Doku die Faszination des Liedes zu umtanzen und sich der Entstehungsgeschichte und dem Künstler hinter dem Lied so zu nähern, dass man/frau als Zuschauer:in gerne dranbleibt und wissen will, was das nächste Kapitel erzählt.
Film-Wertung: (8 / 10)
Hallelujah: Leonard Cohen, A Song, A Journey
OT: Hallelujah: Leonard Cohen, A Song, A Journey
Genre: Doku, Musik, Biografie
Länge: 118 Minuten, USA, 2021
Regie: Daniel Geller, Dayna Goldfine
Mitwirkende: Leonard Cohen (Archiv), Larry „Ratso“ Sloan, Sharon Robinson, Judy Collins
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Prokino
Kinostart: 17.11.2022
PS: international ist der Film, bei Sony Classic im Vertrieb, weil Sony auch die Musikalben von Leonard Cohen vertreibt.
Ein Kommentar
I loved and love him