Samurai Manji ist einfach nicht totzukriegen. Das liegt weniger an seinen überragenden Schwertkampf-Skills als vielmehr an der verhexten Unsterblichkeit, die der reuevolle Krieger aufgehalst bekommen hat. Mit der Mangaverfilmung „Blade Of The Immortal“ legt Japans “Kult“-Regisseur Takashi Miike seine 100. Regiearbeit vor. „Blade Of The Immortal“ ist nicht nur eine optischer Leckerbissen, der voll von wilden Kampfchoreografien ist, sondern auch eine ziemlich moderne japanische Action-Pop-Oper.
Als Samurai in der ausklingenden Edo-Ära ist es schwer seine Moral zu behalten. Weil der Dienstherr des Samurais Manji (Takuya Kimura) diesem befahl, unschuldige Leute zu töten, tötete Manji auch seinen korrupten Dienstherren und dessen Leibwächter. Manjis Schwester musste das Gemetzel mitansehen und verlor darüber den Verstand. Auf der Flucht muss sich Manji nun einer Hundertschaft von Kopfgeldjägern stellen, doch es gelingt ihm nicht, seine geistig verwirrte Schwester zu beschützen. Von Rachedurst getrieben und von einer 800 Jahre alte Hexe Yaobikuni verflucht, metzelt Manji daraufhin die Kopfgeldjäger nieder.
Ein halbes Jahrhundert später bekämpft der bis dahin unbekannte junge Schwertmeister Anotsu (Sôta Fukushi) alle traditionellen Kampfschulen. Entweder schließen sie sich seiner Itto-Ryu–Schule an, oder Anotsus Gefolgsleute töten die Schuler und Lehrer. Darunter ist auch Meister Asano. Von dessen Schwertkampfschule und Familie bleibt nur die junge Tochter Rin Asano (Hana Sugisaki) am Leben.
Rin sinnt auf Rache und macht sich auf die Suche nach dem legendären Samurai Manji. Dieser fühlt sich dem Mädchen verpflichtet, weil sie seiner verstorbenen Tochter bis aufs Haar ähnelt. Der Samurai und das Mädchen beginnen einen scheinbar aussichtslosen Rachefeldzug, der zu einigen überraschenden Begegnungen führt.
Rache, die durch Jahrhunderte wütet
Jetzt kommt erstmal Nerdkram, zur Filmvorstellung im engeren Sinne kommt es weiter unten. Während das amerikanische Westerngenre wie eine Modeerscheinung über die Jahre gelegentlich aus dem Mainstream verschwindet, ist das japanische Pendant, der Samurai-Film, scheinbar konstant beliebt und wird auch in der Pop-Kultur immer weiter entwickelt und variiert. Das hat auch etwas damit zu tun, dass man auf Hokkaido und den angrenzenden Inseln ein ausgemachtes Faible für Comics und Zeichentrick-Filme hat. Die Bildgeschichten laufen nicht selten über ellenlange Serien. Und führen ihr Sujet dadurch in einer Intensität aus, die man in der westlichen Kultur so nicht gewohnt ist.
Auch „Blade of The Immortal“ basiert auf einen erfolgreichen Manga. Der Mangaka Hiroaka Samura erzählt zwanzig Jahre lang (1993- 2012) von der epischen Story der unsterblichen Samurai, die mit Hilfe von verhexten Blutwürmern immer wieder regenerieren. Dabei gliedert sich das Epos in 219 Einzelkapitel und vier Hauptgeschichten. Im Jahr 2008 erschein zudem eine Anime-Serie zu „Blade of The Immortal“, die allerdings nur eine Staffel mit 13 Folgen lang ausgestrahlt wurde.
Nun also hat sich Takashi Miike des Stoffes für seinen Jubiläumsfilm ausgesucht. Nach offizieller Lesart ist „Blade of The Immortal“ Miikes 100. Spielfilm. Das Drehbuch stammt von Tetsuya Oishi, der bereits die Realverfilmungen des Mangas „Death Note“ mit einer filmtauglichen Story versorgt hat und in diversen Serien sein Talent als Autor unter Beweis stellte. Hierzulande ist wie in dem Anime-Genre üblich kaum etwas davon auf dem Markt.
Vom Manga zur Serie zum Film
Der japanische Filmsektor gehört zu den produktivsten der Welt und ist mit seiner Studio-Struktur eine beachtliche wirtschaftliche Größe. Ebenso wie die indische Filmindustrie in Bollywood hat der japanische Film aber keinen derartig großen weltweiten Absatzmarkt wie das alles beherrschende Hollywood. In Asien sieht das bezogen auf Marktanteile zwar anders aus, aber wir befinden uns hier ja in Westeuropa und da finden selten genug deutsche Filme ihren Weg ins Kino. Asiatisches Kino erscheint hierzulande von Festivals und einigen namhaften Ausnahmen abgesehen direkt im Home Entertainment Sektor. Das ist schade, da die bildgewaltigen Szenarien auf einer Leinwand einfach besser rüberkommen, Flachbild-Fernseher hin oder her.
So, nun aber wieder zu „Blade Of The Immortal“ (Nerdkram zuende). Takashi Miike hat sich im Laufe seiner siebenundzwanzigjährigen Karriere als Regisseur mit einigen bizarren und brutalen Werken einen Namen gemacht. Gewalt und sexuelle Perversion gelten als Themen, mit denen sich der Regisseur immer wieder auseinandersetzt. Auch dem Samurai-Genre bleibt Miike treu, nach den beiden Remakes von klassischen Sechzigerjahre Samuraifilmen „13 Assassins“ und „Hara-Kiri“, die hierzulande quasi als letzte Miike Filme erschienen (ebenfalls bei Ascot Elite, die die 3 Filme nun auch als Takashi Miike Box veröffentlichen).
„Blade of The Immortal“ unterscheidet sich wesentlich von den beiden genannten Filmen. Es geht in der Manga-Verfilmung wesentlich fantastischer zu und obwohl die Story alle wesentlichen Elemente eines Samurai-Films aufweist, bietet das mythologische Element eine Steilvorlage für die Action-Sequenzen. Und in der Tat sind die Kampf-Choreografien der etlichen Duelle das Highlight des Films. Die wahnwitzigen Waffen – obschon beschränkt auf Hauen und Stechen- haben schon beinahe Steampunk-Charakter und die Zweikämpfe sind mit erstaunlicher Dymamik versehen. Das hat man so lange nicht mehr gesehen. Ein amerikanischer Kollege ging sogar soweit, zu behaupten „Blade of the Immortal“ beinhalte die besten Kampfszenen seit „Kill Bill“. Dazu sag ich jetzt mal nix, da Takashi Miike ja immer wieder als japanischer Tarantino tituliert wird.
Fakt ist allerdings, das Miike aus der Unsterblichkeit Manjis keine abgedreht artifiziellen Ballett-Tänze kreiert, wie das „Tiger & Dragon“ tut, sondern Manjis Wurmheilung als Steilvorlage für etliche Splatter-Momente nutzt. Das ist nur für Miike-Neulinge gewöhnungsbedürftig, für Fans die Gelegenheit huldigend nieder zu knieen. Manji ist keineswegs der überlegene Schwertkämpfer, er ist einfach nur nicht kaputt zu kriegen.
Wunderbarer Weise hat auch die Story immer wieder unvorhergesehene Wendungen anzubieten und als Manji erkennen muss, dass er nicht der einzige unsterbliche Kollege ist, der durch die Gegend zieht, kommt es zu einer erstaunlichen Begegnung, die bei aller gebotenen und gelungenen Theatralik doch in einem „Ritter der Kokosnuss“-Duell endet.
Mit dem fantastisch-opulenten Samurai“-Actioner „Balde of The Immortal“ ist Takashji Miike ein höchst unterhaltsames und splatter-mäßiges Genre-Highlight gelungen, dass nicht nur mit seiner postmodernen Nonchalance punktet, sondern sein Sujet mit abstrusem Humor auch überbordend auf die Spitze treibt.
Film-Wertung: (9 / 10)
Blade of the Immortal
OT: Mugen No Jûnin
Genre: Action , Samurai, Fantasy
Länge: 141 Minuten, J, 2017
Regie: Takashi Miike
Manga-Vorlage: Hiroaki Samura
Darsteller: Takuya Kimura, Hana Sugisaki, Sôta Fukushi, Hayato Ichihara, Erika Toda
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
DV- & BD-VÖ: 12.01.2018
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