Ansichten am Donnerstag # 39: Fachjargon, Amtsdeutsch und Denglisch

Neulich stolperte ich beim Stöbern in dem, was die Kollegen so schreiben, über den Ausdruck „weepy“ der mich stutzig gemacht hat. Gemeint war ein anrührendes Drama, das auf die Tränendrüse drückt. Als ich mich über die Sprachkreation wunderte, gab es gleich Schelte.

Denn auch die Kollegen und -innen aus der Spiele- bzw. Lifestyleredaktion wundern sich, wenn ich völlig selbstverständlich von einem „Bio-Pic“ oder einer „Mockumetary“ rede. Andersherum verstehe ich die anderen Menschen auch nicht immer.

So hat jede Sparte und Berufsgruppe ihren Fachjargon, jede soziale Gruppe ihre Sprachcodes, die nur Eingeweihten gleich verständlich sind, bei anderen Menschen aber durchaus zu Verwirrung führen. Das verquastete Amtsdeutsch, das dazu führt, dass der Bürger seine Briefwahlunterlagen nicht begreift, mal ganz außen vor gelassen. Das ist wieder so eine Sache für sich genau wie der Juristenschnack, der vor allem rechtlich unanfechtbar sein muss, verständlich braucht er nur den Auguren zu sein.

Fachchinesisch

Anders bei uns Cineasten, wir schreiben schließlich, damit die Leute damit etwas anfangen können und ins Kino gehen. Folglich sollte ich auch auf meinen Sprachgebrauch achten und nicht für eine interessierte Minderheit geistige Höhenflüge ausarbeiten.

Dass sich da der eine oder andere englische Ausdruck einschleicht, liegt ein bisschen in der Natur der Sache. Schließlich ist Englisch die Lingua franca der Welt und viele Filme muss ich von Berufs wegen auf Englisch schauen. Und last but not least sind die englischen Begriffe häufig so treffend und so fluffig kurz: „Screamer“ für einen Gruselfilm, „Sequel“ für Fortsetzung, „Bio-Pic“ für gespielte Filmbiografie.

Ich sehe darin weder fortschreitende Sprachdekadenz noch den totalen Verlust der Muttersprache, sondern eher eine Art Betriebsblindheit. Die ist allerdings weit verbreitet. Und für die Community hat solcher Sprachgebrauch auch ein bisschen was Exklusives.

Nun, ich nehme mir die Kritik zu Herzen und versuche mich zu bessern. Aber erst nachdem ich die gefakte Rock-Mockumentary über den ftp-server downgeloaded und reviewt habe.

Viel Spaß im Kino.

(ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de am 10.09.2009)