Ich bin zugegebenermaßen kein großer Harry Potter Fan, aber das tut nix zur Sache. Nach der medienfüllenden Berichterstattung brauche ich auch nicht mehr ins Kino zu gehen, ich weiß sowieso schon alles. Schön ist das nicht!
Nicht, weil es mich nicht interessiert, sondern weil die Kollegen schon so entsetzlich viel Wesentliches verraten. Aber keine Angst, hier gibt’s jetzt keine weiteren Spoiler. Worum es überhaupt geht? Na darum, dass es vielleicht eine kleine weltweite Minderheit gibt, die nicht weiß und nicht wissen will, worum es im sechsten „Harry Potter“ Film geht, bevor sie es selbst auf der Leinwand genießt. Diese scheinbar undenkbare Bevölkerungsgruppe, vergleichbar mit einem gallischen Dorf, hat es momentan extrem schwer, Widerstand zu leisten.
Denn in beinahe jedem Bericht wird Wesentliches aus dem Film verraten. Es wird gespoilert, was das Zeug hält. Dazu nochmal kurz die feine Begriffsdefinition von Wikipedia: „Ein Spoiler ist eine Information, die dazu geeignet ist, den Genuss Dritter am Konsum eines Mediums zu verderben (engl. to spoil „verderben“).“ Soweit klar. Harry Potter, und das war schon bei früheren Teilen der Fall, ist ein Paradebeispiel wie man sowas in den Medien nicht machen sollte.
Filmkritiker beweisen mit Erwähnung von Wendungen auch, dass sie im Kino waren
Eben weil die Bücher so überaus erfolgreich waren und eben weil auch die Filme so erfolgreich sind, gehen die Medien davon aus, dass sowieso jeder weiß, was in dem Film passieren muss. Der potentielle Zuschauer kennt die Vorlage ja sowieso. Da kann man ja verraten, was so alles los ist; die Handlung ist ja eh belanglos, die Leute gehen schon rein. Man kann sogar ganze Magazin- und Zeitungsseiten füllen mit den Infos, was an dem Film anders ist als im Buch, oder wer mit wen, und wer wann einen Abgang macht. Na, sie wissen schon.
Dazu folgende Überlegungen: Erstens müssen Film und Vorlage nicht handlungsidentisch sein, obwohl die von Publikum geduldeten Abweichungen bei Harry Potter eher geringfügig sind. Zweitens gibt es Leute, die mögen die Filme, kennen aber die Bücher nicht. Denen wird der Spaß verdorben. Drittens geht eine eher intellektuelle Sicht auf Kulturmedien davon aus, dass es den Mediengenuss nicht beeinträchtigt, wenn der Zuschauer oder Leser vorher weiß, was passieren wird. Beim Buch, kann ich das bedingt nachempfinden, beim Film hängt es stark von der Art des Films ab. Als Faustregel mag gelten: Je künstlertisch anspruchsvoller, desto erträglicher das Vorwissen. Und Viertens bewegt sich diese Art von Enthüllungsjournalismus auf einer Niveau-Ebene mit Paparazis und Star-Stalking: Billig und Sensationsgeil.
Online- Medien hätten hier gegenüber TV und Print den Vorteil, dass es technisch möglich ist, Inhalte anzubieten, die der Nutzer bewusst abfordern muss, sonst sieht er sie auch nicht. Das ist doch schon mal was. Aber leider ist die Welt nicht nur virtuell, und man kann den ungeliebten Informationen nur mit größter Mühe entgehen.
Viel Spaß im Kino.
(ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de am 16.07.2009)