Ansichten am Donnerstag # 20:“Illustrierte Geschichte des steuerberatenden Berufs”

Wer sich derzeit (2008)ins Kino begibt, stößt unweigerlich auf seltsame Filmtitel. Bei der Veröffentlichungsflut und den filmisch belegten Titeln aus etlichen Jahrzehnten Filmgeschichte auch kein Wunder. Schließlich muss das Kind ja einen Namen bekommen und da erregt ein seltsamer Titel schon Aufmerksamkeit genug. Zeit also, sich mal wieder zu wundern.

Mal ehrlich: “Der Mann, der niemals lebte” ist schon recht dusselig und hört sich gewiefter Weise fast nach einem James Bond Titel an. Ist aber nicht der Fall, Ridley Scotts Agenten-Thriller heißt im Original übrigens “Body of Lies”. Der Film ist auch durchaus gelungen, nur denkt das kaum jemand, wenn er den Titel hört.

Überhaupt Bond: 007 Titel sind ja bekannt dafür, dass sie zu eigenwilligen Wortschöpfungen neigen, aber “Ein Quantum Trost” setzt dem Ganzen die Krone auf. Im Englischen mag der Ausdruck Quantum ja geläufig sein, aber eingedeutscht wirkt das einfach nicht. Und allgemeiner Sprachgebrauch wird anders buchstabiert. “Ein Quäntchen Trost”, “Ein Quantum Brot”, whatever. Der Verballhornung sind keine Grenzen gesetzt.

Namensgebung

Aber das sind ja nur die prominenten Beispiele grenzwertiger Namensgebung. “Kinder wie die Zeit vergeht” ist auch nicht gerade originell, von “Mister Average”, “Neulich in Belgien” und “Der Bote” mal ganz zu schweigen. Eine Alternative ist es, das Werk einfach nach dem Inhalt zu betiteln. Wo “Nordwand” draufsteht, ist auch “Nordwand” drin, ebenso wie in “Stadt der Blinden”, “Der Brief für den König”, “Mirrors” und “Gerdas Schweigen”.

Was mich fatal an einen Running Gag aus meiner Jugend erinnert. Eines der Antiquariate hatte auf liebevolle Weise die Schaufenster dekoriert und eines davon mit sehr aufwändigen Bildbänden gefüllt. Mittendrin und wirklich schön gemacht, aber von eher unkommerziellem Interesse und mit einem nicht gerade kaufreiz-erregendem Titel: “Die illustrierte Geschichte des steuerberatenden Berufs”. Da weiß man doch was man kriegt, oder?

Viel Spaß im Kino.

(Mittelsteiner, Pausch, Kumpf: “Die illustrierte Geschichte des steuerberatenden Berufs”, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, 588 S., zahlreiche Abb., Brigitte Settele Verlag, Augsburg, 1999. Leider nur noch antiquarisch zu beziehen. ISBN: 3811412604)

(ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de am 06.11.2008)