Brokenwood – Mord in Neuseeland – Staffel 4: Fallschirme und Vogelscheuchen

Die hierzulande immer beliebtere, neuseeländische Krimiserie „Brokenwood“ geht in die vierte Staffel. Edel Motion veröffentlicht die neuen Fälle von Dectective Senior Sergeant Mike Shepperd und seinem Team sowohl digital als auch auf DVD für das klassische Home-Entertainment. Es bleibt mörderisch in der beschaulichen neuseeländischen Kleinstadt.

Eigentlich wollte ich die eigenwillig holprige TV-Ausstrahlung der neuseeländischen Krimi-Serie „Brokenwood“ nicht noch einmal thematisieren. Aber nachdem Fans zwischen Staffel 2 und Staffel 3 gerade einmal sechs Monate überbrücken mussten, dauerte es doch seine eineinhalb Jahre, bis die 4. Staffel endlich erscheint. Zuvor waren die spielfilmlangen Krimis bereits über einen derart langgestreckten Zeitraum in der ARD ausgestrahlt worden, dass kaum zu erkennen war, ob es sich um neue Folgen oder um Wiederholungen handelte. Ich denke tatsächlich, dass sich Serienformate auf diese Weise auch zerschreddern lassen.

Dabei hat „Brokenwood – Mord in Neuseeland“ vieles zu bieten, was dem Ermittler Barnaby in der anderen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt Konkurrenz machen kann, oder Wettbewerb bieten. Für Fans sollten eigentlich beide Formate gleichermaßen attraktiv sein. In Neuseeland wurde 2021 eine siebente Staffel „Brokenwood Mytseries“ gedreht. Es warten also noch einige launige Kriminalfälle darauf geschaut zu werden.

Serienhit aus Neuseeland

Bei brutstatt.de wurden bislang alle Staffel von „Brokenwood“ vorgestellt. Hier geht es zur Besprechung der Auftaktstaffel. Die in sich abgeschlossenen, spielfilmlangen Fälle sind aber ohne Vorwissen verständlich. Das Publikum findet schnell in das Setting und in den Erzählton der Serie. Die Charaktere sind zugänglich und sympathisch und Quereinsteigern entgehen vor allem wiederkehrende Serien-Element wie Running Gags oder etwa Stadtbewohner, die immer wieder auftauchen.

So wie etwa Frodo, der in der ersten Staffel mal aus Mordverdächtiger galt, als er noch in einer Autowerkstatt arbeitete. Frodo ist nicht gerade erfolgsverwöhnt und verfolgt immer wieder neue Karriereansätze. Hier beispielsweise als Eisverkäufer und als selbständiger Gärtner. Normalerweise ist auch Mike Shepperds (Neall Rea) Nachbar Jarod (Pana Hema Taylor) ein wiederkehrender Gast in den Episoden. In Staffel vier ist er allerdings nicht im Ort.

Dafür taucht mit den attraktiven Kahu Taylor (Rawiri Jobe) ein zunächst Verdächtiger auf, den Detective Constable Kristin Sims (Fern Sunderland) ganz schnuckelig findet. In Brokenwood sieht man sich ja immer mehrmals wieder. Das örtliche Pub ist immer noch (oder schon wieder) auf Namenssuche und Wirt Neil hat (schon etwas her) wieder geheiratet. Seine Frau gerät in dieser Staffel auch noch unter Mordverdacht. Aber das führt nun wirklich zu weit.

„Im freien Fall“

Wie die Frage, welche Geburtstag Mike denn nun feiert? Während Gerichtsmedizinerin Gina sich in der Auftaktfolge „Im freien Fall“ (OT: „Fall from Grace“) wissend gibt, rätseln Breen und Sims kurz mal vergeblich, bevor ein Fallschirmspringer auf dem Picknickplatz verunglückt. Zu allem Überfluss kennt Sims das Opfers auch noch, weil sie mal mit ihm liiert war.

Der Unternehmer Andre Barringtonwan war routinierter Fallschirmspringer und es scheint, als wäre ein technischer Defekt für den Tod verantwortlich. Doch Brokenwoods Polizei ermittelt und stößt bald auf Indizien, die auf Mord hindeuten. Mike muss sich derweil den Avancen der Gerichtsmedizinerin Gina entziehen.

So hinreißend kauzig der Tote in das Geburtstagsidyll fällt, so langatmig erweisen sich die Ermittlungen. Es gab in „Brokenwood“ schon unterhaltsamere Episoden. Aber Fans und Zuschauer kommen auf ihre Kosten, weil Frodo mal wieder im Weg steht und einige flotte Gags das Kleinstadtleben aufmuntern.

„Du sollst nicht töten“

Im zweiten Fall „Du sollst nicht töten“ (OT: „Stone Cold Dead“) läuft ein Scharfschütze mit Pfeil und Bogen durch das örtliche Museumsdorf. Jedenfalls wird Charity Highmore-Browne,die Vorsitzende des Musemsdorfes, mit einem Pfeil in der Stirn tot aufgefunden, als sie ihre übliche morgendliche Runde nicht beendet. Selbstverständlich hatte niemand etwas gegen die Frau. Na ja, sie war schon recht resolut und dogmatisch was das historische Aufleben Lassen anging. Aber dafür ermordet man ja niemanden.

Allerdings ist mit der Schwester der Toten schnell eine erste Verdächtige gefunden. Denn die hätte bei den Olympischen Spielen fast einmal eine Bronzemedaille im Bogenschießen gewonnen. Aber die Ermittlungen holen auch einen alten Vermisstenfall wieder ans Licht. Charitys Ehemann war vor Jahren spurlos verschwunden. In diesem Museumsdorf scheinen seltsame Dinge vorzugehen.

Serien-Macher und Haupt-Drehbuchautor Tim Balme hat sich mit der pseudo-historischen Setting in dieser Folge wieder einmal selbst übertroffen. Es gibt wenig Örtlichkeiten, die so harmlos wirken wie historische Siedlungen. Allenfalls liegt hier das Verletzungsrisiko im Umgang mit antiquiertem Handwerkszeug. Der Fall ist unterhaltsam und launig und verlangt der Brokenwood Polizei ein bisschen Ehrgeiz ab. Auch weil der Chef mit gebrochenem Bein zuhause bleiben muss.

„Die Vogelscheuche“

Weiter geht’s in „Die Vogelscheuche“ (OT: „The Scarecrow“) mit einem eher derben Ausstellen eines Toten. Der Winzer und Imker Phillip Henderson wird an das Kreuz seiner Vogelscheuche gepinnt. Das fällt nur zufällig auf, als Nachbarskinder mit dem Luftgewehr auf die Vogelscheuche schießen und dabei bemerken, dass da ein echter Toter hängt.

Auch hier ist Constable Sims wieder persönlich involviert, da sie Dahlia, die Freundin des Toten, kennt. Der wollte mit Dahlia zusammen deren Biocafé aufpeppen. Jetzt taucht Thomas, der Zwillingsbruder des Toten, auf und will dessen Farm verkaufen und keineswegs in der Absicht seines Bruders investieren.

Mike Sheperd und sein Team lernen derweil, dass echter Manuka-Honig das neue Gold der einheimischen Farmer ist. Die Mauka-Bäume wachsen nur auf Neuseeland und der Honig ist sehr begehrt, weil er aufgrund des Enzymgehalts gesundheitsfördernd sein soll. Damit ergeben sich ein ganzer Haufen interessanter Mordmotive.

„Die Vogelscheuche“ schafft es trotz einer fotogen angedrahteten Leiche überzeugend beschaulich zu bleiben. Die Honiggewinnung ist wie gemacht für einen „Kuschel-Krimi“ aus Neuseeland. Viele Verdächtige, eigenwillige Motive und ein feiner Country-Soundtrack (wie übrigens meistens) sorgen für den schönsten Fall der Staffel.

„Tödliche Erinnerung“

Im abschließenden Fall hätte viele der in diesem Mordfall Befragten gerne ihre „Tödliche Erinnerung“ (OT: „As if nothing had happened“) wieder. Shepherd und Co ermitteln in einem Altenheim für Demenzkranke. Ein neuer Bewohner will aus dem Heim fliehen, vergisst aber immer wieder den Plan. Bis er eines Tages mit einem Samurai-Dolch im Rücken tot aufgefunden wird.

Mike findet die Mordwaffe schon ziemlich eigenwillig und geht der Sache nach. Er stößt auf einen ehemaligen Boxer, der mal international erfolgreich war und auch gegen einen japanischen Champion geboxt hat. Derweil stellen Sims und Breen fest, dass nicht alle, die unter Alzheimer leiden, harmlos sind. Einer der Heimbewohner neigt zu Wutausbrüchen und Handgreiflichkeiten.

Mit „Tödliche Erinnerung“ hat sich Drehbuch-Autor Tim Balme ordentlich ins Zeug gelegt. Auf solche kniffeligen Wendungen muss man erst einmal kommen. Bisweilen muss da aber auch die Verschrobenheit der Figuren über Ermittlungslängen helfen. Insgesamt fügt sich die Folge aber nahtlos in das bewährte Serienniveau.

Kleinstadtleben – man kennt sich

Am Ende also alles wie gehabt in „Brokenwood“. Neuseeland lässt das Morden nicht und das beschauliche Städtchen Brokenwood ist eine Modellgemeinde für das, was Leben in Neuseeland ausmacht. Die Polizei von Brokenwood hat meistens alles im Griff und immer auch ein Ohr für die Sorgen der Menschen.

Ermittlungen laufen allerdings überall ähnlich ab und gelegentlich sind die Büro-Alltage mit Flipboard-Skizzen und Verdächtigen-Profilen doch nicht so interessant wie Detective Constable Sims beim Kaffebrauen zuzuschauen. Immerhin trinkt Kahu Taylor das Tee-ähnliche Heißgetränk dann doch und lässt sich sogar zum Schach überreden.

Auch in der vierten Staffel sorgt die „Cozy Crime“-Serie „Brokenwood –Mord in Neuseeland“ für launige Krimiunterhaltung für die ganze Familie. Inzwischen hat sich das Krimi-format bewährt und weiß seine Qualitäten auszuspielen. Das ist auch schon mal etwas absehbar. Es geht hier eher beschaulich und bisweilen eigenwillig zu, aber kaum einmal robust oder übermäßig spannend. Das hat auch seine Qualität. In der Ruhe liegt die Kraft.

Serien-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Brokenwood – Mord in Neuseeland – Staffel 4
OT: Brokenwood Mysteries –Season 4
Genre: TV-Serie, Krimi,
Länge: 356 Minuten (4 x ca. 90 Min.) + Bonus, NZ, 2017
Serienidee: Tim Balme
Regie: Mike Smith Michael Keane (2x), Mark Beesley
Darsteller: Neil Rea, Pana Hema Turner, Nic Sampson, Fern Sutherland
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
Digital-VÖ: 26.4.22, 31.05.22
DVD-VÖ: 27.05.2022

The Brokenwood Mysteries Internet-Seite