Batman: Ein Todesfall in der Familie – Deluxe Edition

Heutzutage ist das Comic-Universum um den DC Superhelden Batman derart ausgefeilt und vielschichtig, dass es für heutige Leser kaum vorstellbar ist, wie untrennbar der dunkle Ritter Jahrzehntelang mit seinem Sidekick Robin verbunden war. In der empfehlenswerten Hardcover-Deluxe –Ausgabe „Ein Todesfall in der Familie“ bringt Panini Comics nun zwei bahnbrechende Batman-Geschichten um Robin neu heraus, die seinerzeit Ende der 1980er Comic-Geschichte geschrieben haben.

Es ist in der Historie der Superhelden-Comics sicher ein einmaliger Vorgang, dass Leser:innen über das Schicksal einer Comic-Figur bestimmen konnten. Doch tatsächlich hatte Batman nach dem Abgang von „Robin“ Dick Grayson, der als Held erwachsen geworden war, mit dem neuen Robin Jason Todd einen sehr unbeliebten Mitstreiter zur Seite gestellt bekommen. DC Comics ließ die Leserschaft im Jahr 1988 abstimmen, ob Jason sterben soll oder nicht.

Tatsächlich stimmte die Mehrheit der Leser:innen dafür diesen Robin sterben zu lassen. Die Geschichte „Ein Todesfall in der Familie“ wurde von Autor Jim Starlin und Zeichner Jim Arparo in Szene gesetzt. Der Tod von Robin erstreckte sich über sechs US-Ausgaben und selbstverständlich hat auch Batmans Erzfeind der Joker seine Hände im Spiel.

Der ungeliebte Sidekick

Zwar blieb Jason Todd tatsächlich verstorben, so wie bei der Konkurrenz Marvel seinerzeit auch „Spider-Mans“ Freundin Gwen Stacy nicht wieder zum Leben erweckt wurde. Doch Batman brauchte einen jugendlichen Mitstreiter an seiner Seite, auch und gerade, damit sich die junge Leserschaft mit dem Helden identifizieren konnte. Daher wurde ein dritter Robin erdacht und in der ebenfalls sechs US-Ausgaben langen Story „Ein einsamer Ort zum Sterben“ in den Batman-Kosmos eingeführt.

Jason Todd hat als Robin schon immer seinen eigenen Kopf gehabt. Anders als sein Vorgänger an Batmans Seite, dick Grayson, ist Jason gelegentlich aufbrausend und impulsiv und trotz seines Gerechtigkeitssinns hat er bisweilen seine Wut auf die Verbrecher nicht unter Kontrolle.

Batman braucht viel Geduld, den jungen Mann auszubilden, doch Jason ist auch rebellisch und eigenwillig. Als er wieder einmal von Batman zurechtgewiesen wird, dass er zu riskant vorgehe, als er Ganoven aufmischt, taucht Jason erst einmal ab. Der junge Mann schlendert durch die Gegend, in der er aufgewachsen ist und von einer alten Nachbarin bekommt er Andenken an die Familie überreicht. Jason findet eine Spur seiner verschwundenen Mutter und macht sich auf die Suche. Die Reise führt ihn in den Vorderen Orient.

Der sympathische Neue

Batman hat kaum Gelegenheit, sich Sorgen zu machen, denn der Joker ist im Besitz eines Atomsprengkopfes, den er an Terroristen verscherbeln will, um wieder an Geld zu kommen. Den Joker muss seine Gaunerorganisation wieder neu aufbauen. Es gelingt dem Superschurken die Rakete außer Landes zu schmuggeln. Batman bleibt ihm auf den Fersen. Und siehe da, in Beirut treffen Batman und Robin wieder aufeinander, denn Jasons Mutter arbeitet für den Joker. Die Frage ist nur, ob freiwillig oder gezwungenermaßen?

Dass die Geschichte tragisch endet, ist allseits bekannt, daher auch kein Spoiler im herkömlichen Sinn. Anschließend befindet sich der Dunkle Ritter in einer Phase der Verwirrung und der Trauer. Er kann seine Verbrechensbekämpfung nicht wie gewohnt ausüben, macht sich vorwürfe und hat Schuldgefühle. Aber es fehlt auch ein Korrektiv an seiner Seite. Ein junger Zirkusartist namens Tim Drake ist ein Fan von Batman und versucht diesen wieder mit dem ursprünglichen Robin zusammenzubringen.

Zufällig hat Tim Drake herausgefunden, dass „Nightwing“ Dick Grayson einstmals Robin war. Der junge Artist hat auch herausgefunden, dass ein anderer Robins Platz eingenommen hatte und nun nicht mehr dabei ist. Und Tim hat Batmans Identität aufgedeckt. So gerät der junge Tim Drake in den Fokus von Bruce Waynes Diener Alfred Pennyworth. Alfred fällt auch die athletische Ausbildung des jungen auf. Er erkennt das Potential des Jungen.

Zwei starke „Robin“-Geschichten

Zugegeben, verglichen mit der epischen Story „Ein Todesfall in der Familie“ kommt die Einführung eines neuen Robins eher etwas banal daher. Die Autoren Marv Wolfman und George Peréz macht ihre Sache allerdings clever. Es gelingt ihm einen sympathischen Sidekick für Batman zu erschaffen, der von den Fans auch sogleich akzeptiert wird. Dafür gibt es einige Gründe, nicht zuletzt ist es wichtig, dass Dick Grayson, dem neuen seinen Segen gibt. Die Geschichte wurde seinerzeit abwechselnd in Batman und in der Teen Titans Serie veröffentlicht, so dass Fans beider Serien den neuen in ihre Gemeinschaft aufnehmen konnten.

Die Illustrationen von Tom Grummett und Mike DeCarlo, die die Geschichte nach dem Auftakt von Jim Aparo übernehmen, fügen sich nahtlos in den gewohnten Stil. Die Farbgebung von Adrienne Roy sorgt für eine gewisse Kontinuität. Selbst wenn Grummett und DeCarlo nicht die Beliebtheit ihres Kollegen Aparo erreichten, ihr Zeichenstil steht jenem in wenig nach. Beide haben ein gutes Auge für ikonische Panels und wissen Batmans Silhouette und sein Cape in Szene zu setzen.

Vor allem aber „Ein Todesfall in der Familie“ ist eine herausragende Geschichte. Auch und gerade, weil in der Folge der verstorbene Held eben nicht von den Toten zurückkehrt, sondern abwesend bleibt. Das veränderte das Erzählen von Superheldenabenteuern für immer. Es sorgte dafür, dass eine andere Grundspannung in die Comics eingezogen ist.

Autor Jim Starlin, hatte bereits mit der Erfindung von „Thanos“ und den „Infinity Steinen“ für den Marvel Comic-Verlag Geschcihte geschrieben. Immerhin legten die Infinity Stones den Grundstein für die zusammenhängende Handlung und den epochalen Erfolg der Kino-Filme des Marvel Cinematic Universe (MCU). Der Tod von Jason Todd hat ebenfalls eine n bleibenden Eidruck hinterlassen.

Herausragende Kreativteams

Die Geschichte ist dabei keineswegs nur albernes Fantasy-Geschwurbel für Helden in Strumpfhosen, sondern hat ersthafte realistische Hintergründe. Der Joker ist ein irrer Terrorist und kurz bevor Perestroika tatsächlich Realität wird, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges ist eine atomare Bedrohung eine hochpolitisches Handungselement für eine Story. Daneben hat „Ein Todesfall in der Familie“ auch viele psychologisch tiefgründige Aspekte aufzuweisen und geht damit deutlich über das herkömmliche Superhelden-Niveau hinaus.

Im Artwork spiegelt sich das einerseits in filigranen Gesichtsaudrücken und nachdenklichen Panels, andererseits wird das Tiefgründige der Story immer wieder kongenial in Action-Sequenzen übersetzt. handfeste Prügeleien, wilde Verfolgungsjagden und stimmig ineinander verwobene Motive zeigen eindrucksvoll, warum Jim Aparo zu den beliebtesten Comic-Künstlern dieser Epoche gehört. Das ist zwar heutzutage nicht mehr State of The Art, weil Figuren anders charakterisiert und definiert werden, aber Aparos Stil ist weit mehr als nur eine Erscheinung des damaligen Zeitgeistes. Es macht immer noch Spaß diese Zeichnungen zu bestaunen.

Auch und gerade mit der Ergänzung der zweiten Storyline „Ein einsamer Ort zum Sterben“ ist der Batman Sammelband „Ein Todesfall in der Familie“ ein Pflichtkauf für alle Batman-Fans. Das Artwork ist zwar eindeutig ein Kind seiner Zeit, hat aber nichts von seinem Charme und seiner Energie verloren. Dass die Geschichte um den Tod des zweiten Robin ebenso sehr Kult wie superhelden-Geschichte ist, versteht sich von selbst. Batman-Fans, die die Stories noch nicht kennen, sollten sich die Deluxe-Ausgabe mit begleitenden Texten zulegen.

Comic-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Batman: Ein Todesfall in der Familie – Deluxe Edition
OT: Batman 426-429, Batman 440-442, The New Teen Titans 60-61, DC Comics, 1988-89
Autor: Jim Starlin, Marv Wolfman, George Perez
Zeichner: Jim Aparo, George Pérez, Tom Grummett
Farben: Adrienne Roy
Übersetzung: Marc Hillefeld, Jürgen Zahn, Carolin Hidalgo, Denis Martynow
ISBN: 9783741627651
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 284 Seiten
VÖ: 15.03.2022

Batman: Ein Todesfall in der Familie bei Panini comics