Mit der Home-Entertainment-Premiere „The Tiger – Legende einer Jagd“ bringt Pandastorm Pictures dieser Tage ein Stück koreanisches Kino auf den Markt, das sich sehen lassen kann. Doch der Kampf Raubkatze gegen Mensch macht nicht allein das Thema aus, auch die japanische Besatzung Koreas in den 1920ern schwingt hier nicht nur symbolisch mit.
In der Mitte der 1920er Jahre ist Korea von den Japanern besetzt. Deren Machterhaltungsstrategie beinhaltet unter anderem auch, den Tiger als koreanisches Wappentier auszurotten. Das hat vordergründig dringende Sicherheitsaspekte, ist aber dennoch auch Symbolpolitik. Dass zu der Jagd vor allen einheimische Jäger angeheuert werden, macht die Angelegenheit nicht eben subtil.
Am Berg Jirisan, dem zweithöchsten Gipfel Koreas, hat ein einäugiger Tiger sein Revier, der als König der Tiger gilt. Die einheimischen Jäger sind nicht in der Lage die Raubkatze zu stellen. Doch der Druck des japanischen Gouverneurs nimmt zu: Maezono (Ren Osugi) will Jagderfolge sehen. Daher versucht der Jäger Goo-gyenong (Man-Sik Jeong) seinen alten Kollegen Chun Man-duk (Choi Min-sik) wieder zur Jagd zu bewegen.
Der trauernde Jäger
Doch Chun Man-Duk jagt seit dem Tod seiner Frau nicht mehr. Stattdessen lebt er mit seinem heranwachsenden Sohn zurückgezogen in den Bergen. Vater und Sohn sind sich in letzter Zeit allerdings nicht immer einig. Sohn Seok will ein eigenes Leben führen, in die Stadt ziehen und sein eigener Herr sein. Unbedarft schließt sich Seok der Jagdgesellschaft an und zwingt seinen Vater zu handeln.
Regisseur und Drehbuchautor Park Hoon-jung inszenierte „The Tiger – Legende einer Jagd“ 2015 als seinen dritten Spielfilm. Sein Vorgängerfilm, das Gangster-Epos „New World“, konnte Publikum und Kritiker begeistern und aus Sicht des Regisseurs war es sicher naheliegend das Genre zu wechseln.
Dabei heben der Titel und auch die Dramatik des Films auf die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Raubkatze ab. Überlange Sequenzen des Films durch geht es aber vor allem um das Verhältnis des gebrochenen Vaters zu seinem heranwachsenden Sohn. Es geht um traditionelle Werte und moderne Lebensweise. Es geht um Selbstbestimmung und um Freiheit. Vor allem aber geht es um Respekt vor der Natur.
Bisweilen ist das in dem koreanischen Abenteuer-Drama etwas ausführlich dargestellt. Dabei hält Charaktermime Choi Min-sik den Film in seinen schleppenden Passagen zusammen. Steht mit regloser Mine gegen die in Korea scheinbar gesetzte Albernheit des Narren in einer tragenden Nebenrolle. Erstaunlich genug, dass die meisten Charaktere vergleichsweise oberflächlich bleiben.
Der einäugige König vom Berge
Die Jagd hingegen erreicht einen explosiven Höhepunkt. Das ist hinsichtlich Tricktechnik und CGI ziemlich beachtlich und über weite Strecken atemberaubend anzusehen. Sicher, gibt es auch immer Passagen, in denen das Dunkel verdeckt, wie begrenzt das Budget war. Dennoch ist dieser Tiger eine sehenswerte Bestie und als Gegenspieler und Charakter des Films dem alten Jäger ein gleichwertiger Gegenspieler.
Dass „The Tiger – Legende einer Jagd“ bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hat, schadet dem Abenteuer nicht. Allerdings hätten es für meinen Geschmack auch weniger blutrünstige Tier-Szenen getan und eventuell hätte eine familienfreundlichere FSK-Freigabe dem Film außerhalb von Korea ein größeres Publikum beschert. Aber ein weiteres „Dschungelbuch“ oder „Zwei Brüder“ hatte der Filmmacher wohl nicht im Sinn.
Das Duelle zwischen einem majestätischen Tiger und einem erfahrenen Jäger kann an Unterhaltungswert locker international mithalten. Dabei hat das historische Drama gelegentliche Längen. So packend wie „Der Geist und die Dunkelheit“ ist das koreanische Hallali nicht ausgefallen, aber der Tiger kann in seiner Optik locker mit dem Bären aus „The Revenant“ mithalten, daher auch die Freigabe ab 16 Jahren. In „The Tiger – Legende einer Jagd“ wird doch arg viel Beute gerissen.
Film-Wertung: (6 / 10)
The Tiger – Legende einer Jagd
OT: Daeho
Genre: Drama, Historienfilm,
Länge: 134 Minuten, ROK, 2015
Regie: Park Hoon-jung
Darsteller: Choi Min-sik, Ren Osugi, Man-Sik Jeong
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm Pictures
Kinostart: nicht in Deutschland
Digital-VÖ: 22.04.2022
DVD-& BD-VÖ: 29.04.2022