Catwoman – Lonely City 1: Talking ‚bout my Generation

Aktuell hat DC Comics, zumindest mit den deutschen Veröffentlichungen bei Panini Comics, einige sehr starke Titel am Start. Auch die „Catwoman“-Miniserie „Lonely City“ von Ausnahme- Comic-Künstler Cliff Chiang gehört dazu. Darin kommt eine gealterte Selina Kyle aus dem Gefängnis und findet ein Gotham vor, das nicht mehr Catwomans Heimat zu sein scheint. Panini veröffentlicht die großartige und großformatige Miniserie hierzulande in zwei Teilen. Teil 1 von „Lonely City“ ist soeben erschienen.

Bevor es an dieser Stelle gleich an die Vorstellung von Geschichte und Artwork von „Catwoman: Lonely City 1“ geht, ein paar Bemerkungen zur Edition und zur Einordnung in den DC Kosmos. Autor und Illustrator Cliff Chiang (u.a. „Green Arrow & Black Canary“) legt seine Catwoman-Story außerhalb der normalen Batman- bzw.- Catwoman Chronologie an. Darin war Catwoman zuletzt wieder nach Gotham City zurückgekehrt, nachdem sie in Kalifornien einige grauenhafte Abenteuer zu überstehen hatte (Nachzulesen in Joelle Jones „Catwoman“-Run).

Editorischer Hintergrund

„Lonely City“ ist als eigenständige, vierteilige Geschichte in eigenständigem Setting konzipiert, wobei die US-Ausgaben auch jeweils doppelt viele Seiten enthalten wie die 25 Seiten der herkömmlichen Serien-Hefte. Die Story erscheint in DCs Black Label, was schon einmal darauf, dass es etwas „erwachsener“ zugeht in Bezug auf Gewaltdarstellung, Realimus und emotionale Ambivalenz. Aber dazu später mehr.

Wie im Vorwort von Christian Endres ausgeführt, steht das dystopische Setting in „Catwoman: Lonely City“ in der Tradition von Frank Millers „Rückkehr des dunklen Ritters“, insofern, als dass Catwoman gealtert ist und damit auch andere Probleme auftauchen. Es kommt den großartigen Artwork ebenfalls zugute, dass „Catwoman: Lonely City“ im großformatigen Album erscheint, die Seiten sind beinahe doppelt so groß wie in den normalen Serien. Das macht Spaß und kann sich sehen lassen.

Die Geschichte

Nach zehn Jahren im Gefängnis wird Selina Kyle auf Bewährung entlassen. Doch die ehemalige Meisterdiebin kehrt in ein Gotham zurück, dass sie kaum wiedererkennt. Nachdem Batman gestorben war, wurde Selina dafür verurteilt. Seither hat der ehemalige Staatsanwalt und Superschurke Harvey Dent alias Two Face seine dunkle Seite nach eigener Aussage wieder eingefangen und ist der amtierende Bürgermeister von Gotham City.

Nun steht eine Wahl an und seine Gegenkandidatin ist Barbara Gordon, die ebenfalls eine Superwesen-Vergangenheit hat. Doch in Dents Gotham setzen in Bat-Uniformen gerüstete Polizisten die Ordnung durch. Für Barbara Gordon grenzt das an eine Überwachungsgesellschaft. Damit hat auch Selina so ihre Probleme. Catwoman ist älter geworden, das kann auch intensives Training nicht überspielen.

Zwar kommt sie unbemerkt in ihr ehemaliges Penthouse, doch Oswald Cobblepot, ehemals der Pinguin, hat ihr Vermögen anderweitig eingesetzt. Seit in Gotham die Masken gefallen sind und es keine Superwesen mehr gibt, hat sich einiges geändert. Selina reaktiviert ein paar alte Kontakte und stellt mit (ehemals) „Killer Croc“ ein Team auf die Beine, um die letzten Worten des sterbenden Bruce Wayne zu entschlüsseln.

Die Geschichte hat einige starke Elemente zu bieten, wenn die Leserschaft nicht auf handelsübliche Superhelden-Action besteht. Diese Selina ist einerseits reifer, muss andererseits auch überlegter handeln und mit ihren Kräften haushalten. Das macht die Figur ambivalenter, interessanter und sorgt für überraschende Handungselemente. Die übrigen Charaktere sind ebenfalls gut ausformuliert und sorgen für eine Charaktertiefe, die „Lonely City“ schon beinahe zu einem Drama mit Krimi-Elementen macht, statt auf schlichtes Heldentum zu setzen.

Der Zeichenstil

Das Artwork von Cliff Chiang ist ebenfalls sehr gelungen. Im Alleingang sorgt Chiang für charakterstarke Mimik, coole Outfits und futuristische Stadtansichten. Dabei sind die jeweils vorherrschenden atmosphärischen Farbfilter ebenso plakativ wie wirkungsvoll.

Das grafische Erzählen ist meiswterhaft und übersichtlich und Chiang verzichtet auf actiongeladenen Schnickschnack und Soundeffekte. Der Zeichenstil ist eher etwas kantig gehalten und hier laufen keine muskelbepackten Helden durch die Gegend. Viel eher wird hier ist „Graphic Novel“-Stil bebildert.

Eine Klasse für sich sind dann aber noch die Cover-Artworks, die ganzseitig und Ikonisch die reifere Catwoman in dieser abweisenden Umgebung in Szene setzen. Das hat durchaus Poster-Charakter und rechtfertigt allein das großformatige Album.

Superhelden waren nie dazu bestimmt alt zu werden. Und dennoch sind es oft gerade Story.-Ansätze, die die Klischees des Genres hinter sich lassen, die zu begeistern wissen. Cliff Chiangs „Lonely City“ hat das Zeug zu einem modernen Catwoman-Klassiker zu werden. Wenn der Ausnahmekünstler die Geschichte im zweiten und abschließenden Teil nicht wider Erwarten doch noch gegen die Wand fährt. Wir bleiben gespannt. Leider kommt die Fortsetzung erst im Herbst. Packend. Souverän. Charismatisch.

Comic-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Catwoman – Lonely City 1
OT: Catwoman: Lonely City 1–2, DC Comics, Black Label, 2022
Genre: Comic, Superhelden,
Autor & Zeichner: Cliff Chiang
Übersetzung: Carolin Hidalgo
ISBN: 9783741627606
Verlag: Panini, Hardcover, Album, 108 Seiten,
VÖ: 05.04.2022