A Writer’s Odyssey – Wächter der Zeit: Feuer und Erde

Mit den chinesischen Fantasy-Actionspektakel „A Writer’s Odyssey – Wächter der Zeit“ erschient dieser Tage eine ebenso bildgewaltige wie überbordende Geschichte als Home-Entertainment-Premiere auf DVD und Blu-ray. Eurovideo bringt die Verfilmung eines chinesischen Fantasy-Bestsellers hierzulande auf den Markt, doch in der atemlosen Fantasie ist nicht alles Gold was glänzt.

Da wartet ein offensichtlich heruntergekommener älterer Mann im Gebirge auf einen Transport. Als dieser sich nähert, wirft der Streuner mit Steinen und bringt den LKW zum Stehen. Doch er findet nicht was er sucht und später ist die Polizei vom Inhalt des Transporters überrascht. Der unbekannte hat Menschenhändler gestellt, die Kinder entführt haben.

Doch Guan Ning (Jiaying Lai) ist seit sechs Jahren auf der Suche nach seiner vermissten Tochter. Darüber hat er seinen Job und seine Frau verloren, doch die Suche bleibt erfolglos. Stattdessen wird Guan Ning von seltsamen Träumen aus einer fantastischen Welt geplagt. Dort lehnt sich eine Junger Mann namens Kongwen (Zijiian Dong) gegen die Herrschaft des mysteriösen Gottes Feuermähne auf. Nachdem er einen Krieger getötet hat, nimmt dessen lebende Rüstung den jungen Mann in Besitz.

Fantasie und Realität vermischen sich

Während Kongwen in der Fantasiewelt scheinbar ziellos herumirrt und sich dabei dem feurigen Gott immer weiter nähert, wird Guan Ning von der resoluten Xiao Yu vor der Polizei gerettet. Die Frau bietet dem ehemaligen Lehrer einen Handel an: die Digitech-Firma Aladdin Group bietet Guan Ning an, bei der Suche nach seiner Tochter zu helfen, wenn er im Gegenzug den Autor eines Fantasy-Romans tötet.

Wie sich herausstellt deckt sich Guans Traum mit der Handlung eines Romans den Kongwen Lu (ebenfalls Zijiian Dong) gerade schreibt. Der CEO der Aladin Group ist fest davon überzeugt, dass jede Verletzung und Schwächung von Feuermähne ihm in der Realität widerfährt. Kongwen lu darf den Roman nicht beenden. Guan lässt sich auf den Deal ein, ist aber nicht in der Lage, den jungen Autoren zu töten. Stattdessen greift er selbst in die Handlung ein, weil Kongwen Lu das Notizbuch des Vaters als Inspiration benutzt.

Es mag nicht nur bei der Vorstellung von „A Writer’s Odyssey“ so wirken, als wäre die Handlung ein wenig unüberschaubar, sie ist es. Das wird auch im Verlauf des Films nicht wesentlich leichter überschaubar, da sich „Realität“ und „Fantasie“ immer weiter verzahnen und miteinander wechselwirken. Doch wer von Anfang an konzentriert am Ball bleibt, kriegt die turbulenten Wendungen gut auf die Kette und bekommt eine halbwegs komplexe, moderne Fantasystory geboten, die ihre Momente, aber auch ihre Schwächen hat.

Die Romanvorlage von Shouang Xuetao

Die Story geht zurück auf den im Original gleichnamigen Bestseller des chinesischen Fantasy-Shooting Stars Shouang Xuetao und den nachfolgenden Roman, der die Handlung weiter vorantreibt. In den USA und im englisch sprachigen Raum wird Shouang Xuetao bereits verlegt, hierzulande leider nicht. Leser:innen und Zuschauer:innen können sich hierzulande also kein Bild von der Werktreue des Films machen können. Aber schließlich muss der Film auch als Literaturverfilmung für sich selbst stehen können.

Regisseur Yang Lu hat bereits mit dem historischen Martial Arts Spektakel „Brotherhood of Blades“ (2014) und dem Nachfolger bewiesen, dass er Action ins Bild zu setzen weiß. In „A Writer’s Odyssee“ allerdings ist das Erzähltempo derart hoch und die fantastische Action, die großteils mittels CGI umgesetzt ist, derart temporeich, dass Details bereits ungesehen bleiben, weil sie zu kurz zu sehen sind.

Der Film ist dabei anfangs relativ eindeutig zweigleisig erzählt. Die realistische Ebene mit der Suche des Vaters nach der Tochter und der Angst des Managers vor dem Tod sind auch temporeich und turbulent erzählt. Doch die immer wieder eingestreuten und bisweilen irritierenden Romansequenzen hetzen förmlich von einer existentiellen Bedrohungssituation zur nächsten. Das ist mit ebenso bunten wie imposanten Bildern erzählt und wirkt visuell schlicht überwältigend und vordergründig vielschichtig und exotisch.

schneller, bunter Bilderreigen

Hochfequentes Sounddesign, hitziger Score und hektischer Schnitt der Fantasy-Action sorgen jedoch dafür, dass es schnell zu einer Reizüberflutung kommt. Das Interesse an der ohnehin schwer nachvollziehbaren Handlung nimmt schnell ab. Es zeigt sich einmal mehr, dass hohes Tempo an sich kein substanzieller Spannungsgenerator ist. Und bei aller Turbulenz und wohlfeil choreografierten Kampfkunst, verschwimmt den Filmemachern hier der substanzielle Unterscheid zwischen realistischer und fantastischer Gewaltdarstellung.

Grundsätzlich wird also mit dem Schwertkampf gegen den garstigen Gott ebenso verfahren wie mit dem Tötungsversuch an dem jungen Autor. Es macht emotional wenig Unterscheid, ob Kongwen bei seinem Rachefeldzug durch Angstzustände gelähmt ist, Menschenhändler Kinder in Käfigen halten oder CEOs wie im Videospiel Tötungsbefehle raushauen.

Das ist vielleicht das größte Manko in „A Writer’s Odyssey – Wächter der Zeit“: Ethische Bezugssysteme verschwinden und unterschiedliche Welten verschmelzen zu einer, in der erlaubt scheint, was machbar ist. Selbst wenn das Böse am Ende besiegt werden sollte. Aber vielleicht habe ich auch wieder wesentliche Aspekte chinesischen Denkens und chinesischer Kultur unbekannter weise verpasst.

Das chinesische Fantasy-Action-Spektakel „A Writer’s Odyssey – Wächter der Zeit“ sieht großartig aus. Der Film kann mit internationalen Standards und Sehgewohnheiten locker mithalten, sie sogar auf neue Ebenen heben. Eine überkomplexe Story und eine Erzählhaltung, die da Publikum ziemlich allein lässt, mindern das visuelle Vergnügen aber erheblich. Ob der Einstieg in die moderne Fantasy-Story gelingt und ob das Interesse über Filmlänge wach bleibt, muss jede:r Zuschauer:in vielleicht selbst probieren. Genügend interessante Aspekte liefert „A Writer’s Odyssey“ allemal.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

A Writer’s Odyssey – Wächter der Zeit
OT: Ci sha xiao shuo jia
Genre: Fantasy, Action,
Länge: 130 Minuten, VRC, 2021
Regie: Yang Lu
Vorlage: „Assassinate a Novelist“ & „Godslaywer“ von Shouang Xuetao
Darsteller:innen: Jiaying Lai, Dong Ji, Shengji Wang, Zijiian Dong,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Eurovideo
Kinostart: nicht in Deutschland
DVD- & BD-VÖ: 11.03.2022