Schöne schwere Töne am 25.02.2022

Selbst wenn die aktuellen geopolitischen Ereignisse die Laune ganz heftig überschatten, kommt die musikalische wochen-Kolumne an den Start. Schließlich hatte ich angekündigt, es würde in dieser Woche derber zur Sache gehen. Insofern mögen die folgenden neu entdeckten Tracks auch zum Aggressionsabbau taugen. Mit dabei in dieser Woche alphabetisch gelistet: Boris, Cult of Luna, Maggot Heart, Meshugga, Ophis, Spiral Drive und quasi als Special Guest die Ukrainische Post Punk Band City of Me.

Damit fange ich dann auch gleich mal an. Inspiriert von den diversen Länderreisen und Szenereporten, die in den Fanzines Trust und Ox im Lauf der Jahre erscheinen sind, weiß der Musikliebhaber ja, dass es eigentlich überall was Solides auf die Ohren gibt. Mag ja nicht immer hochproduziert und international bekannt sein, aber eine kleine feine DIY-Szene findet sich immer.

Support your local bands

Neulich hat mich Kollege Jörg auch mit dem Debütalbum der Polnischen Punks Brygada kryzys aus den 1980ern beglückt. Ich habe nun auch beschlossen, in dieser Kolumne soviele Links und Insprirationen verbraten wie möglich, also, wenn etwas eure Neugier weckt, einfach weiterklicken. Sollte funktionieren.

City of Me

Nun also aus aktuellem Anlass ein Blick in die Ukraine. Ich gesteh, ich habe wenig Überblick über das dortige Musikgeschehen, aber einschlägige Suchbegriffe im Weltweite Netz führen zu Ergebnissen. Zwar nicht zu viel Infos, aber immerhin zur 2015 EP „Fall“ der Post-Punk Band „City of Me“ (Bandcamp, Facebook). An dieser Stelle Dank an den Youtube-Channel von Dimka Volloff, der Bands und Scheiben vorstellt und dazu auch noch Bios und Links liefert.

„City of Me“ bestanden wohl von 2012 bis 2015 und das überschaubare Opus findet sich bei Bandcamp zum freien Download. Hier das etwas wavige, klassisch fließende Stück „Light“. Es kommen hoffentlich auch wieder bessere Zeiten.

Weiter geht es mit den japanischen Noise-Pionieren Boris. (Homepage, Youtube, Bandcamp, Facebook). Das Trio lotet seit Jahrzehnten die Schnittstellen zwischen derbe verzerrten Gitarrenwänden und Ambient-Sounds aus. Die Band schaffte es sogar mal auf den Soundtrack des Jim Jarmusch Films „The Limits of Control“. Gitarristin Wata hat im Herbst ihr eigenes Signature-Effektpedal bei Earthquaker Devices bekommen. Hizumitas ist ein eher spezieller Fuzz Sustainer – für alle, die das schon immer wissen wollten.

BORIS

Aktuelles Album von Boris ist „W“ betitelt, stammt vom November und ist erstaunlich „tanzbar“ ausgefallen. Schöne psychedelische Nummer und ein feines Video.

Ebenfalls schon lange im Geschäft und in Sachen düstere Sound-Landschaften unterwegs sind die Schweden von „Cult of Luna“ (Homepage, Bandcamp, Youtube, Facebook). Ich habe die Kollegen bereits häufiger live gesehen, sofern durch den Nebel was zu sehen war, und freue mich immer auf neues Ohrenfutter. „Cold Burn“ vom aktuellen Album „The Long Road North“ beginnt mit einem derben Drone wie aus einem Vikinger-Signalhorn.

CULT OF LUNA

Dann geht es treibend durch die nächsten Minuten und bisweilen kommen da, ob der flotten Rhythmik tanzbare Industrial-Anleihen durch oder was auch immer. Auch dieses hinreißend finstere Video verdanke ich eigentlich den Kollegen von „The Quietus“. Die monatliche Kolumne „Columnus Metallus“ von Kez Wheelan ist Pflichtlektüre, für alle, die auf derbe Musik jenseits ausgetretener Pfade stehen. Alarm mit dem kalten Brennen.

Als nächstes was zur Entspannung, ein brandneues Video „The Abyssmal Eye“ von Meshuggah (Homepage, Youtube, Facebook). Die schwedischen Metalcore-Recken treffen sonst nicht so ganz meine Soundheimat, aber da kommt bald ein neues Album „Immutable“ und dies ist der Vorbote. Genug gelabert. Cooles Video, guter Song.

MESHUGGAH

Die psychedelischen Heavy Rocker von „Spiral Drive“ (Homepage, Bandcamp, Youtube, Facebook) haben ebenfalls ein neues Album angekündigt. „Visions in Bloom“ kommt am 10.3.22 und wird bei brutstatt.de auch ausführlich vorgestellt. Vorab erste einmal die Video-Auskoppelung „Lines for Lives“. Im Kontext mit den eher brutalen Sounds in dieser Kolumne mag das ein bisschen harmlos rüberkommen, gerade mit der melodischen Gesangslinie, aber die Nummer überzeugt mich. Das Trio ist seit 2018 am Start und entwickelt sich konstant. So etwas schätze ich sehr. Freut euch.

SPIRAL DRIVE

Maggot Heart (Homepage, Bandcamp, Youtube, Facebook) aus Berlin sind schon ein Phänomen. Ich bin eher zufällig auf das eigenwillige Trio gestoßen, als mit Chris, der Besitzer der Plattenkiste die Split-Single von Maggot Heart und Okkultokrati unter die Nase hielt. Ich habe mich dann doch dafür entschieden, das ganze Album anzuchecken.

MAGGOT HEART

„Mercy Machine“ ist vom 2020 und kommt erstaunlich räudig rüber. Das Schädlhaltige Artwork könnte auch von einer Hardcore Band stammen oder von ‚ner Underground Black Metal kapelle. Tatsächlisch ist das Trio um die schwedische Gitarristin und Sängerin Linnéa Olson nicht so weit von dem schweinerock entfernt, den Midnight so präsentiert. Wie auch immer, ich habe mich das „Sex Breath“-Video aus zwei Gründen entschieden: Der Song ist kantiger als „Roses“ das andere Video von „Mercy Maschine“ und hat mehr Schub und die Video-optik sieht so hinreißend altschulig VHS-bizarr aus.

Zum Abschluss noch eine „Hamburgensie“ wie der Bildungsbürger seine typisch hamburgischen Bildmotive nach Christoffer Suhr und später verallgemeinernd für was Typisches von Alster und Elbe so nennt. Die Band Ophis (Homepage, Bandcamp, Youtube, Facebook) sorgt seit 2001 für doomige und death-metallische Klänge von der Hafenkante und hat mit dem vierten Longplayer „Spew forth Odium“ eine echte Keule hingelegt.
Mal räudig, mal fast ambient, meistens eher downtempo, aber immer eigenständig. Eigentlich wollte ich an dieser Stelle das Video zum Opener „Default Empty“ vorstellen, aber da Ophis ein neues Video am Start haben, freut es mich umso mehr. „The Perennial Wound“ stammt ebenfalls vom letzten Album.

Das war nun mal eine eher derbe Musik-Kolumne, aber das musste mal sein. Kommt sicher durch die Woche.