Sein wir ehrlich: Es ist alles andere als leicht sich ständig neue erfolgversprechende Krimi- und Serienformate auszudenken. Warum also nicht in anderen Ländern gucken und das Format übertragen? So geschehen jüngst mit der englischen Variante von „Professor T“, deren erste Staffel nun bei Edel Motion als Download und auf DVD für das klassische Home-Entertainment erscheint.
Jasper Tempest (Ben Miller) ist Kriminologe und lehrt an einer Universität in Cambridge. Sein Interesse an Verbrechen ist rein akademischer, theoretischer Natur. Als eine ehemalige Studentin ihn um Hilfe bittet, lehnt Professor T. daher zunächst kategorisch ab. Doch die Detective Sergeant (DS) Lisa Donkers (Emma Naomi) bleibt hartnäckig. Denn sie hat ein Interesse daran, dass ausgerechnet dieser Fall aufgeklärt wird. Ein Vergewaltiger geht um auf dem Campus, und die Polizei hat keine Spur. Doch Lisa ist sich sicher, dass derselbe Täter vor Jahren bereits ihrer besten Freundin Gewalt angetan hat.
Professor T. ist ein eigenwilliger Kerl, der etliche Zwangsstörungen mit sich herumschleppt und zu seiner Mutter ein unterkühltes Verhältnis hat. Die will auch gerade das leerstehende Haus der Familie verkaufen, was Jasper überhaupt nicht lustig findet. Außerdem verzweifelt der Misanthrop regelmäßig an der vermeintlichen Dummheit seiner Studenten und so hilft Professor T letztlich doch bei den Ermittlungen.
„Bitte füttern Sie den Fisch nicht.“
Das trifft nicht nur auf Gegenliebe. Inspektor Paul Rabbit will von dem externen Klugscheißer nichts wissen, hat aber gerade familiäre Probleme, die er in Alkohol tunkt. Polizeichefin Christina Brand (Juliet Aubrey) hingegen ist belustigt von dem Wiedersehen mit Jasper, denn die beiden haben eine gemeinsame Vergangenheit. Reibungslos läuft die Ermittlung nicht, letztlich aber erfolgreich, weshalb, die Polizei den Professor gerne häufiger einbinden würde. Der wiederum findet Gefallen an seinem neuen Hobby.
Über sechs Folgen von etwa 45 Minuten Länge, in denen jeweils ein Kriminalfall behandelt wird, darf der englische Professor T. in der ersten Staffel ran. Das unterhaltsame Format wurde in Großbritannien für ITV entwickelt und war hierzulande bei SkyKrimi zu sehen. Hauptdarsteller Ben Miller werden Krimifreunde als Inspektor Richard Poole kennen, der in den ersten Staffeln des exotischen Who Dunnit „Death in Paradise“ ermittelte. Nun, in Cambridge, einem Handlungsort, der augenzwinkernd auch in Konkurrenz zu den diversen „Oxford-Krimis“ steht, darf Ben Miller nahezu Asperger-artige Geistesleistungen vollbringen, dabei seine Schrullen ausleben und die Menschen hinreißend unsozial vor den Kopf stoßen.
Dazu kommt ein Ensemble, das mit charakterstarken Figuren ausgestattet ist, die alle auch ihr Eigenleben haben und außerhalb der Arbeit existieren. Diese Aspekte sorgen für mehr Tiefgang als üblich und die Kriminalfälle sind unterhaltsam, eigenwillig und vertrackt. In Sachen Dynamik und Erzähltempo lässt die Show es eher ruhig angehen und setzt auf Verhöre und Meetings statt auf Verbrecherjagden und Keilereien.
International erfolgreiches Serienformat
Das Serienformat beruht auf dem belgischen Original gleichen Namens, das seit 2015 ausgesprochen erfolgreich ausgestrahlt wird. Serien-Mastermind Paul Piedfort, der auch hier in allen sechs Folgen aus Verfasser der Originalidee geführt wird, hat scheinbar ein attraktives Krimi-Format geschaffen, das in aller Welt Ableger hervorbringt. Die Mischung aus „Sherlock Holmes“ und Uni-Ambiente scheint dem Publikum zu gefallen.
Hierzulande ermittelt Matthias Matschke als „Professor T“ seit 2017 für das ZDF. Es gab und gibt französische und tschechische Varianten und dänische und amerikanische Professoren sind ebenfalls geplant. Man darf gespannt bleiben, wieviel von der Originalidee jeweils erhalten bleibt. In England hat man offenbar gedacht, die Verpflichtung des belgischen Regisseurs Dries Vos („24 Hours“) trage zur Authentizität bei. Ansonsten badet „Professor T.“ stimmungsmäßig ziemlich im selben Pool, in dem auch die aus Oxford bekannten und erfolgreichen Krimi-Formate schwimmen. Für Fans gibt es mehr als eine Stunde Zusatzmaterial, bestehend aus einem Interview mit Ben Miller und Blicken hinter die Kulissen.
Die erste Staffel des englischen „Professor T“ Ablegers ist überaus gefällig und weitgehend charmant. Ben Miller passt gut in die Rolle, das Ambiente ist stilvoll und unterhaltsam. Ich habe allerdings auch schon interessantere und originellere Krimi-Serien gesehen.
Serien-Wertung: (6 / 10)
Professor T – Staffel 1
OT: Professor T – Season 1,UK, 2020,
Genre: TV-Serie, Krimi
Länge: ca 277 Minuten ( 6x 45 + 66 Min)
Serienidee: Paul Piedfort
Regie: Dries Vos
Darsteller:innen: Ben Miller, Juliet Aubrey, Frances de La Tour, Emma Naomi,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion,
Digital- & DVD-VÖ: 05.11.2021