Es ist schon überbordend, was das isreaelische Musikerkollektiv „Acid Moon and the Pregnant Sun“ auf dem Debütalbum „Speaking oft he Devil“ auf die Hörerschaft loslässt. Stilistisch wird ziemliches Hippyzeug geboten, das bei allem Retrocharme auch gut in unsere Zeit passt…und dann ist da dieses Gefühl den Titelsong schon immer gekannt zu haben. Justamente während ich die Review schreibe, habe ich recherchiert, dass der VÖ bei Tonzonen Records sich vom 15. auf den 29. Oktober 2021 verschiebt. Anyway: Der Text geht nun in den Äther.
Was soll der Mond der Sonne auch anderes sagen als „Ich liebe Dich“? Vor allem, wenn die Angebetete auch noch schwanger geht. Konsequenterweise startet „Speaking of the Devil“ also mit „I Love You“ einem geraden, schnörkellosen Song, der die Richtung setzt in die glorreichen Sechziger, in denen die Gegenkultur der Blumenkinder auch ihre Hochphase hatte.
Happenings wie Woodstock und Bands wie The Grateful Dead kommen einem in den Sinn. Schlagworte wie Ken Keasey, Kool Aid Acid Test und verspielte experimentelle Rockmusik, ausufernde Jams und Improvisationen, aber eben auch die Rolling Stones in Altamont; von wegen der Sympathie für den Geörnten. Irgendwo in dieser keineswegs verwelkten Blumenwiese finden auch „Acid Mood and The Pregnant Sun“ ihren Platz an der Sonne und blühen über sieben Songs und 42 Minuten zu musikalischer Größe auf.
Nach dem eingängigen Opener geht es verschnörkelter, mäandernder mit dem Titelsong „Speaking oft he Devil“ weiter, bei dem mich zu Beginn des ruhigen Parts immer die Ahnung beschleicht, hier würde ne Coverversion geboten. Aber ich komme nicht drauf. Sehr catchy ist die knarzige Gesangsmelodie. „Creatures oft he Abyss“ zollt dann „Golden Brown“ von den Stranglers Tribut und in „Wide“ ist der Titel Programm, über weite Strecken instrumental und mit starkem Riffing geht es ein bisschen flotter zur Sache.
„Bright Sky at Night“ ist dann so eine Art akustischer Country Blues. „Save Me“ klingt nach frühen Stones, so die verspielte, späte Brian Jones Phase, und zeigt auf, dass das gesanglich zwischen Jagger und Dylan durchaus eine Nähe vorhanden ist. „Sparrow“ lasst das kurzweilige und abwechslungsreiche Album dann angenehm ruhig auströpfeln und die Hörerschaft kann eigentlich gleich noch einmal von vorne beginnen.
Es wäre leicht, „Acid Moon and the Pregnant Sun“ mit dem Begriff Retro abzukanzeln, aber das würde weder der Klasse der israelischen Musiker gerecht noch dem sehr lebendigen Vibe, den das Album in seiner Gesamtheit ausstrahlt. Die acht Musiker, die sich hier um das Paar Eden Leibermann und Aviran Haviv zusammengefunden haben, bezeichnen sich selbst spaßeshalber als israelische „Supergroup“.
Nu je, in Sachen Rock hat Israel nicht sonderlich viele Marken hinterlassen, gelegentlich taucht mal eine Punkband aus dem Underground auf. Asaf Avidan hat mit den Mojos ordentlich bluesig losgerockt, bevor er ruhigere Töne bevorzugte und mit dem Wankelmut-Remix „One Day“ zu Hitparaden-Ehren kam (einer Version des „Reckoning Song“ vom ersten Album).
Tatsächlich muss in Sachen Musik niemand mehr das Rad neu erfinden, um zu begeistern. Die Sechziger waren und bleiben eine prägende Phase der Pop- und Rockgeschichte und die Musik und die Sounds sind insofern zeitlos, als dass sie über die Jahrzehnte immer lebendig gehalten wurden, eben weil jemand sich an dieses breit gefächerte musikalische Erbe erinnert hat und sich darin auch neu erfunden hat; seien es die japaner „Ghost“ in den später 1980ern sei es das schwedische Ein-Mann-Projekt „Dungen“ oder eben „Acid Moon and the Pregnant Sun“.
„Speaking of theDevil“ ist ein großartiges Album voller Ohrwürmer und mit vielen Referenzen aus der Blütezeit der Flower Power. Dabei kommt das 42 minütige Album in sehr modernem Sound daher und besticht mit musikalischer Finesse und starkem Songwriting. Wer mit dieser Art von Musik etwas anfangen kann, sollte dringen ein Ohr riskieren.
Album-Wertung: (9 / 10)
Acid Moon And The Pregnant Sun: Speaking of the Devil
Genre: Psychedelic Rock, Retro Rock,
Künstler: Acid Moon And The Pregnant Sun
Länge: 42 Minuten, ISR, 2021
Vertrieb: Tonzonen Records/ Soulfood
Album-VÖ: 29.10.2021
AM & PS bei Bandcamp
AM & PS bei Tonzonen Records
AM & PS bei facebook