Wolverine: Schwarz, Weiß & Blut – Taten statt Worte

Für Freunde des Vielfraßes kommt aus dem Haus Marvel eine ganz besonderer Kurzgeschichten-Sammlung: „Wolverine – Schwarz, Weiß & Blut“ setzt auf reduziertes Artwork und die eher grobschlächtige Seite des beliebten X-Men Wolverine. Die Abenteuer sind nicht gerade für ein junges Publikum ausgelegt und die Serie kommt nicht nur mit namhaften Kreativen sondern auch mit einer überformatigen Hardcover-Ausgabe daher.

Es gibt Kurzgeschichtensammlungen, die machen Laune, sind stimmig und wissen einem Thema oder einem Charakter neue oder interessante Aspekte zu entlocken. Was jüngst bei Marvel beziehungsweise Panini Comics in Sachen Shang-Chi auf den Markt kam zählte nicht unbedingt dazu. Ging es doch vor allen darum, den Martial Arts Helden aus der zweiten Reihe etwas bekannter zu machen.

Nun Logan alias Wolverine braucht keine Vorstellung mehr. Der X-Man ist seit Jahren einer der beliebtesten Marvel-Helden und hat nach drei eigene Leinwand-Abenteuern nur noch an Charme dazugewonnen. Immer wieder gibt es neues Wolverine-Futter aus diversen (auch parallelen) Universen oder Zeitebenen und nicht selten sind wahrlich kultige Comic-Perlen darunter.

„Wolverine: Schwarz, Weiß & Blut“ wurde als Miniserie von Kurzgeschichten konzipiert und kam in den USA gerade erst im Frühjahr auf den Markt. In vier US-Ausgaben wurden pro Ausgabe jeweils drei Short Stories aus der Wolverine-Mythologie erzählt und in stilvollem Schwarz-Weiß illustriert und mit knalligem Rot aufgepeppt.
An Autoren und Künstlern sind viele beliebte Marvel-Recken am Start und tragen ihren Teil dazu bei, hier eine actionlastige Sause zu veranstalten. Allein es gelingt nicht immer. Auch weil häufig genug der größere Zusammenhang fehlt und die Konfrontationen, die den Spaß ausmachen so auf ihren physischen Kern reduziert werden obwohl Konflikte auch immer eine psychologische Komponente haben, die zur Spannung beiträgt.

Mörder Balladen mit roten Krallen

Die zwölf Kurzgeschichten mit Wolverine haben keinen größeren Zusammenhang und sind lose in der Zeitachse des Comic-Charakters angesiedelt. Es geht ziemlich atmosphärisch mit Kampfexperimenten los, geht mit einer seltsamen Kneipenbegegnung weiter und steuert auf ein wenig überzeugendes Treffen mit Logans Erzfeind hinaus. Später geht es in Batmanartige clownesque Gefilde und in die asiatische Verbrechermetropole Madripoor, eine Samurai-Eskapade weiß in reduzierter Farbgebung zu gefallen.

Chris Bachalos Artwork in der nächsten Runde wäre in bunt sicherlich wirksamer gewesen und die computergezeichnete Marsoberfläche hat ihre eigene Ästhetik. Kelly Thompson inszeniert dann eine überzeugende wütende Trauerphase bevor Piraten und Meeresungeheuer Logans Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Abschließend geht es in das Wilde Land und auch hier lässt sich der Eindruck nicht verbergen, mehr Farbe hätte nicht geschadet.

Nun, so wie die actionlastige Ausrichtung der Kurzgeschichten sicher Geschmackssache ist, ist es auch das reduzierte Artwork. Es scheint als wolle Marvel das nun auch einigen anderen Charakteren angedeihen lassen, so ist eine Carnage Ausgabe bei Panini angekündigt, die sich er nach ähnlicher Machart aufgebaut ist. Das Konzept richtet sich an Leser:innen, denen normale Wolverine-Geschichten noch nie handgreiflich genug waren. Allein, Action und Gewalt sind kein Selbstzweck.

Am Ende sind es die Stories, die von höchst unterschiedlichem Unterhaltungswert sind. Nu je, was sich auf den paar Comic-Seiten an Geschichte entfalten lässt, ist begrenzt, daher bietet die Erzählung jeweils wenig mehr als den Rahmen für die Action. Und die ist stilvoll und in ästhetisierter „Graphic Novel“-Manier in schwarz-Weiß gehalten, wird aber jeweils noch durch blutrote Farbsprengsel. Wem es in Logans Abenteuern nicht ruppig genug zugeht, der kommt mit „Wolverine: Schwarz, Weiß & Blut“ auf seine Kosten. Ebenso solche Leser, die sich für die Wolverine-Interpretation mehrerer Autoren und Zeichner interessieren. Einsteiger und Leser:innen, die eher auf starke komplexe Geschichten stehen, sollten hier eher nicht zugreifen. Was für Fans. Mir ist das zu viel Attitüde.

Comic-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Wolverine: Schwarz, Weiß & Blut
OT: Wolverine: Black, White and Blood (2020) 1-4, Marvel Comics
Genre: Comic, Superhelden,
Autoren: Chris Claremont, Gerry Duggan, John Ridley, Kelly Thompson, Matthew Rosenberg
Zeichner: Adam Kubert, Chris Bachalo, Declan Shalvey, Joshua Cassara, Paulo Siqueira
Übersetzung: Alexander Rösch
ISBN: 9783741623653
Verlag: Panini Comics, 140 Seiten, Hardcover
VÖ: 24.08.2021

Wolverine: Schwarz, Weiß & Blut bei Panini Comics