Bei dem Österreichischen Indie-Label EMG erscheint dieser Tage das neue – und eigentlich auch das Debüt – Album der Österreicher Twangmen. Geboten wird Instrumentalrock mit Hang zum Verspielten, Progressiven, Psychedelischen. Digital ist das Album bereits seit Dezember 2020 erhältlich. Soviel vorab: Sofern Hörer:innen auf klassischen Progrock stehen, sind die Twangmen definitv eine Bereicherung.
Bei Twang fällt mir als erstes immer ein Comic-Strip ein. Den könnte ich an dieser Stelle sicher aus dem Tiefen des Internets zaubern, aber bevor Copyright-Stress und Tantiemen anfallen, begnüge ich mich mit der Nacherzählung, selbst wenn die Pointe abflacht. Hägar der Schreckliche, seines Zeichens Wikinger-Chef aus der Feder des amerikanischen Cartoonisten Dik Brown, führt berennt mit seiner Horde eine Burg um sie zu plündern. Als die Angreifer mitten auf der Zugbrücke angekommen sind, stoppt Sven Glückspilz den Angriff und fragt Hägar verwundert: „Hast du eben Twäng gesagt?“
Soviel dazu. Im Rockbereich verbindet sich mit dem Begriff Twang zumeist eine bestimmte Soundeigenschaft von Gitarren, die obertonreich und klar durchschwingen. Bei mir ist das typischerweise mit Surf- und Garagenrock verwachsen. Mitbeiden Genres haben die Twangmen etwas am Hut. Ebensowenig mit dem Twang-Begriff aus der Gesangstechnik, denn das Quintett aus Vorarlberg spielt instrumentale Musik. Variantenreichen progressiven Rock nach klassischem Vorbild.
Der Sound setzt sich zusammen aus einem verspielten aber rockigen Gerüst, das Schlagzeug, Bass und Gitarre bieten und wird ergänzt von Keyboards und Cello, die weit mehr bieten als nur Soundtüpfelchen. Das kommt nicht immer zum Tragen, aber wenn, dann rollt sich ein beachtlicher Klangteppich aus. Die Band aus alten Schulfreunden startete zunächst als klassisches Rock-Trio und war bereits bei den Aufnahmen, als Keys und Cello dazukamen. Wahrscheinlich verweist auch der Albumtitel auf die neuen Bandsituation, drei Soundsäulen, die von zwei Wasserfällen umspielt werden. Zukünftig kann sich da also noch einiges am Gesamtsound tun, wenn die beiden „Neuen“ besser in neue Songs integriert werden.
Eigentlich ist es unnütz zu erwähnen, dass die Band die Musik nicht als Broterwerb betreibt, weil in diesen Corona-Pandemie-Zeiten kaum ein Profimukker von seiner Kunst leben kann. Die Freunde musizieren seit langem. sind wirklich gut eingespielt und harmonieren vorzüglich. Allerdings ist in Sachen Vertrieb bestimmt noch viel Luft nach oben. Sicher, Künstler kommen digital dank Bandcamp ganz wunderbar klar, aber für physische Tonträger sollte der Vertrieb schon ein bisschen ambitioniert sein. Für das österreichische Indie-Label EMG scheint das nur bedingt zu gelten. Deren Internet-Auftritt ist noch auf dem Stand von 2017, von „Twangmen“ weit und breit keine Erwähnung. Kein Shop, keine Infos, kein garnix. Da haste als Journalist und Musikfan definitiv nochmal richtig Bock dich mit nem Release zu beschäftigen. Aber da kann die Band ja nix dazu. Immerhin übernimmt Noisolution die PR, die haben immerhin Standing in der Szene, Plan und Geschmack.
Auf dem Album „Triskele and Cascades“ sind neun Songs zu hören, alle instrumental und keiner kürzer als sechs Minuten, nur zwei um die zehn Minuten. Wer sich in der Musikgeschichte umgehört hat, weiß, dass hier keine eingängigen Singalongs oder radio-editierte Pophymnen zu finden sind. Stattdessen breiten Twangmen rockige Klangteppiche aus, die mit Breaks, Tempowechseln und Klangfarben spielen. Der klassiche Rockansatz steht dabei im Vordergrund. Bei der Recherche stieß ich des öfteren auf den Pink Floyd Verweis, den ich nur bedingt nachvollziehen kann. Sicher, britischer Progressive Rock der der beginnenden Seventies steht hier Pate, aber da gibt es ja nun etliche weitere Bezugsgrößen.
„Tristele and Cascades“ ist sehr ausgewogen ausgefallen, kein Song fällt aus dem Rahmen, es sticht keiner heraus. Aufgrund der unterschiedlichen Songparts ist da immer viel Dynamik im Spiel. Die Musiker loten ihren Sound aus und haben Spaß. Dabei geht es deutlich weniger rockig zu als bei Motorpsycho, die Keys erinnern bisweilen ein bisschen an Deep Purple bisweilen an ELP, dann lugt ein bisschen Chris Rea hinter der Ecke hervor. Starkes Album mit einen soliden klassischen Retro-Rock Einschlag. Eher so für erwachsenere Zuhörer. Ich mag das.
Album-Wertung: (7 / 10)
Twangman: Tristele and Cascades
Genre: Progressive Rock
Länge: 69 Minuten
Format: Vinyl, Digital
Label: EMG
Digital-VÖ: 01.12.2020
Vinyl-VÖ: 12.03.2021
Twangman on Bandcamp
Twangman bei facebook
Twangmen sind: Daniel Seeger – bass, Fabian Jäger –cello, Flow Frick – drums, Gunnar Giesinger keyboards, Martin Mayer – guitar
Track List (Total Time 69:15)
- Bluetopia (8:03)
- Autowahn (6:14)
- Indian Summer (8:05)
- Escape from Island (10:35)
- Behind Darkness (7:05)
- Twanglove (6:56)
- Gimme Shelter (6:57)
- Wild Animal Ride (6:15)
- Bridgeland (9:05)