Bei Schrödingers Kätze wissen Betrachter auch nicht, ob die Mieze noch in der Kiste sitzt, sofern sie – die Zuschauer – nicht nachschauen. Ebenso verhält es sich mit dem absurden, skurrilen Humor in Quentin Dupieux schwarzer Komödie „Monsieur Killerstyle“. Ist die geliebte Jacke noch da, wenn man sie nicht filmt? Oder treffender: Wenn man nicht mit ihr spricht? Eigentlich sollte „Monsieur Killerstyle im April unsere Kino-Leinwände unsicher machen. Daraus ist pandemie-bedingt nichts geworden. Nun veröffentlicht Koch Film „Monsieur Killerstyle“ auf DVD und Blu-ray als Home-Entertainment Premiere.
Absurder Humor ist eine schwer beschreibbare Angelegenheit: Beginnt man als Beschreibender, schlicht die Fakten herzubeten, so zeigt sich der Witz ebenso wenig, wie bei der stimmungsvollen Nacherzählung. Humor ist und bleibt, wenn man trotzdem lacht. So wie mit dem Originaltitel von „Monsieur Killerstyle“: Der berüchtigte französische Autorenfilmer Quentin Dupieux hat sein jüngstes Werk schlicht „Le Daim“, das Reh, genannt. Selbiges taucht nur kurz in einer Traumsequenz, beziehungsweise als subversiv hineingeschnittener Fremdkörper in der Handlung auf.
Handlung gibt es ebenso wenig wie es einst bei „Kottan ermittelt“ auch keinen Inspektor gab. Immerhin, es geht um Kleidung, um die richtige, und zwar die einig richtige Jacke. Für Georges (Jean Dujardin) kann die nur in fransigem Wildleder bestehen. Im Verlauf des Films kleidet sich Georges in immer weitere Schneiderstücke aus Wildleder. Quasi als Fellersatz, insofern ist das Reh für die brünftige Wiedergeburt des Wilden ebenso Beute wie Selbstzweck wie Sehnsuchtsobjekt. Aber da sind wir schon wieder mitten hineingeraten ins Philosophieren über absurden Humor. Eventuell ist es eine deutsche Neigung, den Dingen auf den Grund zu spüren, Kausale Verknüpfungen, Ketten und Herleitungen aufzufahren, statt einfach hinzusehen?
Hinsehen muss und will auch Denise (Adèle Haenel) die in einer Dorfkneipe an der Theke arbeitet, davon träumt Film-Cutterin zu werden. In dem Fremden mit der Fransenjacke, dem Killerstyle, erkennt sie einen Filmemacher und wittert eine Chance. Nicht wissend, dass Georges die Digitalkamera beim Kauf der komplett überteuerten Jacke als Dreingabe bekommen hat.
Nun erfindet sich der Kerl, von dem die Zuschauer wenig mehr wissen, als dass er einen Knall zu haben scheint, sich als Filmemacher neu. Mit neuer Jacke zu neuem Selbstvertrauen und neuem Bewusstsein – und zu einer neuen Aufgabe: Der heiligen Pflicht, die Menschheit, oder zunächst die Landbevölkerung, von ihren schäbig normalen Jacken zu befreien; notfalls mit Gewalt. Diesen Kreuzzug auf Film zu bannen, gibt auch der angehenden Cutterin eine Aufgabe und wie seinerzeit in „Mann beißt Hund“ die akzeptierende Mitwisserschaft.
Man fragt sich kaum wie weit Quentin Dupieux („Rubber“) dieses surreale Spiel, das aus sich selbst heraus Dasein und Zweck verströmt, noch treiben will, da ist das absurde Schaulaufen, das nur mit dem nötigen sittlichen Ernst der Darstellung überhaupt wirkt, der beiden großen französischen Schauspieler auch schon vorbei. Mit einem Knall. Wie sonst?
In „Monsieur Killerstyle“ macht der französische Filmmacher Quentin Dupieux, was er immer tut. Er entwirft abstruse Szenarien mit mehr oder weniger Handlung, aber mit minimalistisch gehaltenem surrealen, absurden Humor. Dieses Mal schickt er zur großen Freude der Zuschauer:innen, zwei so unterschiedliche wie herausragende französische Schauspieler durchs Bild. Wer fragt da noch nach dem Sinn?
Film-Wertung: (7 / 10)
Monsieur Killerstyle
OT: „Le Daim“ aka “Deerskin”
Genre: Komödie, Horror
Länge: 77 Minuten, F, 2019
Regie: Quentin Dupieux
Darsteller: Jean Dujardin, Adèle Haenel
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Koch Film
Kinostart: geplant war 30.04.2020
DVD- & BD-VÖ: 24.09.2020