Das perfekte Geheimnis: Zeig mir deins, ich zeig dir meins

Wer nach einer lustigen Abendunterhaltung sucht, lädt gerne mal Freunde zum Essen ein. Doch was, wenn ein vermeintlich harmloses Spiel ein wenig aus dem Ruder läuft und in den Beziehungen und Freundschaften von besten Kindheitskumpels einige Überraschungen und Probleme zu Tage treten? Mit einer deutschen Starbesetzung, die die Steilvorlage zu nutzen weiß, inszeniert „Fack ju Göhte“-Regisser Bora Dragtekin einen unterhaltsamen Schlagabtausch. „Das perfekte Geheimnis“ war in Deutschland einer der erfolgreichsten Kinofilme 2019 nun veröffentlicht Constantin Film die krasse Komödie für das Home-Entertainment.

Die vier Freunde Leo (Elias M’Barek), Pepe (Florian David Fitz), Simon (Frederick Lau) und Rocco (Wotan Wilke Möhring), kennen sich schon seit dem Sandkasten. Inzwischen sind die Kumpel erwachsen und bei aller Verschiedenheit der Lebensentwürfe haben die Vier den Kontakt nicht verloren. Leo ist mit Karrierefrau Carlotta (Karoline Herfuth) verheiratet und ist als moderner Vater gerade in Elternzeit. Simon hat wechselnde Beziehungen und ist momentan Taxifahrer, dafür scheint es mit der deutlich jüngeren Freundin Bianca (Jella Haase) ganz gut zu laufen. Gymnasial-lehrer Pepe hat gerade eine neue Freundin am Start, die aber an diesem Abend nicht mitkommt.

Rocco ist an diesem Abend Gastgeber und fröhnt ausgiebig seinem neuen Hobby: Kochen. Dabei hat der Schönheitchirurg es in seiner Familie gerade nicht einfach. Gattin Eva (Jessica Scharz) hat gerade massive Probleme mit ihrer pubertierenden Tochter und fühlt sich als Erziehungsberechtigte von Rocco imStich gelassen. Auch sonst kriselt es zwischen der Psychologin und dem Chirurgen.

Während die Kerle, so wie Männer eben sind, wie selbstverständlich denken, alles über ihre Kumpel zu wissen, ist sich Psychologin Eva da nicht so sicher. Heutzutage wäre man ja total abhängig von seinen Smartphones, da hätte bestimmt jeder so seine Geheimnisse gespeichert. Roccos erste Reaktion auf die steile These seiner Frau, hier ist mein Telefon guck doch rein. Und während der Rest der Runde noch überlegt, wie man es denn so hält mit den Handys, schlägt Eva ein Spiel vor: Für die Dauer des Essens werden alle Telefone auf den Tisch gelegt und alles wird geteilt. Nachrichten werden vorgelesen, Messages gezeigt und Anrufe auf Lautsprecher gestellt.

Mit etwas Gruppenzwang sind dann alle dabei, schließlich kennt man sich ewig. Doch schnell steigt die Spannung und was harmlos beginnt, führt schnell zu Beziehungsstress, Übersprungshandlungen und Verwirrungen. Unausgesprochenes kommt ans Licht und nicht jeder hat gute Strategien zur Beruhigung an der Hand.

„Das perfekte Geheimnis“ ist keineswegs ein perfekter Film, aber einer, der es den Zuschauern leicht macht, sich in die Situation zu versetzen und sich zu fragen wie man selbst reagieren würde. Im Prinzip ist das Spiel mit den Telefonen nichts weiter als eine erwachsene Variante solcher Teenie-Spiele wie „Wahrheit oder Pflicht“ oder „Flaschendrehen“. Doch was dem Teenie zu Selbsterkenntnis, Charakterbildung oder dem Ausloten von Möglichkeiten dient, ist den Erwachsenen ein Offenbarungseid, dem jegliches spielerische Element abhandengekommen ist. Geheimnisse sind nicht selten existenzbedrohend oder doch zumindest ein gehöriges Rütteln am so bequemen, oberflächlichen Status Quo. Und so nimmt der Abend einen Lauf, den er mit „Activity“ oder „Trivial Persuit“ wohl nicht genommen hätte.

„Das perfekte Geheimnis“ ist ein komödiantischer Ritt auf der dramatischen Rasierklinge. Im Grunde braucht es für diesen Ensemble-Film nur einen Grundimpuls, um die Dinge ins Rollen zu bringen. Selbst mäßige Script-Ideen werden von den lustvoll aufspielenden deutschen Stars mit Inbrunst auseinandergepflückt und wieder zusammengesetzt. Ohne dabei ständig mit dem erhobenen Zeigefinger oder deutschem Bierernst zu wedeln. Dann und wann bleibt auch wieder ein One-Liner im Ohr kleben. Das ist nicht nur perfekt gecastet, es ist schlicht und genial auch einfach eine Freude zuzuschauen. Reicht eigentlich, oder?

Bora Dragtekins Film ist ein typischer Ensemblefilm und erinnert in seiner Zickigkeit an Polanskis „Gott des Gemetzels“ (2011) oder an Matti Geschonecks „Liebesjahre“ (2011) und eben an die vermeintliche italienische Filmvorlage „Perfetti Sconosciuti“ (2016) von Paolo Genovese, dessen Ausgangsituation wohl die (nicht erwähnte) Inspiration für „das perfekte Geheimnis“ ist. Mit dem Handyspiel unter Freunden verhält es sich scheinbar wie mit den Wasserspielen frustrierter Männer, jedes Filmland dreht munter eine eigene Version davon, die Kinos im jeweiligen Land sind zumeist voll und die Kritiker müssen zwanghaft erzählen, dass es die Idee bei den Nachbarn schon gab (somit geschehen, Pflicht erfüllt.) Letztlich ist der Verweis aber eher akademisch.

„Das perfekte Geheimnis“ zeigt einen ganzen Haufen mehr oder minder gut gehüteter, mehr oder minder peinlicher, mehr oder minder folgenreicher individueller Verhaltensweisen und Wünsche, mit denen die Betroffenen nicht gerade hausieren gehen. Vieles ist ganz dynamisch umgesetzt, einiges etwas naheliegend, anderes erfüllt eher den thematischen Quotentatbestand. Und eben darin bildet das komödiantische Drama auch eine zutiefst deutsche Befindlichkeit ab. Da unterschiedet sich „Das perfekte Geheimnis“ nicht von den Nachfolgeteile von „Fack ju Göhte“.

Aus der Spielidee, dass alle bei den Handy-aktivitäten Mäuschen spielen dürfen, hätte man sicher mehr rausholen können als diese leidlich erwartbaren Konflikte und heimlichen Aktivitäten. Doch die hinreißend aufgelegte Schauspielerriege reißt es wieder raus. Es macht einfach Spaß dem Stars bei dieser Abendgesellschaft zuzusehen.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Das perfekte Geheimnis
Genre: Drama, Komödie
Länge: 120 Minuten, D, 2019
Regie: Bora Dragtekin
Darsteller: Elias M’Barek, Florian David Fitz, Jella Haase, Karoline Herfurth, Jessica Schwarz, Frederick Lau, Wotan Wilke Möhring,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Constantin Film
Kinostart:
DVD- & BD-VÖ: 27.03.2020