Es geht wild zu in Marvels neuer Team-up Serie „Savage Avengers“. Im Auftakt der Serie treffen sich einige finstere Anti-Helden mit dem Barbaren Conan, der jüngst in den Schoß von Marvel Comics zurückgekehrt ist. Und weil drei absolute Kreativ-Könner mit dem Titel betraut sind, kommt man als Fan kaum an der wilden Variante der Avengers vorbei, auch wenn diese im Grunde wenig mit dem erfolgreichen Film-Team zu tun haben. Den Planeten müssen Wolverine, Punisher, Conan, Venom, Doctor Voodoo und Elektra trotzdem retten.
Die Story im Auftakt von Marvels neuer Fantasy-Serie ist schnell zusammengefasst und als Neuling und Neuleser kommt man schnell in das Fantasy-Setting hinein. Vielleicht wären zur Verortung aber ein paar Anmerkungen angebracht. Es gibt bei Marvel Comics schon seit Ewigkeiten einen Hang zur klassischen Fantasy. Daher erschuf man bereits in den 1940ern ein verstecktes, tropisches Land in den eisigen Weiten der Antarktis. Immer mal wieder wird dieses von Dinosauriern und Riesenkreaturen bevölkerte Land zum Schauplatz von Geschichten.
Auch während des „Age of Ultron“-Comic-Events spielte sich ein Teil der Handlung im Wilden Land ab. Zu erkennen sind Marvel Stories, die im „Wilden Land“ spielen oft genug am Titelzusatz „Savage“ und oft genug verschlägt es gerade die unkontrollierbareren und animalischeren unter den Superhelden in die Wildnis. Wolverine beispielsweise. Nun hat Marvel vor einiger Zeit die Rechte an Robert e. Howards Barbaren Conan zurückgekauft (Siehe auch Savage Sword of Conan 1) und freut sich so, über diese Rückkehr, dass man den Cimmerianer auch durch Zeit und Raum schickt – nämlich dorthin, wo seine modernen Kollegen sind.
Diese „Team ups“ sind nichts Neues und seit Jahrzehnten setzt man damit immer wieder kleine, außergewöhnliche Comic-Perlen im Verlagsprogramm. Leser bekommen so selbstredend auch Helden präsentiert, die sie sonst nicht beachten würden und die Kreativen dürfen sich zumeist ordentlich austoben und wüstes Genre- und Story-Crossover betreiben. Beizeiten macht das unglaublichen Spaß und bekommt später sogar Kultcharakter. „Savage Avenger“ hat durchaus Potential.
Aber jetzt endlich hinein in die Story. Conan findet sich nach einem magischen Zwischenfall im Marvel Universum wieder und in der fremden Umgebung des Wilden Landes versucht der Barbar wieder nach Hause zu gelangen. Dabei trifft er auf Wolverine, der einer Spur nachgeht und den Verdacht hat, die clandestine Verbrecherorganisation der Hand, würde ein großes Ding aushecken. Das Kennenlernen der beiden Krieger fällt nicht gerade sanftmütig aus, aber die beiden sind in derselben Sache unterwegs. Denn die Hand hat sich mit einem bösen Magier aus Conans Welt zusammengetan, um eine uralte Gottheit zu beschwören, die die Erde unterwerfen soll.
Für die Beschwörung braucht es ein riesiges und mächtiges Blutopfer und so locken die Bösewichte einige der stärksten Krieger im Marvel-Universum ins Wilde Land. Neben Conan und Wolverine tauchen auch Elektra und Frank Castle alias der Punisher in der tropischen Arktis auf. Zudem braucht es magische Unterstützung für die Dr. Voodoo sorgt und es zieht den außerirdischen Symbionten Venom in die Arktis, aber das sollten Interessierte selbst lesen.
Im Prinzip ist die Serie „Savage Avengers“ ein wenig die Marvel Antwort auf DCs „Justice League Dark“. Es geht magisch und düster zu, etwas „erwachsener“ als sonst und Helden, die man sonst nicht so im Blick hat, treten in den Fokus. Der Storybogen, den Autor Garry Duggan (langjähriger und gefeierter Deadpool-Autor) hier auswirft ist ebenso überbordend wie episch. Duggan ist bekannt für durchgeknallte Stories, die immer wieder für Überraschungsmomente gut sind. Sollte einen also nicht verwundern, falls Deadpool mit seinen Schwertern noch mal vorbeischaut. Dieser Auftaktband der „Savage Avengers“ scheint mit etwas Verzögerung auf den deutschen Markt gekommen zu sein. Immerhin ist das fünfte US-Heft erst im November erschienen. Und soviel sei verraten, die Geschichte ist noch lange nicht abgeschlossen.
Die Story kann also überzeugen. Das Artwork aber hinreißend düster und schlichtweg meisterlich. Mike Deodato Jr. (Thanos Megaband) ist nicht umsonst zurzeit einer der beliebtesten Comic-Zeichner. Dynamische Figuren, tolle, markige Charakteristika und sehr offene Seitengestaltungen und wahnwitzige Action-Sequenzen rocken das Wilde Land ziemlich. Zum Glück gehört auch Kolorist Frank Martin zu den meistern seines Faches und zu meinen absoluten Lieblingen. Im Savage Avengers Auftakt ist die Farbgebung zwar nicht so furios apokalyptisch wie in „East of West“, aber das wilde Land erstrahlt ebenso gleißend wie düster und gefährlich.
Für ein abschließendes Urteil über Marvels neue Truppe, ist es noch zu früh. Die Story hat zwar einen Wendepunkt erreicht, ist aber längst noch nicht beendet. Das Team funktioniert, hat sein volles Potential aber noch nicht ausgeschöpft, sondern konzentriert sich bisher auf die „populäreren“ Helden Wolverine, Punisher und Conan. Die Spannung bleibt, Vorfreude und Erwartungshaltung sind ordentlich angeheizt und das Artwork ist großartig und alleine die Anschaffung Wert.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Savage Avengers1 : Die Stadt der Sicheln
OT: Savage Avengers Free Comic Book Day (FCBD 19), Savage Avengers 1-5, Marvel Comics, 2019
Genre: Comic, Superhelden, Fantasy
Autor: Gerry Duggan
Zeichner: Mike Deodato Jr.
Farben: Frank Martin
Übersetzung: Michael Strittmatter
Verlag: Panini Comics, Softcover, 140 Seiten
VÖ: 17.12.2019