Zeichner Neal Adams ist einer der ganz großen amerikanischen Comic-Zeichner. In den 1960er und 70ern revolutionierte er das Medium mit seinen dynamischen und anatomisch realistischen Zeichnungen und sorgte für etliche Highlights der Superhelden-Comic-Geschichte. Auch den dunklen Ritter „Batman“ hat Adams entscheidend mitgeprägt. 2010 kam er als Zeichner und Autor für eine Serie wieder zu „Batman“ zurück. Das Ergebnis heißt Odyssee, lief über 13 US-Ausgaben und ist im November bei Panini Comics erstmals als deutschsprachige Komplettausgabe erschienen, angereichert mit ein bisschen Bonusmaterial. „Batman – Odyssee“ ist und bleibt ein eigenwilliges Abenteuer.
Bruce Wayne alias Batman sitzt in seiner Bathöhle und redet mit einem unbekannten Besucher. Bruce erzählt in Grunde über die folgenden 13 Ausgaben wie sich seine Abneigung gegen Schusswaffen entwickelte. Dafür holt der Dunkle Ritter weit aus und erzählt zunächst einen Schwank aus der Zeit, in der er noch nicht einmal wusste, dass er sich einmal Batman nennen sollte. Angeschossen von einem korrupten Polizisten kam Batman nicht in die Bedrängnis zurückzuschießen. Während er Robin diese Anekdote erzählt werden beide zu einem Einsatz gerufen. Der Riddler hat es scheinbar auf die Münzanstalt abgesehen und veranstaltet in Gothams Hafen ein Ablenkungsmanöver. Batman scheint in die Falle zu laufen.
Halt. Stop. Pause. Es würde nichts bringen hier die etlichen Wendungen und Schurken und Heldenkollegen aufzuzählen oder abzuarbeiten, die im Laufe von „Batman: Odyssee“ auftreten und ihren Teil zu der Geschichte von Neal Adams beitragen. Der Punkt ist vielmehr, dass die Story von einem Höhepunkt zum nächsten Wendepunkt aufbricht, atemlos und ohne sich lange um die Motivation der Charaktere zu kümmern. Ab der Hälfte taucht dann der Joker auf, dessen Umtriebe zunächst scheinbar gar nichts mit dem Vorangegangenen zu tun haben. Irgendwann landet Batman mit seinem afrikanischen Kollegen schließlich in der Unterwelt und trifft sogar auf Dinosaurier.
Selbst wenn man Odysseus sagenhafte Irrfahrt zu Grunde legt, die immerhin namensgebend für Neal Adams Ritt durch das DC Universum ist, fehlt den einzelnen Elementen die Verbindung. Odysseus immerhin wollte wieder nach Hause kommen und musste dabei eine Reihe von Abenteuern überstehen. Batman oder Bruce Wayne hingegen sitzt zum Auftakt beinahe jeden US-Heftes der Geschichte in seiner Höhle und plaudert aus dem Nähkästchen. Da könnte der erzählende Held doch in der Rückschau mehr Wert auf einen roten Faden legen.
Das Problem mit Batman Odyssee ist, dass Neal Adams zwar als Zeichner und Illustrator ein herausragender und maßgeblicher Künstler ist, aber als Autor definitiv seine Grenzen hat. Das zeigt sich an diversen Details wie den albernen Dialogen, dem actionhaften Hineinspringen mitten in eine Szene, ohne dem Leser zuvor die Möglichkeit zu geben, sich zu orientieren. Nicht umsonst haben sich die „Establishing Shots“ in Film und Comic durchgesetzt. Es bringt mehr Fluss und Dynamik, wenn die Zielgruppe sich nicht lange damit aufhalten muss, erstmal zu checken, wo man gerade ist.
Zudem scheint der Autor Adams nach dem Motto zu verfahren „Viel hilft viel“ und packt alles in die Story rein, was ihm so einfallt, ohne das Auftauchen der einzelnen Elemente und Figuren plausibel zu begründen oder dramaturgisch sinnvoll und effektiv einzusetzen. Soweit also zu den großen Schwächen in „Batman: Odyssee“ die Christian Endres im Vorwort freundlich als „augenzwinkernde Hommage oder ironische Dekonstruktion“ tituliert.
Was dann andererseits wieder ganz erheblich zur Freude des Comic-Fans beiträgt sind die zum Teil großartigen Zeichnungen und wahnwitzigen Action-Sequenzen. Hier zeigt sich Adams ganzes brillantes Können. Es gibt auch heutzutage kaum Künstler, die eine derartige Dynamik kreieren können. Zusammen mit einer sehr atmosphärischen und variantenreichen Kolorierung ergeben sich auf den mehr als 350 Seiten etliche Chancen in Ehrfurcht zu erstarren, oder die großartigen Szenarien, Fights und Gesichtsausdrücke in aller Ausführlichkeit zu betrachten. Da muss jeder Leser dann seine eigenen Lieblingsszenen herausfinden.
Neals Adams „Batman: Odyssee“ ist im Grunde nur eingefleischten Fans zu empfehlen. Die Geschichte ergibt einfach kaum Sinn und stolpert quasi von einer Station der Irrfahrt zur nächsten. Das Artwork entschädigt für etliches und zeigt Neal Adams noch immer auf der Höhe seiner Kunst. Flache Dialoge und holprige Storyführung nötigen dem Fan dann doch Einiges an Geduld ab. Es gibt zu viele tolle Batman-Stories oder auch empfehlenswerte Megabände um „Odyssee“ in den Batman-Olymp zu heben.
Comic-Werutng: (5 / 10)
Batman Odyssee
OT: Batman – Odyssey 2010/11 1-6, 2011/12 1-7, DC Comics,
Genre: Comic, Superhelden,
Autor: Neal Adams
Zeichner: Neil Adams
Farben: Cory Adams, Continuity Studios
Übersetzung: Steve Hubs
Verlag: Panini Comics, 364 Seiten
VÖ: 05.11.2019